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Eden

Titel: Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Mochinski
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Schüler und Lehrer folgten ihm.
    »Susan.« Harris hielt sie auf. »Ich gehe für ein paar Telefonate nach oben. Schulamt, Polizei. Mal sehen, was ich herausbekommen kann. Sind Sie okay?«
    Susan zuckte die Schultern. Er sah ihr an, dass sie selbst nicht wusste, was sie in dieser Lage denken oder fühlen sollte.
    Harris streckte die Hand aus und tätschelte kurz ihre Schulter.
    »Es kommt alles wieder in Ordnung. Okay?«
    »In Ordnung«, antwortete Susan.
    Nur für den Fall, dass irgendjemand ihn beobachtete, ging er ruhig und langsam die Treppe hinauf.
    In seinem Büro angekommen, schloss er die Tür. Dann überlegte er sich anders und öffnete sie wieder. Als Erstes rief er seine Frau an.

11
     
    Einatmen, ausatmen. Einatmen, ausatmen. Der Mann konzentrierte sich auf seine Atmung, sog Luft in seine Lunge und stieß sie wieder aus, fühlte seine Brust sich heben und senken. Seine Augen waren geschlossen. Sein Arm juckte, aber er ignorierte es, bemühte sich, seine Mitte zu finden.
    Er hatte jahrelange Übung darin, seine Atemzüge zu zählen. Er hatte reichlich Zeit dazu. Ein Atemzug, zwei Atemzüge. Noch einmal. Er teilte jedem Atemzug eine Zahl zu, konzentrierte sich auf diese Zahl, stellte sich die Ziffern im leeren Raum schwebend vor, fokussierte sich darauf, so dass er alles andere ausblenden konnte. Er war sich des Juckens noch immer bewusst, aber es hatte jede Bedeutung verloren.
    Die Ziffern vor seinem inneren Auge verblassten, sein Bewusstsein reduzierte sich völlig auf den Atem. Irgendwo war er immer noch körperlich vorhanden, hob und senkte sich seine Brust, strömte Blut durch seine Adern, zuckten elektrische Impulse durch sein Hirn und Nervensystem, aber diese Vorgänge waren getrennt von ihm, er hatte sich über sie erhoben, in einen Zustand der Transzendenz.
    Er war eins mit der Leere, eins mit allem.
    Das Klirren von Schlüsseln auf Metall riss ihn aus der Meditation zurück in die Welt. Der Bulle, der vor der Pritsche stand und auf ihn herabblickte, trug Helm und Schutzweste. Eine verletzte Hand hielt er an den Körper gedrückt, die andere richtete eine Ruger Mini-14 auf ihn.
    Der Mann bewegte keinen Muskel, gab nicht den leisesten Hinweis darauf, dass es irgendeine Bedeutung für ihn hatte, was geschah.
    »Du bist frei«, erklärte der Gefängniswärter. »Auch wenn es mir gar nicht gefällt und ich wirklich nicht weiß, ob ich das Richtige tue, ob es gerecht ist, aber ich lasse dich gehen.« Pause.
    »Aber bevor du gehst, muss ich dir noch etwas sagen, und du wirst mir zuhören.«
    Der Mann setzte sich auf, die Hände auf den Knien.
    »Du hältst das für einen Witz, oder? Du denkst, ich mache hier einen kranken Scherz auf deine Kosten? Erwartest du, dass ich dir das Hirn rauspuste und auf deine Leiche spucke? Recht hast du, genau das möchte ich. Aber ich mache keinen Scherz.«
    Der Schließer blickte über die Schulter auf den Flur von Block D und verzog das Gesicht. Dann schaute er auf seine Hand.
    »Also hör zu: Ich hasse dich. Deine bloße verdammte Existenz widert mich an. Alles, was du bist, alles, wofür du stehst. Du bist eine Verirrung der Natur. Ich habe die letzten zwölf Jahre meines verfluchten Lebens mit dem Versuch zugebracht, deine letzten zwölf so beschissen zu machen, wie ich überhaupt nur kann.
    Die Hölle. Etwas anderes hast du nie verdient. Deine Seele wird nach dem Tod in der tiefsten Hölle schmoren, aber auch während du die Jahre hier verbringst, die dir noch bleiben, soll es schon die Hölle für dich sein. Ich habe alles getan, was in meiner Macht steht, um dir hier schon das Leben zur Hölle zu machen – all euch Drecksäcken in den Todeszellen, aber dir ganz besonders.
    Dir ganz besonders. Wenn ich dich anschaue, dann sehe ich keinen Menschen, ich sehe ein Tier. Ein Mensch ist dazu nicht fähig, was du getan hast. Nichts Menschliches ist dazu fähig. Ich sehe all die kleinen Mädchen mit abgeschnittenen Armen, wie sie heulend und schreiend aus den Gräben kriechen, runter zur Straße, während ihnen das Blut über die Schenkel läuft.
    Ich sehe ihre Mamis und Papis weinen und sich fragen, wie Gott zulassen konnte, dass ihren Kindern so etwas geschieht. Ich sehe Kinder, denen du ihre Unschuld geraubt hast, ihre Zukunft. Ich sehe Familien, denen du den Glauben geraubt hast, das Vertrauen, die Vorstellung, dass Gott und die Welt es gut mit ihnen meinen, wenn sie es gut mit Gott und der Welt meinen.
    Ich frage mich, wer du eigentlich bist. Wer bist du –

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