Edgar und die Schattenkatzen (German Edition)
gesehen?« Edgar stand der Mund offen, während er die Wolke aus bunten Faltern beobachtete. »Was ist das?« Eigentlich wusste er die Antwort schon, bevor Leyla etwas sagte.
»So kommen sie doch frei, die Seelen der Katzen …« Sie drehte den Kopf, um dem Schwarm nachzuschauen, der sich in Richtung Parktor entfernte. »Das kann nur bedeuten, dass der Schlächter tot ist.«
Stumm blickten die Katzen auf die brennende Villa. Schließlich räusperte sich Algernon.
»Sollten wir nicht langsam aufbrechen? Was meint ihr?« Niemand hatte etwas dagegen.
Sie liefen über den Schnee. Sue war noch immer völlig überdreht, und Edgar fragte sich, wann sie sich wohl beruhigen würde. Algernon lief ein paarmal in sie hinein, weil sie unvermutet stehen blieb oder sich rückwärtsbewegte.
»Beim räudigen Rattenschwanz!«, fauchte er. »Kannst du nicht anständig laufen wie eine normale Katze?«
Leyla sah Algernon nachdenklich an. »Was verstehst du unter einer normalen Katze, Al? Wir sind alle nicht normal – und schon gar nicht nach dieser Nacht.«
»Da hast du auch wieder recht«, brummte Algernon und ließ Sue in Ruhe.
Die getigerte Katze tanzte im Schnee.
Edgar warf einen Blick zurück auf die brennende Villa. Nie würde er den Anblick vergessen. Und er würde sich auch immer daran erinnern, was in der Nacht geschehen war.
Gemeinsam hatten sie dieses Abenteuer bestanden, und jeder hatte seinen Teil dazu beigetragen. Einer allein hätte den Schlächter bestimmt nicht besiegen können. Sie waren schon ein tolles Team …
Edgar stellte fest, dass er Emma nicht mehr so sehr vermisste wie am Anfang. Er hatte eine neue Familie gefunden, und sie würden noch viel zusammen erleben. Ganz sicher!
Während die vier Katzen müde und erschöpft in ihr Kellerloch schlüpften, um sich nach dem nächtlichen Abenteuer ein Nickerchen zu gönnen, geschah auf dem alten Friedhof etwas sehr Ungewöhnliches.
Es wimmelte auf den Mauern und Gräbern von Schattenkatzen. Manche liefen nervös hin und her, andere saßen nur da und warteten. Es war totenstill. Die Schneedecke glitzerte im Sternenlicht.
Plötzlich bewegte sich etwas in der Luft. Von Osten kam die Wolke bunter Falter und schwebte über den Friedhof. Dann teilte sich der Schwarm, jeder Falter flog auf einen bestimmten Platz zu und setzte sich in den Schnee.
Auch die Schattenkatzen verteilten sich. Zu manchem Falter gesellten sich drei oder fünf Katzen, zu manchen nur eine oder zwei. Sie nahmen still neben dem jeweiligen Schmetterling Platz, ohne nach ihm zu greifen. Und sie warteten.
Die Nacht verging.
Als sich der erste Lichtstreif am Himmel zeigte und sich die Vögel im Gebüsch zu regen begannen, war die Schneedecke an vielen Stellen aufgewühlt. Die Falter und Schattenkatzen waren verschwunden.
Stattdessen spazierten zahlreiche Katzen über den alten Friedhof: rote, getigerte, schwarze und gefleckte, dünne und dicke, große und kleine.
Mit dem Tod des Schlächters waren die Katzenseelen zu ihren Besitzern heimgekehrt. Und weil keine Schwarze Magie mehr über die Schattenkatzen gebot, hatten sich die Geisterkatzen in das zurückverwandelt, was sie ursprünglich gewesen waren: in Lebensenergie.
Eine junge getigerte Katze hockte auf der Mauer und starrte in die aufgehende Sonne. Ein grauer Kater gesellte sich zu ihr.
»Hungrig, Lizzy?«
»Na und wie! Als hätte ich schon lange nichts mehr gefressen!«
»Dann wollen wir den neuen Tag mal nutzen! Los, komm!«
Impressum
Arold, Marliese:
Edgar und die Schattenkatzen
ISBN 978 3 522 61018 6
Einbandgestaltung: Hauptmann & Kompanie, Zürich
E-Book-Konvertierung: KCS GmbH, Buchholz/Hamburg
© 2013 by Thienemann Verlag
(Thienemann Verlag GmbH), Stuttgart/Wien
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ISBN 978 3 522 61021 6
New York, 1877: In der Dark Street, einer
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