Eden Inc.
Schlafzimmer auf den Kopf gestellt. Lynn jedoch schien, was den Verbleib sämtlicher Gegenstände in diesem Haus anbetraf, ein fotografisches Gedächtnis zu haben: Sie wusste nicht nur, wo ihre Sachen waren, sondern auch seine. Das lief nicht bewusst ab, ihr Erinnerungsvermögen war einfach immer da und blieb wie ein Fliegenfänger an allem kleben, was es berührte. Vielleicht hatte es ja damit zu tun, dass sie so sprachbegabt war.
»Du bist ’n Schatz«, sagte er.
»Ich wette, das sagst du zu allen Frauen.«
Connelly hielt inne. Er kauerte vor den Toilettenschrank und schaute Lynn an. Sie stand vor dem Alkoven und musterte eine lange Stange mit Kleidern. Als er sie beobachtete, nahm sie eines herunter, drehte es mitsamt dem Bügel um und tauschte es dann gegen ein anderes aus. Ihre Bewegungen hatten etwas natürlich Geschmeidiges; sie ließen seinen Puls auch jetzt schneller schlagen. Er war zutiefst beleidigt gewesen, als seine Mutter Lynn vor ein paar Wochen als »niedlich« bezeichnet hatte. Niedlich? Sie war die schönste Frau, der er je begegnet war.
Lynn kam aus dem Schrankzimmer hervor und ging mit dem gerade ausgewählten Kleid zum Bett hinüber, auf dem ein großer Koffer aus Leinwand aufgeklappt dalag. Mit den gleichen
sparsamen Bewegungen legte sie das Kleid zusammen, um es im Koffer zu verstauen.
Connelly hatte sich den Nachmittag freigenommen, um seiner Frau beim Packen für die Reise zu den Niagara-Fällen zu helfen. Es war ein triviales Vergnügen, und aus irgendeinem Grund wäre es ihm peinlich gewesen, es jemandem zu gestehen. Sie packten immer Tage im Voraus; irgendwie schien dies den Urlaub zu verlängern. Er hatte immer frühzeitig gepackt, und aus dem gleichen Grund traf er auch gern früh am Flughafen ein. Doch als Junggeselle war es stets eine eilige und schluderige Angelegenheit gewesen. Lynn hatte ihm gezeigt, dass Packen eine Kunst war, die man nie in Eile betreiben sollte. Und jetzt hatte es sich zu einem jener intimen kleinen Rituale ausgewachsen, aus denen das Gefüge ihrer Ehe bestand.
Connelly stand auf, trat hinter seine Frau und schlang die Arme um ihre Taille. »Stell dir nur mal vor«, sagte er und beschmuste ihr Ohr, »dass es nur noch ein paar Tage sind, bis wir vor einem knisternden Feuer im Pillar and Post Inn stehen.«
»Mmm.«
»Wir werden im Bett frühstücken. Vielleicht können wir auch im Bett zu Mittag essen. Wie klingt das? Und wenn du deine Karten richtig ausspielst, kriegst du vielleicht sogar was zum Nachtisch.«
Lynns Antwort bestand darin, dass sie den Kopf leicht müde an seine Schulter lehnte.
Kevin Connelly kannte die Stimmungen seiner Frau so gut wie seine eigene, deswegen ließ er sie los. »Ist was, Mausi?«, fragte er. »Migräne?«
»Könnte sein, dass eine im Anmarsch ist«, sagte sie. »Ich hoffe aber nicht.«
Connelly drehte sie zu sich herum und küsste sie zärtlich auf beide Schläfen.
»Ich bin vielleicht ’ne perfekte Ehefrau, was?«, sagte Lynn und hielt ihm die Lippen hin.
»Das bist du wirklich. Meine perfekte Ehefrau.«
Lynn lächelte, dann legte sie den Kopf erneut an seine Schulter.
Die Türklingel schlug an.
Connelly löste sich sanft von seiner Frau und ging durch den Korridor die Treppe hinunter. Hinter sich hörte er Lynns Schritte, die ihm langsam folgten.
Vor der Haustür stand ein Mann mit einem riesigen Paket.
»Mr. Connelly?«, sagte er. »Würden Sie bitte hier unterschreiben?«
Connelly schrieb seinen Namen auf eine Linie, dann nahm er das Paket an sich.
»Was ist es denn?«, fragte Lynn, als er dem Mann dankte und die Tür hinter sich schloss.
»Keine Ahnung. Möchtest du es aufmachen?« Connelly reichte ihr das Paket. Er schaute ihr lächelnd zu, als sie das Papier aufriss, in das es eingeschlagen war. Durchsichtiges Zellophan kam in sein Blickfeld, dann ein breites rotes Band, dann das blasse Gelb geflochtenen Strohs.
»Was ist das?«, fragte er. »Ein Obstkorb?«
»Es ist nicht einfach Obst«, sagte Lynn atemlos. »Schau dir mal das Etikett an! Es sind Rotbirnen aus Ecuador! Kannst du dir vorstellen, wie teuer die sind?«
Connelly lächelte, als er den Ausdruck auf dem Gesicht seiner Frau sah. Lynn aß leidenschaftlich gern exotische Früchte.
»Wer könnte uns das geschickt haben?«, fragte sie. »Ist keine Karte dabei?«
»Hier hinten steckt was, schau mal.« Connelly löste das Kärtchen aus Fäden und geflochtenem Stroh und las die aufgedruckten Worte vor. »Herzliche Glückwünsche zu Ihrem
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