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Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Titel: Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Declan Hughes
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eindringlich, wie um noch einmal zu checken, dass ich auch wirklich ehrlich war, dann stapfte sie ein zweites Mal die Treppe hinauf.
    Von draußen hörte ich Stimmen, Lärm und das Quietschen von Bremsen. Ich ging zum vorderen Fenster und zog den Vorhang beiseite. In einiger Entfernung machte die Straße eine Kurve hin zu einem weiteren Platz, von wo der Krawall zu kommen schien. Gemma Courtney trat neben mich ans Fenster und zog den Vorhang wieder zu.
    »Regel Nummer eins in dieser Gegend: Nie den Vorhang aufziehen. Was man nicht sieht, kann einem auch nicht schaden«, sagte sie. »Das gilt vor allem, wenn es um Larry Knight geht.«
    »Sind das Larry Knights Häuser, die Nummern 52 und 53?«, fragte ich. »Links H, rechts Koks?«
    »Sie sind wohl an einem Kontrollpunkt vorbeigekommen, was?«, gab sie zurück.
    »Da war so ein Typ mit grauen Haaren und einem weißen Kapuzenshirt, der der Boss zu sein schien.«
    »Das ist Larry«, sagte Gemma. »Da muss heute Abend ja was Großes im Gange sein, wenn er uns höchstpersönlich beehrt.«
    »Wieso? Wohnt er nicht in Charnwood?«
    »Der denkt nicht mal dran, der hat ein Riesenhaus in Ranelagh und Kinder auf dem Internat. Früher hat er hier gewohnt, Nummer 52, aber Larry hat es weit gebracht im Leben. Jetzt hat er da ein paar Cousins von sich untergebracht, die sich ums Alltagsgeschäft kümmern, während er Golf spielt, zum Pferderennen geht und so. So ist das, wenn man sein Leben lang mit Drogen dealt. Aber keiner sagt einen Mucks gegen ihn. Wir sind alle gekauft und gut bezahlt. Oder haben eine Heidenangst, aber wo ist da der Unterschied? Jetzt kommen Sie, schauen Sie sich das Zeug an.«
    Ich ging mit ihr zurück zum Sofa, und sie zeigte mir eine große braune Papiertüte mit Stoffgriffen, die voller Fotos war.
    »Der Brief ist da irgendwo drin.«
    Sie hielt mir die Tüte hin. Ihre Hände zitterten. Ich nahm die Tüte und griff dann sanft, aber entschieden, nach ihrer einen Hand. Sie zog sie nicht weg. Das Handgelenk war rot und wund. Ich schob den Ärmel ihres pinkfarbenen Oberteils hoch. Der Unterarm war übersät mit Verkrustungen und Wunden, einige davon offen und blutig.
    »Fixen Sie immer noch?«, fragte ich.
    »Nein«, sagte sie.
    »Mir ist das letztlich egal«, sagte ich und versuchte, so zu klingen, als ob ich das ernst meinte.
    »Ich kratze sie nur immer wieder auf. Um was zu spüren. Ich lasse sie nicht heilen.«
    Sie sank schwer auf das Sofa und nahm die Fotos des kleinen Jungen auf den Schoß.
    »Ist er tot?«, fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Manchmal wünschte ich, er wäre tot«, sagte sie. »Aber das wäre falsch. Das wäre nur gut für mich, weil ich ihn dann vergessen könnte. Aber er lebt, irgendwo da draußen, und es geht ihm besser ohne mich.«
    »Glauben Sie das wirklich?«
    Sie zündete sich eine Zigarette an und presste den Rauch hervor, als hätte sie gerade einen Hundert-Meter-Sprint absolviert.
    »Ich war total unfähig. Die meiste Zeit war ich sowieso stoned. Irgendwann habe ich ihn auf die Straße laufen lassen. Man hat ihn gefunden und ins Heim gebracht. Wenn ich schnell aufgehört hätte, hätte ich ihn wiederbekommen. Aber ich wollte nicht aufhören. Und wissen Sie, was das Schlimmste ist? Ich wollte ihn gar nicht wiederhaben. Ich war so drauf, dass ich erst nur gedacht habe: Fein, jetzt hängt mir wenigstens der kleine Scheißer nicht mehr in den Füßen. Und als mir klar wurde, was ich getan hatte, war es schon zu spät. Also ja, ich glaube wirklich, dass es ihm ohne mich besser geht. Ich glaube, für solche Gedanken wird man aus dem Mütter-Club ausgeschlossen. Meinen Sie nicht?«
    »Ich glaube eher, da hat das Heroin für Sie gedacht.«
    »Woher wollen Sie das wissen? Vielleicht hätte ich das ja in jedem Fall gedacht. Man kann nicht alles auf den Stoff schieben.«
    »Haben Sie es von Larry Knight bekommen?«
    Sie zuckte die Achseln.
    »Wenn es nicht von ihm gekommen wäre, hätte ich es woandersher gekriegt.«
    »Das ist kein Naturgesetz. Wenn man nicht von vornherein Heroin bekommt, läuft man auch nicht durch die Gegend und sucht danach. Jeder weiß, wie gefährlich es ist, allen voran die Scheißkerle, die es verkaufen. Deshalb kriegt man es anfangs auch umsonst. Man raucht ein bisschen, arbeitet sich vor zum ersten Schuss, weil sich das so viel besser anfühlt. Und danach ist alles schlechter als der nächste Schuss. Ab da bezahlt man.«
    Sie nickte, betrachtete das Foto, auf dem ihr kleiner Sohn drei Jahre alt war, und

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