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Eden

Titel: Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Mochinski
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dumpfes Scheppern, das allmählich leiser wurde, dann ein Krachen weit unter sich.
    Als die Hitze nachließ, wagte er aufzustehen.
    Es war fast niemand mehr übrig. Leichen und Leichenteile bedeckten das Dach. Anscheinend war der Hubschrauber aufgeschlagen, explodiert, von seinem Schwung über die Kante geworfen worden und auf die Straße gestürzt. Der Heckrotor war abgerissen und hatte Dutzende Menschen zerfetzt. Manche lebten noch, zogen ihre beinlosen Körper von den lodernden Feuern weg oder schlugen hilflos mit den Armen und schrien, aber Marcos konnte sie nicht hören. Das Klingeln in seinem Kopf war zu laut.
    Er sah eine in zwei Teile geschnittene Frau ihre obere Körperhälfte von der unteren fortziehen. Ihr Unterkörper stand noch auf dem Dach, umweht von halbverbrannten Rockfetzen. Sie schaffte es einen halben Meter weit, dann regte sie sich nicht mehr.
    Ein Mann hüpfte auf der Stelle. Seine Kleidung war von den Knien aufwärts weggebrannt, seine von riesigen Blasen bedeckte Haut fiel in Fetzen von ihm ab. Er sah aus wie jemand, der auf heißem Sand oder Asphalt stand und erst den einen, dann den anderen Fuß hochriss, sobald er den Boden berührte.
    Marcos spürte etwas Warmes an der Vorderseite seiner Hose. Er stellte fest, dass er sich bepisst hatte.
    Ein brennender Mensch – er konnte nicht erkennen, ob es ein Mann oder eine Frau war – lief vorbei, versuchte, die den ganzen Körper einhüllenden Flammen mit den Händen auszuschlagen. Marcos fragte sich, ob er schrie. Hören konnte er nichts. Die lebende Fackel lief geradewegs über die Kante des Dachs ins Leere.
    Zwölf, vielleicht fünfzehn Leute standen auf, manche verwundet, andere wundersam unverletzt.
    Er schaute hinauf zum Himmel. In der Ferne sah er ein paar Hubschrauber, aber sie flogen davon, und keine Maschine kam zurück.
    Er setzte sich wieder hinter den Lüftungskamin, um die abgerissenen Gliedmaßen und die verbrannte Haut nicht sehen zu müssen, und die Überlebenden, die sich in Qualen auf dem Hochhausdach wanden.
    Er fragte sich, was aus der Sanitäterin geworden war, die eben noch neben ihm gestanden hatte.
    Durch das Klingeln in den Ohren bemerkte er ein leises Wummern, das allmählich lauter wurde. Er stand wieder auf und sah sich um. Die Düsenjäger näherten sich im Tiefflug.
    Auf dem anderen Gebäude hatten die Zombies das Dach erreicht. Die Menschen versuchten, sie abzuwehren.
    Er drehte dem Gemetzel und den anfliegenden Düsenjägern den Rücken zu. Marcos senkte den Kopf und dachte an seine Familie. Wenn er über die Dachkante blickte, zitterte er. Er hatte furchtbare Höhenangst. Er setzte sich hinter den Lüftungskamin, lehnte sich mit dem Rücken an und betete wie noch nie zuvor in seinem Leben.

30
     
    Harris sah dem jungen Burschen, Thompson hieß er, zu, wie er mit einem Zippo-Feuerzeug seine Zigarette anzündete.
    »Danke, dass du Harris rübergebracht hast, Thompson«, sagte Graham, und sein Doppelkinn wabbelte bei jedem Wort. »Warum wartest du nicht nebenan.«
    Es war keine Frage, und Thompson ging.
    »So. Harris. Wie hat euch Jericho gefallen?« Der Fettwanst saß am anderen Ende des Tisches, die faltigen Ellbogen auf dem Tisch, die Wurstfinger mit aneinandergelegten Fingerspitzen zu einem Zelt aufgebaut. Grahams Haus war ein Saustall. Es passte zu ihm. Harris korrigierte sich: Der Vergleich war eine Beleidigung für Schweine.
    Graham und sein Lakai beobachteten Harris und warteten auf eine Antwort.
    »Die Leute waren ganz nett«, erzählte er. »Ein bisschen hippiemäßig, wenn Sie mich fragen.«
    »Sechziger-Jahre-Schwachköpfe«, zischte Markowski. »Woodstock-Flower-Power-Idioten.«
    »Sie haben es sich aber ganz ordentlich eingerichtet«, fuhr Harris fort. »Nur der Elektrozaun macht mir Sorgen. Wenn der ausfällt, sind sie geliefert.«
    »Wenn das Ding ausfällt, sind sie in den Arsch gefickt«, bestätigte Markowski auf seine üblich grobe Art.
    Graham hatte Harris und Buddy zusammen mit Markowski und ein paar anderen Männern aus Eden zu einem Besuch in das Nachbarlager geschickt. Anfangs hatte sich Harris auf dem Marsch durch die enge, düstere Kanalisation alles andere als wohlgefühlt, und er fragte sich, wie es möglich war, dass die Zombies nichts von dem Tunnelnetz unter den Straßen und Häusern der Stadt wussten, aber sie hatten es geschafft und waren in Jericho mit offenen Armen empfangen worden.
    »Hippiemäßig«, meinte Graham. »Das gefällt mir.«
    Harris war schon früher aufgefallen,

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