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Eden Inc.

Eden Inc.

Titel: Eden Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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Die Worte kamen ihm leichter über die Lippen. Lash nickte verständnisvoll und versuchte, die in ihm aufkeimende Hochstimmung zu verbergen. Er hatte dergleichen schon sehr oft erlebt, meist bei polizeilichen Verhören. Es war eine gewaltige Anstrengung, sich zu einem Geständnis durchzuringen. Doch wenn die Leute erst mal angefangen hatten, schienen sie gar nicht schnell genug reden zu können.
    »Ich verbrachte immer mehr Zeit im Computerraum. Die Programmiererei hatte eine Logik, die irgendwie beruhigend war. Und es gab ständig mehr zu lernen. Anfangs haben die Mitarbeiter mich als eine Art Kuriosität betrachtet. Als sie dann mitkriegten, welche Tools ich schrieb, haben sie mich eingestellt.
    Ich habe neun Jahre im Haus meiner Tante gelebt. Sobald es ging, war ich auf und davon. Ich habe mich älter gemacht und eine Stelle bei einem Rüstungskonzern bekommen, für den ich Programme zur Berechnung von Raketen-Fallkurven schrieb. Ich habe ein Stipendium als Elektroingenieur an der Universität gekriegt. Damals habe ich ernsthaft angefangen, Künstliche Intelligenz zu studieren.«
    »Und da kam Ihnen die Idee für Liza?«, fragte Lash.
    »Nein. Nicht sofort. Mich hat das alte Zeug fasziniert - John McCarthy, LISP und so weiter. Erst in den höheren Semestern waren die Tools so ausgereift, dass ich ernsthaft in Richtung lernende Maschinen arbeiten konnte.«
    »Der Imperativ maschineller Intelligenz«, sagte Tara. »Ihre Examensarbeit.«
    Silver nickte, ohne sie anzusehen. »In jenem Sommer konnte ich nirgendwo hin, bis im September die höheren Fachsemester anfingen. Ich kannte niemanden. Ich war da schon nach Cambridge gezogen und einsam. Also habe ich meine Zeit im MITLabor totgeschlagen, habe manchmal zwanzig oder dreißig Stunden ununterbrochen gearbeitet und ein Programm entwickelt, das für einfache Intelligenzroutinen stabil genug war. Ende des Sommers hatte ich wirklich Fortschritte erzielt. Als das Semester anfing, war mein Tutor beeindruckt genug, um mir freie Hand zu lassen. Je ausgefeilter und stärker das Programm sich gestaltete, desto aufgeregter wurde ich. Wenn ich nicht in den Vorlesungen war, verbrachte ich meine gesamte Zeit mit Liza.«
    »Hatten Sie ihr da schon einen Namen gegeben?«, fragte Lash.
    »Ich hab mich selbst unter Druck gesetzt und versucht, ihre Fähigkeit zur Führung realistischer Gespräche auszubauen.
    Ich gab etwas ein. Sie reagierte. Zuerst war es nur eine Methode, um sie zum eigenständigen Lernen zu ermutigen.
    Aber dann merkte ich, dass ich immer mehr Zeit damit verbrachte, mich einfach nur mit ihr zu unterhalten. Aber nicht über bestimmte Programmaufgaben, sondern ... wie mit einem Freund.«
    Silver hielt kurz inne. »Ungefähr um diese Zeit herum arbeitete ich an einer einfachen Stimmschnittstelle. Nicht, um die menschliche Sprache zu zergliedern - das lag noch Jahre in der Zukunft -, sondern um ihre Arbeitsleistung zu verbalisieren. Ich habe dazu Aufnahmen meiner eigenen Stimme verwendet. Es fing als Zeitvertreib ab, ich habe es eigentlich nicht für umwerfend wichtig gehalten.«
    Sein Wortschwall verebbte plötzlich. Silver holte tief Luft, dann fing er erneut an.
    »Ich weiß noch immer nicht, warum ich das getan habe.
    Aber irgendwann spätabends, als ich bei der Arbeit einen toten Punkt hatte, fing ich an rumzuspielen. Ich ließ die Stimmaufnahmen durch einen die Tonhöhe verändernden Algorithmus laufen, den jemand im Computerraum gelassen hatte: Ich drehte die Frequenz höher und machte Versuche mit der Wellenform. Und plötzlich klang die Stimme wie die einer Frau.«
    Wie die einer Frau. Nun verstand Lash, warum ihm Lizas Stimme beim ersten Hören bekannt vorgekommen war. Es handelte sich um die feminine Neuschöpfung der Stimme von Silver.
    »Und die Persönlichkeit?«, fragte Tara. »War das auch die Ihre?«
    »Anfangs glaubte ich, die Festschreibung der Charaktereigenschaften einer Persönlichkeit wäre für Lizas maschinelles Bewusstsein eine Art Starthilfe. Ich kannte niemanden, den ich hätte bitten können, mir als Versuchskaninchen zu dienen. Also habe ich mir ein paar Persönlichkeitsinventare aus der psychologischen Fakultät geholt - eigentlich nur den MMPI-2 -, den Test selbst absolviert und bewertet.«
    Lash hielt die Luft an. »Mit welchem Ergebnis?«
    »Mit dem zu erwartenden. Unbehagen bei gesellschaftlichen Anlässen. Die Mentalität eines Strebers, der von geringer Selbstachtung getrieben wird.« Silver zuckte die Achseln, als sei die Antwort

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