Eden Inc.
Tisch hatte man die Stühle entfernt; nur in der Mitte war ein einzelner verblieben. Ein weiteres halbes Dutzend stand davor aufgereiht, und einige weitere waren im Raum verteilt.
Handerling hockte auf dem Einzelsitz. Er trug noch immer den klammen Anorak und schaute sich mit kaum kaschierter Nervosität um. Mauchly hatte ihm gegenüber Platz genommen. Tara Stapleton und zwei Lash unbekannte Männer flankierten ihn. Einer trug einen Arztkittel. Angehörige des Eden-Sicherheitspersonals verstellten die Tür. Weitere waren draußen auf dem Gang stationiert. Von seinem Standort am Rande stellte Lash überrascht fest, wie viele es waren.
Außerdem handelte es sich bei diesen Männern nicht um die freundlichen, umgänglichen Uniformierten, die er aus der Empfangshalle kannte: Die hier verzogen keine Miene und schauten verbissen geradeaus. Dünne Drähte verliefen von ihren Ohren zum Kragen ihrer Hemden. Einer der Männer öffnete sein Jackett, um sein klingelndes Handy einzuschalten, und Lash erspähte eine glänzende Schusswaffe.
Ein Sicherheitstechniker stand hinter einer Videokamera, die auf einem großen Kamerawagen platziert war. In der Mitte des Tisches war ein Recorder aufgebaut. Mauchly nickte dem Kameramann zu und schaltete das Gerät ein.
»Ist Ihnen klar, weshalb Sie hier sind, Mr. Handerling?«, fragte er. »Warum wir mit Ihnen reden wollen?«
Handerling musterte ihn über den Tisch hinweg. »Nein.«
Lash beobachtete den Verdächtigen. Während der Umzingelung hatte Handerling verängstigt und desorientiert gewirkt.
Doch inzwischen hatte er Zeit zum Nachdenken gehabt - während der Übergabe durch die FBI-Leute an den Eden- Sicherheitsdienst und dem dazugehörigen Bürokram, auf der Fahrt zum Firmengebäude, im Labyrinth der Korridore, durch die er in diesen Raum gebracht worden war. Wenn er so war wie die anderen Gesetzesbrecher, die Lash kannte, hatte er sich inzwischen eine Geschichte zurechtgelegt.
Verhöre wurden oft mit Verführungen verglichen: Ein Mensch wollte etwas von einem anderen, doch der andere hatte in der Regel kein großes Interesse daran, es preiszugeben. Lash fragte sich, welche Art Verführer Mauchly wohl war. Sein Herz schlug aufgeregt in seiner Brust.
Mauchly musterte Handerling mit seinem üblichen milden Gesichtsausdruck. Er ließ die Stille wirken. Dann ergriff er endlich wieder das Wort.
»Sie haben wirklich keine Ahnung? Überhaupt keine?«
»Nein. Außerdem glaube ich, dass Sie gar kein Recht haben, mich hier festzuhalten und mir solche Fragen zu stellen.«
Handerling klang trotzig und aufgebracht.
Mauchly antwortete nicht sofort. Er strich vielmehr einen hohen Stapel Dokumente glatt, der sich vor ihm auf dem Tisch türmte. »Bevor wir anfangen, möchte ich Ihnen einige Leute vorstellen, Mr. Handerling. Bei mir sind Tara Stapleton von der Systemsicherheit und Dr. Debney von der Medizinischen Abteilung. Mr. Harrison kennen Sie ja. Warum haben Sie sich mit dieser Frau getroffen?«
Der abrupte Themenwechsel ließ Handerling blinzeln. »Ich glaube nicht, dass Sie das etwas angeht. Ich kenne meine Rechte. Ich verlange ...«
»Ihre Rechte ...« - Mauchly stieß das Wort so bissig und brüsk hervor, dass der ganze Raum zusammenzuckte - » . sind in diesem Dokument zusammengefasst, das Sie unterschrieben haben, als Sie bei Eden anfingen.« Er entnahm dem Stapel Dokumente einen dünnen Ordner und schob ihn in die Mitte des Tisches. »Erkennen Sie ihn wieder?«
Eine Weile rührte Handerling sich nicht. Dann beugte er sich vor und nickte.
»Mit der Unterzeichnung dieses Vertrags haben Sie sich - unter anderem - auch einverstanden erklärt, Ihre Position hier im Hause nicht zum Missbrauch unserer Technik auszunutzen. Sie haben sich einverstanden erklärt, die Daten unserer Klientendaten zu splitten. Außerdem haben Sie die strengen moralischen Regeln anerkannt, die unser Arbeitsvertrag vorschreibt. All dies wurde Ihnen während der Probezeit detailliert erläutert. Mit Ihrer Unterschrift haben Sie bestätigt, dass Sie alles verstanden haben.«
Mauchlys Stimme klang fast gelangweilt. Doch die Wirkung, die seine Stimme auf Handerling hatte, war bemerkenswert.
Der Mann stierte Mauchly an. Seine Augen glitzerten argwöhnisch.
»Ich frage Sie also noch einmal: Warum haben Sie sich mit dieser Frau getroffen?«
»Ich war mit ihr verabredet. Das ist doch nicht verboten.«
Lash merkte, dass Handerling sich alle Mühe gab, die Fassade der beleidigten Leberwurst
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