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Eden

Titel: Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Mochinski
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unten, wo er Isaak, Captain Steubing und Gopher schaute, und danach Mr. Rourke und Tattoo in Fantasy Island . Manchmal schlief er aber auch selbst ein, während er wartete. Dann wachte er am nächsten Morgen auf und ärgerte sich. Aber nicht lange, denn sein Vater hatte frische, noch warme Bagels geholt, und er wollte die Comics in der dicken Sonntagsausgabe der Zeitung lesen.
    Seine Eltern waren gute Menschen gewesen. Gute, hart arbeitende Menschen. Sie hatten ihm und James ein besseres Leben ermöglicht, als sie selbst es gehabt hatten. Harris hatte beide Elternteile in seinen Dreißigern verloren, erst die Mutter, dann den Vater. Das war hart gewesen, aber er war froh, dass es schon so lange her war und sie nicht hatten miterleben müssen, was aus ihrer Welt geworden war. Auf gewisse Weise war er jetzt erleichtert, dass er und Raquel keine Kinder hatten.
    Harris wurde bewusst, dass er schon eine Weile dasaß, ohne dass etwas passierte. Seine Beine waren kalt und schliefen langsam ein. Er beugte sich vor und wischte sich ab. Das Klopapier war völlig verdreckt. Er brauchte eine enorme Menge Papier, bis er endlich sauber war, eine halbe Rolle fast, so schien es ihm zumindest. Dann stand er auf und zog die Hosen hoch.
    Nicht mehr lange, und die Sonne würde untergehen. In ganz Eden hatten die Leute den Grill angeworfen und standen in kleinen Grüppchen herum. Am Netz fand ein Volleyballspiel statt. Julie spielte auch mit.
    Harris fragte sich, wie es gewesen wäre, sie unter normalen Umständen kennenzulernen, vor dem Ausbruch. Natürlich wäre er dann glücklich mit Raquel verheiratet gewesen, also hätte er Julie gar nicht beachtet. Okay, das war gelogen. Schließlich war er ein Mann, und geguckt hätte er. Aber mehr auch nicht. Ein bewundernder Blick, vielleicht eine Erinnerung an die Zeit, als er selbst noch jünger gewesen war und Raquel kennengelernt hatte.
    In Anbetracht dessen, was er noch zu tun hatte, war es beruhigend, dass alles seinen geregelten Gang ging. Vielleicht sollte er hinüber zu Julie gehen und etwas sagen, sie umarmen. Er hatte sie schon einmal umarmt, sie an sich gedrückt und an ihrem Haar geschnuppert. Die ganze Zeit ahnte sie nicht, dass er tödlich verletzt war, dass einer der Untoten ihn infiziert hatte, dass sein eigener Leib dabei war, ihn zu einer dieser Kreaturen zu machen.
    Wäre er jetzt zu ihr hinübergegangen, er wäre möglicherweise zusammengebrochen und hätte angefangen zu schluchzen, hätte geheult wie ein kleines Kind, hätte sie um Dinge angefleht, die nicht in ihrer Macht standen, sie angefleht, ihn nicht zu verlassen, ihn nicht sterben zu lassen. Es wäre ein erniedrigendes Schauspiel geworden und hätte ihr eine gottserbärmliche und ganz und gar unverdiente Last auferlegt.
    Stattdessen konzentrierte er sich auf seine Wut. Obwohl sie ihm den Rücken zukehrte und gerade aufschlug, lächelte er in Julies Richtung, bevor er hinüber zu dem Haus schlenderte, das Thompson sich mit Diaz teilte.
    »Wo ist dein Kumpel?«, fragte er den Dominikaner.
    Diaz hatte sich in einer Hängematte ausgestreckt, die er zwischen einem Baum auf dem Bürgersteig und dem Verandageländer aufgehängt hatte. Einfach so, ohne sich darum zu scheren, dass er den ganzen Bürgersteig blockierte und niemand vorbeikonnte, ohne auf die Fahrbahn auszuweichen. Gedankenloses Arschloch , ärgerte Harris sich stumm.
    Diaz nahm den Joint aus dem Mund und antwortete: »Drinnen.«
    Harris rief durch das offene Fenster. »He, Thompson.« Er strengte sich an, höflich wie immer zu klingen, obwohl er am liebsten ins Haus gestürmt wäre und dem dreckigen …
    »Ja? He, Harris, was gibt’s?«
    »Ich habe mich gefragt, ob du mir mal kurz helfen könntest.«
    »Wieso? Was ist denn?«
    »Drüben bei mir. Ich muss ein paar Sachen umrücken.«
    Thompson schaute Harris durchs offene Fenster an. Vermutlich war er misstrauisch, dachte Harris. Er musste einfach misstrauisch sein. Schließlich hatte Thompson alles so arrangiert, dass Harris und Julie einen grausamen, gewaltsamen Tod erlitten. Auch wenn es nicht funktioniert hatte. Der Knabe hatte sicher weiche Knie und Angst, dass alles rauskam. Aber er wollte sich nicht verraten, indem er sich verdächtig benahm. Daran glaubte Harris. Daran musste er glauben.
    »Ich hätte ja jemand anders gefragt.« Harris deutete mit einer Kopfbewegung auf den bekifften Diaz, eine verschwörerische Geste, um Thompson zu entwaffnen. »Und nach heute Morgen ist Julie nicht so wild darauf,

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