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Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk

Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk

Titel: Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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der Beachtung. Lautlos stille ward‘s im Zimmer,
    Bis ich traumhaft, abgebrochen (halb gedacht und halb gesprochen)
    Raunte: »Andre Freunde gingen, morgen hebt auch er die Schwingen,
    Läßt dich wieder in Umnachtung.« Da vernahm ich deutlich »Nimmer.«
    Deutlich und verständlich: »Nimmer.«

    Stutzig über die Repliken, maß ich ihn mit scheuen Blicken,
    Sprechend: Dies ist zweifelsohne sein gesamter Schatz an Worten,
    Einem Herren abgefangen, dem das Unglück nachgegangen,
    Nachgegangen, nachgelaufen, bis er auf dem Trümmerhaufen
    Seines Glücks dies monotone »Nimmer« seufzte allerorten,
    Jederzeit und allerorten.

    Doch der Rabe lieb possierlich würdevoll, und unwillkürlich
    Mußt‘ ich lächeln ob des Wichtes: Alsdann mitten in das Zimmer
    Einen samtnen Sessel rückend und mich in die Polster drückend,
    Sann ich angesichts des grimmen, dürren, ominösen, schlimmen
    Künders göttlichen Gerichtes, über dieses dunkle »Nimmer«,
    Dieses rätselhafte »Nimmer.«

    Dies und anderes erwog ich, in die Traumeslande flog ich,
    Losgelöst von jeder Fessel. Von der Lampe fiel ein Schimmer
    Auf die violetten Stühle, und auf meinem samtnen Pfühle
    Lag ich lange, traumverloren, schwang mich auf zu Leonoren,
    Die in diesen samtnen Sessel nimmermehr sich lehnet, nimmer,
    Nimmer, nimmer, nimmer, nimmer.

    Plötzlich ward es in mir lichter und die Luft im Zimmer dichter,
    Als ob Weihrauch sie durchwehte. Und an diesem Hoffnungsschimmer
    Mich erwärmend, rief ich: »Manna, Manna, schickst du Gott, Hosianna;
    Lob ihm, der die Gnade spendet, der dir seine Engel sendet!
    Trink, o trink aus dieser Lethe und vergiß Lenore! –»Nimmer!«
    Krächzte da der Rabe. »Nimmer!«

    »Nachtprophet, erzeugt vom Zweifel, seist du Vogel oder Teufel,
    Triumphierend ob der Sünder Zähneklappern und Gewimmer
    Hier, aus dieser dürren Wüste, dieser Stätte geiler Lüste,
    Hoffnungslos, doch ungebrochen, und noch rein und unbestochen,
    Frag‘ ich dich, du Schicksalskünder: Ist in Gilead Balsam?« – »Nimmer«,
    Krächzte da der Rabe, »nimmer!«

    »Nachtprophet, erzeugt vom Zweifel, seist du Vogel oder Teufel –
    Bei dem göttlichen Erbarmen, lösch nicht diesen letzten Schimmer!
    Sag‘ mir, find ich nach dem trüben Erdenwallen einst dort drüben
    Sie, die von dem Engelschore wird geheißen Leonore?
    Werd‘ ich sie dort einst umarmen, meine Leonore?« – »Nimmer«,
    Krächzte da der Rabe, »nimmer!«

    »Feind, du lügst, heb‘ dich von hinnen«, schrie ich auf, beinah von Sinnen,
    »Dorthin zieh, wo Schatten wallen unter Winseln und Gewimmer,
    Kehr‘ zurück zum dunklen Strande, laß kein Federchen zum Pfande
    Dessen, was du prophezeitest, daß du diesen Ort entweihtest,
    Nimm aus meiner Brust die Krallen, hebe dich von hinnen«! – »Nimmer«,
    Krächzte da der Rabe, »nimmer!«

    Und auf meinem Türgerüste, auf der bleichen Pallasbüste,
    Unverdrossen, ohn‘ Ermatten, sitzt mein dunkler Gast noch immer.
    Sein Dämonenauge funkelt und sein Schattenriß verdunkelt
    Das Gemach, schwillt immer mächt‘ger und wird immer grabesnächt‘ger –
    Und aus diesen schweren Schatten hebt sich meine Seele nimmer,
    Nimmer, nimmer, nimmer, nimmer –.

An Zante

    O schönes Eiland, das den holden Namen
    Der Blumen allerlieblichster entlehnt,
    Du weckst in meiner Seele wundersamen
    Erinnerungszauber, den ich tot gewähnt.
    Wie viele Stätten namenloser Wonnen,
    Wie viele Schatten von verwehten Träumen,
    Verlor‘nen Hoffnungen, wieviel Visionen
    Von ihr, von ihr, die unter diesen Bäumen
    Nie mehr verweilt! Nie mehr! Weh, dieses Wort
    Magischen, dunklen Lauts verwandelt dich,
    Hin ist dein Zauber – ein verfluchter Ort
    Ist dein Gestade fürderhin für mich,
    O Hyazintheninsel, goldne Zante,
    Isola d‘oro, fior‘ di Levante!

Traumland

    Jenseits des Raums, jenseits der Zeit
    Dehnet sich wild, dehnet sich weit
    Ein dunkles Land.
    Auf schwarzem Thron
    Regiert ein Dämon,
    Die Nacht genannt.

    Auf einem Wege, traurig und einsam,
    Mit bösen Engelscharen gemeinsam,
    Erreichte ich neuerdings
    Dies entlegene Thule.
    Durch Heiden ging‘s,
    Durch Sümpfe und Pfuhle –
    Da, jenseits der Zeit und jenseits des Raums
    Lag es verzaubert, das Land des Traums.

    Stürzende Berge, gähnende Schlünde,
    Titanenwäler, gespenstische Gründe,
    Wallende Meere ohne Küsten,
    Felsen mit zerrissenen Brüsten,
    Wogen, die sich ewiglich bäumen,
    In lodernde Feuerhimmel schäumen.
    Seen, die sich dehnen und recken,
    Ihre stillen Wasser ins

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