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Edelherb: Roman (German Edition)

Edelherb: Roman (German Edition)

Titel: Edelherb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabrielle Zevin
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ähnlich wärst. Dass du Kakao im Blut hättest. Mama und
abuela
und
bisabuela
vergöttern dich, genau wie ich.«
    Ich hielt inne und sah Luna an. »Ich glaube wirklich nicht, dass Theo mich besonders mag, Luna. Als wir uns kennenlernten, hat er von einem Mädchen erzählt, in das er verliebt ist. Außerdem hat er ausdrücklich festgestellt, wie hässlich er mich findet.«
    »Ach, Theo! Mein Bruder ist so bezaubernd ungeschickt.«
    »Also, ich hoffe wirklich, dass er mich nicht mag, Luna. Ich habe nämlich zu Hause einen Freund und …« Ich führte den Gedanken nicht weiter.
    Eine Weile schwieg Luna, doch als sie dann etwas sagte, war die Wut in ihrer Stimme deutlich vernehmbar: »Warum erzählst du nie von deinem Freund? Und warum ruft er dich nie an? Das kann ja kein besonders guter Freund sein, wenn er sich nie bei dir meldet.« (In Granja Mañana wurde immer wieder darüber gestaunt, dass ich keinen Tablet hatte.) Natürlich gab es einen guten Grund dafür, dass Win mich nie zu erreichen versuchte. Ich war auf der Flucht. Aber das konnte ich Luna wohl kaum sagen.
    »Ich glaube, du hast gar keinen Freund. Vielleicht sagst du das nur, um nett zu sein, aber du bist alles andere als nett. Vielleicht hältst du dich für etwas Besseres als uns!«, rief Luna. »Nur weil du aus New York kommst.«
    »Nein, damit hat das nichts zu tun.«
    Luna sah mich an. »Du musst aufhören, Theo anzumachen.«
    Ich versicherte ihr, dass ich das nicht getan hätte.
    »Aber du klebst jeden Tag an ihm wie eine Klette! Er ist noch ein Kind, deshalb bekommt er natürlich eine falsche Vorstellung.«
    »Ich will wirklich nur etwas über den Kakao lernen. Deshalb bin ich hergekommen!«
    Schweigend fuhren wir fort, die Bohnen zu wenden.
    Luna seufzte. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Aber er ist mein kleiner Bruder, deshalb nehme ich ihn in Schutz.«
    Ich konnte sie nur zu gut verstehen.
    »Erzähl ihm nicht, dass ich was zu dir gesagt habe«, meinte Luna. »Ich will nicht, dass er sich schämt. Mein Bruder hat sehr viel Stolz.«
    Als die Bohnen getrocknet waren, wurden sie in Jutesäcke gepackt, die Theo anschließend aus den Bergen hinunter in die Fabriken von Oaxaca fuhr. Er musste die Fahrt mehrmals machen. »Möchtest du mich vielleicht begleiten?«, fragte er vor seiner letzten Tour.
    Das wollte ich gerne, aber nach meinem Gespräch mit Luna war ich mir nicht sicher, ob das richtig war.
    »Komm, Anya! Das solltest du dir angucken. Möchtest du nicht sehen, wo die Bohnen schließlich landen?«
    Theo reichte mir seine Hand, um mir in den Pick-up zu helfen, und nach kurzer Überlegung griff ich zu.
    Eine Weile fuhren wir schweigend. »Du bist still heute«, warf er mir vor. »Seit ich aus der Stadt zurück bin, bist du schon so.«
    »Es ist … Hm. Theo, du weißt doch, dass ich einen Freund habe, oder?«
    »Si …«
Er zog das Wort in die Länge. »Ja, das hast du mir erzählt.«
    »Deshalb möchte ich nicht, dass du auf falsche Gedanken kommst, was mich betrifft.«
    Er lachte. »Hast du Sorgen, dass ich dich zu gerne mögen könnte, Anya Barnum?« Theo lachte erneut. »Das ist wirklich ganz schön eingebildet von dir!«
    »Deine Schwester … sie meint, du wärst in mich verliebt.«
    »Luna ist romantisch. Sie versucht, mich mit jeder zu verkuppeln, Anya. Du darfst kein einziges Wort glauben, das über ihre lächerlichen Lippen kommt. Du weißt doch bestimmt, dass ich dich überhaupt nicht mag. Ich finde dich immer noch so hässlich wie am ersten Tag.«
    »Jetzt tust du mir aber weh.« Mein Haar war gewachsen, und ich wusste, dass ich nicht mehr so krank aussah wie bei meiner Ankunft.
    »Wer tut hier wem weh? Was ist mit meinen Gefühlen? Du konntest mir doch kaum in die Augen sehen, als du dachtest, du müsstest mir eine Abfuhr erteilen«, neckte er mich. »Offenbar finden wir beide uns gegenseitig total abstoßend.« Theo lehnte sich zu mir herüber und wuschelte mir durchs Haar. »Ay, Luna!«
    Die Kakaobohnen wurden in der Fabrik in Oaxaca abgeladen, wo sie zu Schokolade verarbeitet wurden. »Ich führe dich herum«, erbot sich Theo. Er zeigte mir die Fabrik, die sehr hell und furchtbar modern aussah, ganz anders als meine dunkle, zeitlose Farm. (Ja, ich hatte tatsächlich begonnen, sie als
meine
Farm zu betrachten.) Die von uns angelieferten Bohnen würden noch am gleichen Tag gesäubert, erklärte Theo, den Rest der Woche würden sie geröstet, gemahlen, die Butter würde abgepresst, die Kakaomasse feingewalzt, conchiert,

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