Eden
getragen.
Diaz hatte die ganze Nacht an ihrem Bett gesessen und ihre nasskalte Hand gehalten, während sie zwischen Wachzustand und Ohnmacht schwankte, unfähig, auch nur ein Wort zu reden. Lisa hatte ihr das Morphium gespritzt, wie sie es als Krankenschwester gelernt hatte. Die Ampullen stammten aus den Vorräten der Nationalgarde. Es war unmöglich zu sagen, wie viel von alledem Shannon in ihren letzten Stunden mitbekam.
Diaz saß da, ohne eine Waffe, und heulte lautlos. Die heißen Tränen liefen über sein Gesicht.
Es war immer jemand mit im Zimmer. Julie, Beth Evans, Al Gold und Davon waren da, als Shannon starb. Die Totenwache war vorbei.
Julie schaute Al Gold an. Der nickte, zog den Flachmann aus der Gesäßtasche und nahm einen kräftigen Schluck.
Davon, ein großer, wuchtiger Muskelmann, dessen Highschool-Footballkarriere mit dem Rest der Welt den Bach runtergegangen war, trat mit seiner.40mm-Glock im Holster ans Bett. »Diaz. Diaz, hörst du mich?«
Diaz starrte die Wand an.
»Diaz, Mann. Du solltest jetzt rausgehen, mit Beth und Julie. Geh raus, Mann.«
»Erschieß sie einfach, Junge«, sagte Al. »Jetzt.«
Diaz schaute hoch, starrte ins Leere. Dann blickte er hinüber zu seiner Freundin. Shannon hatte so viel durchmachen müssen. Jetzt wirkte sie so friedlich, so ruhig. Diaz wusste, sie würden grausame Sachen mit ihr anstellen, ihr in den Kopf schießen und ihren wunderschönen Körper verbrennen, bis nichts mehr davon übrig war.
»Komm schon, Diaz …«
Diaz stand auf. Julie tat ein paar Schritte rückwärts. Jetzt, da Shannon tot war, wollte sie ihre Nähe meiden. Bald. Es konnte nicht mehr lange dauern. Shannon war zäh gewesen. Es war eine üble Verletzung. Ein Wunder, dass sie die Nacht überstanden hatte.
Beth Evers legte Diaz sanft die Hand auf den Arm, zog ihn in Richtung Tür. Diaz folgte ihr ein paar Schritte, schien sich hinausführen zu lassen.
Blitzschnell riss er sich los und sprang Davon, der mit dem Rücken zu Beth und Diaz am Bett stand und langsam die Glock hob, an. Er schlug dem Schwarzen ins Genick.
Der Angriff traf Davon völlig überraschend. Er stolperte, kippte quer über das Bett. Die Waffe fiel ihm aus der Hand und polterte auf den Boden.
Diaz hob sie auf und wedelte wild damit herum.
»Bleibt weg von ihr, zum Teufel!«, schrie er. »Rührt sie nicht an!«
»Diaz!« Al trat einen Schritt vor, eine Hand knapp über der 45er an der rechten Hüfte, in der anderen immer noch den Flachmann. »Lass uns darüber reden …«
»Verpiss dich, Al, du Scheißsäufer, Scheißer, Drecksack! Zur Hölle mit euch! Das ist meine Shannon, ihr putas , lasst sie in Frieden.«
Diaz wich mit ängstlich aufgerissenen Augen bis an die Wand zurück. In seinen Mundwinkeln glänzte Sabber. Die Pistole in seiner Hand zitterte.
»Das ist Irrsinn.« Julie blickte von Al zu Diaz, zu Beth, hinüber zum Bett, wo der bewusstlose Davon über Shannons zugedeckten Beinen lag. »Völlig bekloppt.«
Sie ging zur Tür.
»Wo, zum Teufel, willst du hin?«, herrschte Diaz sie an und wischte sich mit dem Rücken der Waffenhand die laufende Nase.
»Ich verschwinde. Das ist mir zu bescheuert«, erwiderte Julie ruhig und verließ das Zimmer. Alle hörten, wie sie auf dem Gang losrannte, die Treppe hinab zur Haustür.
»Und was nun?« Al Gold schaute hinüber zu Beth Evers.
Davon stöhnte und stemmte sich mit beiden Händen hoch. Er war benommen und sah alles noch verschwommen.
Genau in diesem Moment kehrte Shannon zurück, so plötzlich, dass keiner Zeit hatte zu reagieren. Davon bekam gar nicht mit, was ihm geschah. Die Untote setzte sich im Bett auf, packte seinen kahlrasierten Schädel mit beiden Händen, drehte ihn, biss Davon die Nase ab und riss einen großen Fetzen aus seiner Wange.
Davon brüllte laut auf, hob sich auf dem Bett auf die Knie. Stieß den Zombie weg. Die ehemalige Shannon sprang aus dem Bett quer durchs Zimmer auf Al Gold zu. Der ließ den Flachmann fallen, fummelte entsetzt an der Klappe des Holsters und versuchte, die 45er zu ziehen.
Beth Evers kreischte, ein Aufschrei puren Entsetzens. Diaz stand mit dem Rücken an der Wand, die Glock hing in seiner Hand, ohne auf irgendetwas zu zielen. Er war völlig weggetreten.
Davon verlor die Balance, kippte rückwärts vom plötzlich leeren Bett und knallte mit dem Schädel gegen die Kommode.
Beth warf einen Blick zur Tür nach draußen. Aber statt zu fliehen, rannte sie zu Al, um den Zombie von ihm wegzuzerren. Sie konnte dem
Weitere Kostenlose Bücher