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Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk

Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk

Titel: Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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Fuß der Bergwand aus meine Bewegungen betrachtet, und da er sah, in welcher Gefahr ich mich befand, hatte er sich nach Kräften bemüht, mir Mut einzuflößen, aber meine Geistesverwirrung war so groß, daß ich ihn gar nicht hörte, daß mir gar nicht zum Bewußtsein kam, wie einer da überhaupt zu mir sprach. Endlich sah er mich wanken und beeilte sich, mir entgegenzuklettern; er kam gerade recht, um mich vor dem Tod zu bewahren. Wäre ich mit meinem vollen Gewicht hinabgestürzt, so hätte der leinene Strick unfehlbar zerreißen müssen, ich wäre in die Tiefe geschleudert worden. So aber gelang es Peters, mich sanft aufzufangen; ich hing in Sicherheit an der Felswand, bis ich mein Bewußtsein wiedererlangt hatte. Das dauerte etwa eine Viertelstunde. Als ich zu mir kam, war meine Angst völlig geschwunden; ich fühlte mich wie neugeboren und erreichte, von meinem Gefährten leicht unterstützt, wohlbehalten den Fuß der Felsenwand.
    Wir befanden uns jetzt in der Nähe jener Klamm, die unseren Kameraden zum Grab geworden war, und zwar auf der südlichen Seite des Bergrutsches. Die Landschaft besaß eine eigentümliche Wildheit, und ihr Anblick rief mir die Schilderungen ins Gedächtnis, in denen die Reisenden das verheerte Babylon uns vor Augen zu führen suchen. Im Norden bildeten die Ruinen zerrissener Felswände einen chaotischen Hintergrund; in jeder anderen Richtung lag der Boden mit ungeheuren Schutthügeln bedeckt, die die Überbleibsel riesenhafter Bauwerke zu sein schienen, obwohl man in den Einzelheiten dieser Tumuli nur wenig Kunst zu bemerken vermochte. Schlacken waren in Menge verstreut; dazwischen ragten große, gestaltlose Blöcke schwarzen Granits, dann wieder Mergeltürme auf; alle diese Erhebungen waren metallisch getönt. Denn hier ist auch der Mergel schwarz; es gab auf der ganzen Insel keine lichtfarbige Substanz. Dieses riesenhafte Trümmerfeld zeigte weit und breit keine Spur eines Pflanzenwuchses. Ein paar erschreckend große Skorpione trieben darin ihr Wesen sowie einige Reptile, die man sonst in diesen Breiten nicht anzutreffen gewohnt ist.
    Wir mußten etwas zu essen haben, dies war das allerdringendste Gebot. So traten wir den Weg nach der Küste an, die etwa eine halbe Meile entfernt lag, um dort Jagd auf Schildkröten zu machen. Wir waren vielleicht hundert Ellen weit zwischen den Felsen und Schutthügeln behutsam vorgedrungen. Jetzt wanden wir uns um eine Ecke, da stürzten aus einer kleinen Höhle fünf Wilde über uns her, und ein Keulenschlag schmetterte Peters zu Boden. Die ganze Rotte warf sich auf das Opfer, so daß ich Zeit hatte, mich von meiner Überraschung zu erholen. Ich besaß noch die Muskete, aber beim Fall von der Bergwand war das Rohr beschädigt worden; daher ließ ich sie fahren und verließ mich ganz auf meine Pistolen, die ich in gutem Zustand wußte. Ich rückte den Angreifern damit auf den Leib; zwei fielen, und einer, der Peters gerade mit dem Speer durchbohren wollte, sprang auf, ohne sein Vorhaben auszuführen. Nun gab es weiter keine Schwierigkeiten mehr für uns. Mein Gefährte war befreit, hielt es aber für klüger, seine Pistole noch nicht abzufeuern; er verließ sich auf seine große Körperstärke; habe ich doch nie einen Menschen gekannt, der ähnliche Kräfte besessen hätte. Er entriß einem gefallenen Wilden die Keule und schlug damit den drei Übrigbleibenden die Schädel ein. Ein Schlag genügte für jeden von ihnen; sie waren augenblicklich tot; wir standen als Sieger auf dem Kampfplatz.
    Diese Ereignisse hatten sich so schnell vollzogen, daß wir kaum an ihre Wirklichkeit zu glauben vermochten, und wir beugten uns noch in einer Art dumpfen Staunens über die erschlagenen Feinde, als ein fernes Geschrei uns zur Besinnung brachte. Offenbar hatten unsere Schüsse die Wilden alarmiert, und wir konnten schwerlich unentdeckt bleiben. Um die Bergwand wieder zu erreichen, mußten wir uns nach der Richtung wenden, aus der die Rufe gekommen waren; und selbst wenn wir unbelästigt den Fuß der Anhöhe erreichten, konnten wir sie nicht erklettern, ohne gesehen zu werden. Unsere Lage war im höchsten Grade bedenklich, und noch zögerten wir, auf welchem Wege wir entfliehen sollten, als einer der Wilden, den ich getroffen und für tot gehalten hatte, behende aufsprang und sich anschickte, davonzulaufen. Wir holten ihn nach wenigen Schritten ein und wollten ihm schon den Garaus machen, als Peters den Einfall hatte, jener könne uns von Nutzen sein, falls wir

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