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Eden

Titel: Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Mochinski
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fragte Will.
    »Nicht so besonders. Aber ich bin ziemlich gut, wenn es darum geht, einen Truthahn zu tranchieren.«
    Er entschied sich für eines der größeren Messer, ein Modell, wie es die psychopathischen Mörder in Horrorfilmen benutzten.
    »Es ist ja so«, erklärte Harris, während er das Messer zu den Reservekugeln für den Revolver und den Lebensmitteln in seinen Seesack packte. »Diese Kreaturen da draußen kann man anscheinend nur mit einem Schlag auf den Kopf dauerhaft erledigen.«
    »Ja, das haben sie auch im Fernsehen gesagt«, bestätigte William. »Hören Sie, Harris, ich weiß, ich habe es schon einmal gesagt, aber Sie dürfen gerne bleiben, so lange Sie wollen. Ruhig auch, bis diese Sache durchgestanden ist.«
    Harris sah William an, und William hatte Angst, er würde etwas sagen wie: Bis diese Sache durchgestanden ist? Sie machen wohl Witze, Will. Diese Sache kann man nicht durchstehen. Aber Harris sagte es nicht. Der Gedanke kam ihm überhaupt nicht. Er hoffte selbst, dass sich diese Sache durchstehen ließ, auch wenn es zurzeit nicht so aussah. Dass er es nach Manhattan schaffen und Raquel finden würde.
    Harris streckte die Hand aus und legte sie Will auf die Schulter. »Ich kann Ihnen gar nicht genug dafür danken, was Sie für mich getan haben, William. Wenn Sie mich nicht hereingelassen hätten, wäre ich da draußen vor die Hunde gegangen. Sie waren mir auf den Fersen. Sie hätten mich gefunden.«
    »Harris, Sie haben es bis hierher geschafft. Ich weiß nicht, wie Sie bis nach Queens gekommen sind. Das ist schon ziemlich bewundernswert.«
    »Da war Glück.«
    »Na, ich kann nur hoffen, dass es Sie nicht im Stich lässt. Aber eines muss ich fragen: Halten Sie es für eine gute Idee, wieder da rauszugehen?«
    »Nein. Es ist eine miserable Idee. Aber meine Frau ist irgendwo da draußen, William.«
    William Richardson dachte an Maggy und die Kinder. Er verstand, was Harris sagen wollte. Er hätte nicht anders handeln können. Aus dem Wohnzimmer drang Sarahs Lachen.
    »Die Wahrheit ist, ich fühle mich wohler, solange Sie bei uns sind. Sicherer.«
    Harris lächelte. »Sie sind sicher, William. Sie haben sich hier drinnen ziemlich gut eingeigelt. Wenn ich da draußen jemanden finde« – er hätte ›Rettungsdienst‹ gesagt statt ›jemanden‹, wenn er nicht schon mehrfach Rettungsdienste gesehen gehabt hätte, die selbst Hilfe brauchten – »lass ich ihn wissen, dass Sie hier sind.«
    »Danke. Ich wette, wir sind nicht die Einzigen in dieser Situation.«
    »Sicher nicht, aber wissen Sie was? Sie sind die Einzigen, die mich reingelassen haben. Danke.«
    »Gern geschehen.« William überlegte, ob er Harris bitten sollte, Janis ins Krankenhaus zu bringen, entschied sich aber dagegen. Der Mann hatte seine eigene Mission und musste aufbrechen, bevor es dunkel wurde.
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, verschwinde ich auf demselben Weg, auf dem ich gekommen bin.«
    Harris folgte William aus der Küche ins Wohnzimmer und blieb kurz stehen, um sich von Billy und Sarah zu verabschieden. Der Revolver steckte sicher vorne im Hosenbund.
    William lugte durch die Tür von Janis’ Zimmer, sagte leise etwas, und Maggy kam heraus auf den Flur.
    Harris legte den Kopf an die Fensterscheibe und sah sich, so gut es ging, in alle Richtungen um. So leise er konnte, schob er das Fenster auf, auch wenn nichts in der Nähe zu sein schien, das ihn hätte hören können. Dann steckte er den Kopf ins Freie, reckte den Hals und suchte noch einmal die Gegend ab.
    »Okay.« Er zog den Kopf zurück ins Haus und drehte sich zu den Richardsons um. »Bei Ihrem Mann habe ich mich schon bedankt, Maggy, und bei Ihnen möchte ich das auch tun.«
    »Gern geschehen«, antwortete sie. »Sie können nicht bleiben?«
    »Glauben Sie mir«, stellte Harris fest, und William wie Maggy wussten, dass es ihm ernst war. »Wenn ich könnte, würde ich. Aber nein, es geht nicht.«
    »Na schön dann.«
    William duckte sich und folgte Harris durch das Fenster auf das Vordach. Wie bei allen Häusern der Nachbarschaft war auch das Dach der Richardsons abgeschrägt, so dass die Sicht auf die Straße verdeckt war.
    Harris ließ langsam und so leise wie möglich die Leiter hinab.
    Er sah noch einmal zu William hinüber, der ihm mit gedämpfter Stimme »Glück« wünschte, dann war er unten und lief über den Hinterhof an den Bretterzaun, der die Grenze zum Nachbargrundstück bildete. Ohne sich umzuschauen, kletterte Harris hinüber und ließ sich lautlos

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