Eden und Orion - Lichtjahre zu dir
Salzwasser in meiner Nase und in meinem Mund. Sogar in meinen Ohren. Ich dachte an Ryan. Dachte an das zähe, rote Blut über mir. Sah einen blauen Planeten, der in großen Spiralen an mir vorbeizog und in der Ferne verschwand. Das war das Ende. Ich wusste es. Ich war zu lange unter Wasser. Und das Licht noch zu weit weg. Aber Connor war in Sicherheit. Die Zukunft war gesichert. Der Planet würde fortbestehen.
Ryans Gesicht schwamm in meine Erinnerung. Du sollst mein letzter Gedanke sein, Ryan! Doch plötzlich: So viele Bilder in meinem Kopf. Eine Flut von Bildern. Das rote Haar meiner Mutter im Wind, das Foto von Connor an unserem letzten Schultag, eine Möwe am Himmel, majestätisch dahingleitend.
Dann ein stechender Schmerz in meinem Arm. Heftiges Ziehen. Licht, das in meinen Augen blendete. Kühle, salzige Luft. Kaltes Wasser in meinem Haar. Vollkommene Dunkelheit. Meine Lungen schmerzten. Gezerre an meinem Arm. Schmerzen im Schultergelenk. Wieder Dunkelheit.
Ich weiß nicht, wie lange es dunkel blieb.
Ich weiß nur noch, dass da plötzlich ein stechender Schmerz in meiner Schulter pulsierte. Wieder Salzwasser, wärmer jetzt. Salzwasser, das aus meinem Mund heraus- und nicht hineinlief. Meine Lungen brannten. Ich versuchte zu atmen. Vergeblich. Ein harter Schlag auf den Rücken. Mehr Wasser. Meine Augen brannten. Meine Nase blutete Salzwasser. Ich konnte nicht einatmen, weil immer noch Wasser aus meinem Mund floss. Stimmen! Entfernte Stimmen. Menschen um mich herum. Ich wurde hochgehoben. Wurde auf etwas Weiches gelegt und fortgetragen.
Dann wurde ich ohnmächtig.
Siebzehntes Kapitel
Um mich herum war es gleißend hell, als ich aufwachte, und am Fußende meines Bettes prüfte eine gut gelaunte Krankenschwester anscheinend meine Fieberkurve. Vorsichtig drehte ich den Kopf – und da saß er, direkt neben meinem Bett: Ryan. Seine Stirn lag in Sorgenfalten, aber seine braunen Augen strahlten hell und warm und seine Mundwinkel waren zu einem schiefen Lächeln hochgezogen. Ich wollte ihn berühren und streckte den Arm nach ihm aus, doch er war zu weit weg.
»Oh, du bist ja wach!«, sagte die Schwester fröhlich. »Dann wollen wir mal deinen Blutdruck messen! Ich gehe nur eben das Messgerät holen; bin gleich wieder da.«
Wenn das ein Traum war, hatte ich überlebt. Es sei denn, ich war gestorben und direkt im Paradies gelandet. Eigentlich glaube ich nicht an ein Leben nach dem Tod und den Himmel. Aber wenn es einen Himmel gäbe, dessen war ich mir in diesem Moment sicher, dann wäre Ryan dort. Ich lächelte still vor mich hin. Himmel, Traum oder Realität – was kümmerte mich das? Es sollte einfach nur so bleiben – und das möglichst für immer, damit ich sein wunderschönes Gesicht betrachten konnte.
»Guten Morgen, Dornröschen«, sagte Ryan.
»Träume ich? Oder bin ich im Himmel?«, fragte ich.
Er zog eine Augenbraue hoch.
»Mir ist es vollkommen egal, wo ich gelandet bin«, versicherte ich ihm schnell. »Hauptsache, du bist da!«
Ryan strich mir zärtlich das Haar aus den Augen. »Du träumst nicht«, antwortete er leise. »Und du bist auch nicht im Himmel.«
»Aber was ist das dann? Eine Halluzination? Habe ich Morphium bekommen?«
Ryan lächelte. »Nein, alles in Ordnung. Ich bin wirklich hier.«
»Das kann nicht sein. Du bist doch abgereist.«
»Ich bin zurückgekommen.«
Ich blinzelte. Er war immer noch da. Ich berührte seine Hand. Sie war warm und fühlte sich ganz wirklich an.
»Woran erinnerst du dich noch?«, fragte Ryan und streichelte mit dem Daumen über meinen Handrücken.
»An alles! Bis dahin, wo Travis meinen Kopf unter Wasser getaucht hat«, sagte ich. Dann kehrte die Erinnerung an Blut zurück. Viel Blut. Rosa Blutschaum um Travis’ Kopf herum. »Wo ist er?«, fragte ich.
»Travis ist tot«, antwortete Ryan.
»Wo ist es passiert? Im Wasser?«
Ryan nickte. »Er hatte eine schwere Gehirnerschütterung und ist dann ertrunken.«
Ich schüttelte den Kopf. »Das ist furchtbar.«
»Nein!«, Ryans Stimme klang fest, aber heiser. »So ist es das Beste. Er hätte dich getötet, Eden. Jetzt ist er tot, und du bist sicher.«
Er beugte sich zu mir und küsste mich zart auf den Mund. Genau in diesem Moment kam die muntere Krankenschwester zurück ins Zimmer, um mir den Blutdruck zu messen. Ryan machte ihr Platz.
»Zu viel Aufregung macht hohen Blutdruck«, sagte sie, kicherte und zwinkerte mir verschwörerisch zu.
»Darf ich jetzt nach Hause?«, fragte ich
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