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Eden

Titel: Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Mochinski
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wirklich? Was für ein Mensch … was für ein … Ding … ist dazu fähig, anderen so etwas anzutun? Es geht mir nicht um den physischen Ablauf. Ich mache diesen Job hier schon lange genug, ich habe gesehen, was ein Mensch einem anderen antun kann. Ich rede von der Motivation, von den Beweggründen. Du bist etwas, was ich nicht verstehe. Was ich nicht verstehen kann. Es wäre das Beste für alle gewesen, wenn sie dich bei der Verhaftung abgeknallt hätten. Aber das haben sie nun mal nicht.
    Ich bin ein gläubiger Mensch, aber ich weiß nicht, am liebsten würde ich dich auf der Stelle umbringen. Dazu bin ich eigentlich hier herunter gekommen. Aber der Tod ist zu gut für dich. Falls es eine Hölle gibt für dich, wenn du tot bist, dann bin ich sicher, da ist ein ganz besonderer Platz allein für dich reserviert. Falls du aber stirbst, und nach dem Tod ist gar nichts – Teufel, ich bin überzeugt, dass es noch etwas gibt, aber wenn es nur eine noch so winzige Chance gibt, dass es nicht so ist – dann wäre der Tod eine Gnade für dich, und der Teufel soll mich holen, wenn ich dir die gewähre.
    Deshalb habe ich all die Jahre dafür gesorgt, dass du am Leben bleibst. Es gab genug Leute, die dich tot sehen wollten, das darfst du mir glauben. Dafür, was du da draußen getan hast, und dafür, was du hier drinnen getan hast. Sträflinge und Wachen. Ich habe sie dir alle vom Leib gehalten. Der Tod ist zu gnädig für den, habe ich mir immer wieder gesagt. Wenn du stirbst, ganz egal, wie schmerzhaft es wird, ganz egal, wie viel Leid und Qualen dir jemand in deinen letzten Stunden zufügen könnte, ist es trotzdem vorbei für dich, so wie es für ein paar dieser Kinder vorbei ist. Und für die ist es eine Gnade. Die anderen …
    Diejenigen, die es überlebt haben … Ich will gar nicht daran denken.
    Ich bin hier herunter gekommen, um dich zu töten. Du wirst es selbst sehen, wenn du rauskommst. Die Welt ist zum Teufel gegangen. Wenn ich dich jetzt umbrächte, würde es niemand merken. Und selbst wenn, Scheiße, keinen würde es auch nur im Geringsten interessieren. Also bin ich gekommen, und tief in meinem Innersten war ich entschlossen, dir ein Ende zu machen, aber dann hat dieser Hurensohn – ein Mann, den ich kenne, ein guter Wärter, ein Mann, den ich schon länger kenne, als ich dich hasse – er hat mich angegriffen, und ich musste ihn umbringen, ihn mit dieser Waffe erschießen.«
    Er hob den Lauf des Karabiners zur Decke. Sein Blick glitt am Schaft auf und ab, während er die Waffe in seiner Hand betrachtete.
    »Er hat mich gebissen, das Schwein. Keine Ahnung warum. Danach habe ich meine Meinung geändert, weil der Tod zu gut für dich wäre. Vielleicht weiß ich selbst nicht mehr, was ich tue … Ich fühl mich gerade ziemlich schlecht. Aber weißt du was? Zum Teufel mit dir. Du wirst dich nicht ins Jenseits davonstehlen.
    Aber bevor du dich bedankst, warte erst mal ab, was die Welt für dich in petto hat. Du hast keine Ahnung, was dich da draußen erwartet. Kann sein, dass du da draußen nicht lange überlebst, aber ich glaube schon. Ich hoffe es. Das wird deine Strafe sein, und ich bete, dass es Strafe genug ist.«
    Der Mann auf der Pritsche stand auf, reckte sich, bewegte den Kopf hin und her.
    Er nahm nichts mit, als er auf den Flur trat, ließ die Zelle so zurück, wie sie war. Alle Zellentüren im gesamten Block waren geöffnet, die Zellen leer, und von irgendwo am Ende des Gangs drang lauter Lärm herüber. Metall schlug gegen Metall. Stimmen schrien.
    »Es ist alles den Bach runtergegangen, Kumpel. Ich schätze, das ist das Ende der Welt.« Der Vollzugsbeamte ging den Gang entlang und rief ihm über die Schulter zu: »Und komm mir ja nicht in die Quere.«
    Der Mann stand eine ganze Weile einfach nur da und ließ sich diese Wendung der Ereignisse durch den Kopf gehen.
    Junge , dachte er dann, das reicht. Ohne ein bestimmtes Ziel schlenderte er in die andere Richtung davon, auf den Lärm zu.

12
     
    »Okay, Lieblingsnaschzeug«, schlug Fred Turner vor.
    Sein Sohn Fred, John, Bobby und Beth Evers, Buddy, Harris und noch ein einige andere saßen um ein paar Gartentische, die sie mitten auf der Straße aufgestellt hatten. Mitternacht war längst vorbei, und die meisten Einwohner Edens schliefen. Mickey hielt auf der Südmauer Wache, Sal Bianaculli auf der Nordwand. Sie saßen unter den Sternen und bunten Lampions beisammen, tranken und redeten und ignorierten die gelegentlichen Stöhn- und Jaulgeräusche

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