Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk
niedrig, wie gering sie seien), während das »Wir« von der »Blechschmiede« in riesigen Buchstaben gewissermaßen auf sie herab blickte. Das war doch zu bitter! Das war Wermut, das war Galle. Wenn ich eine dieser Zeitschriften gewesen wäre, so hätte ich alles dafür geopfert, der »Blechschmiede« einen Prozeß anzuhängen. Man hätte das Blatt auf Grund der Tierschutzgesetze in Anklagezustand versehen können. Was nun den »Oppodeldoc« (oder wer sich hinter diesem Pseudonym verbarg) anbetrifft, so hatte ich endlich alle Geduld mit dem Burschen verloren, und alle meine Sympathie für den Kerl war dahin. Ein Narr war er (wer sich auch hinter seinem Pseudonym verbarg) und hatte die erhaltenen Fußtritte alle wohl verdient.
Das Resultat meines Versuchs mit den alten Büchern überzeugte mich erstens, daß »Ehrlichkeit am längsten währt«, und zweitens, daß, wenn ich nicht besser schreiben könnte als Mr. Dante, die zwei Blinden und die übrigen alten Datteln, es doch immerhin schwer sein würde, schlechter zu schreiben. Ich faßte daher Mut und beschloß, von jetzt an mich nur mehr dem »völlig Originellen« (wie es auf dem Titelblatte der Zeitschriften heißt) zu widmen, wieviel Arbeit und Mühe mir auch immer die Durchführung dieses Entschlusses verursachen möchte. Und wieder hielt ich mir die glänzenden Verse über das »Bobsche Öl«, die dem Herausgeber der »Bremse« ihren Ursprung verdankten, vor Augen und beschloß, über das gleiche erhabene Thema eine Ode zu verfassen und so in Wettbewerb mit dem bereits bestehenden Meisterwerk zu treten.
Die Niederschrift der ersten Zeile ging ohne Schwierigkeit vonstatten. Sie lautete:
Über das »Prachtöl des Herrn Bob« ...
Nachdem ich nun aber mit alleräußerster Sorgfalt alle passenden Reimworte auf »Bob« durchgegangen war, saß ich fest. In dieser Schwierigkeit nahm ich Zuflucht zu meinem Vater, und nach einigen Stunden tiefen Nachdenkens selten mein Vater und ich den Text folgendermaßen fest:
Über das »Prachtöl des Herrn Bob«
Eine Ode zu schreiben, lohnt sich gottlob!
(Unterschrift) Snob.
Gewiß ist, daß dieses Kunstwerk nicht allzu lang war, doch mir muß, wie die »Edinburgh Review« zu sagen pflegt, »erst bewiesen werden«, daß die bloße Länge einer literarischen Schöpfung etwas mit ihrem Werte zu tun hat. Was nun das zunftmäßige, immer wiederholte Getue über »dauernde Anspannung« betrifft, so kann ich dem Ausdruck mit dem besten Willen keinen Sinn abgewinnen. Im großen ganzen war ich also mit dem Ausfall meiner Jungferndichtung zufrieden, und nun war die einzige Frage, wie ich sie verwenden sollte. Mein Vater schlug vor, sie an die »Bremse« zu schicken; aber zwei Gründe hielten mich von der Befolgung dieses Rates ab. Ich fürchtete die Eifersucht des Redakteurs, und ich hatte herausgebracht, daß er für Originalbeiträge nichts bezahlte. Ich bestimmte daher nach reiflicher Erwägung den Beitrag für die würdevolleren Spalten des »Honigsüßen« und wartete das Ergebnis dieses Schrittes etwas unruhevoll zwar, doch mit Ergebung ab.
Mit stolzer Befriedigung fand ich in der nächsten Nummer mein Gedicht unverkürzt an der Stelle des Leitartikels abgedruckt. Beigefügt waren, in Kursivdruck und zwischen Klammern, noch die folgenden so bezeichnenden Worte:
»(Wir möchten die Aufmerksamkeit unserer Leser auf die unten abgedruckten bewundernswerten Verse über das ›Bobsche Öl‹ hinlenken. Es wäre überflüssig, ein Wort über ihre Erhabenheit oder über den Pathos, der aus ihnen spricht, zu verlieren. Niemand kann sie wohl trockenen Auges lesen. Diejenigen, die sich vor einiger Zeit durch eine traurige Stilprobe über denselben herrlichen Gegenstand aus dem Gänsekiel des Redakteurs der ›Bremse‹ angeekelt fühlten, mögen abwägen und vergleichen.
P.S. Wir zittern vor Begierde, das Geheimnis zu durchdringen, das offenbar unter dem Pseudonym ›Snob‹ verborgen liegt. Dürfen wir auf den Vorzug eines persönlichen Interviews hoffen?)«
Dies alles war nicht mehr als gerecht, doch überraschte es mich, offen gestanden, da ich nicht so viel erwartet hatte – ein Geständnis, das ich zur Schande der undankbaren Menschheit im allgemeinen und meines Vaterlandes im besonderen nicht verheimlichen kann. Immerhin verlor ich keine Zeit und besuchte den Herausgeber des »Honigsüßen«. Ich hatte das Glück, den Herrn zu Hause zu treffen. Er begrüßte mich mit allen Zeichen großen Respekts, der eine kleine Beimischung
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