Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze
um, ohne ein Wort zu sagen, und verließ das Zimmer schnell.
Die Beiden sahen sich an, und Jim entdeckte in Valeries Blick einen Ausdruck von Angst und Furcht, der ihm ins Herz schnitt.
56
D ie Hunde waren nicht mehr in Garre. Eines Morgens war ein Hundezüchter gekommen, hatte sie an die Leine gelegt und mit sich fortgenommen. Das ganze Personal von Garre Castle atmete erleichtert auf. Abel Bellamy, der seinen Sekretär bei seiner Rückkehr begrüßte, erzählte ihm nur kurz, daß sie fortgebracht wären.
»Ich habe sie weggeschickt« erklärte er. »Es waren schlechte Hunde, die sich betäuben ließen. Savini, ich brauche eigentlich eine Frau hier, die nach dem Haushalt sehen könnte. Ich möchte keinen Hausmeister mehr engagieren, aber es muß jemand die Dienstboten bei der Arbeit beaufsichtigen. Würden Sie nicht Ihre Frau nach Garre bringen?«
Zuerst wollte Julius ablehnen.
»Meine Frau wird wahrscheinlich die Stellung eines Hausmeisters nicht übernehmen wollen, sie wäre ja nicht mehr als ein besserer Dienstbote.«
»Fragen Sie nur« sagte der alte Bellamy kurz.
Julius schrieb an Fay und hatte nie geglaubt, daß sie annehmen würde. Zu seiner großen Überraschung beantwortete sie seinen Brief durch einen Besuch und brachte schon ihr ganzes Gepäck mit.
»Ich bin das Alleinsein müde« sagte sie, »und ich möchte doch auch gar zu gerne einmal diesen Geist sehen, Julius. Ich habe alte Schlösser und Burgen gern. Es ist zwar nicht so schön wie in Holloway, aber man hat hier doch größere Freiheit.«
Julius zuckte zusammen. Es gab Augenblicke, in denen er nicht daran erinnert werden wollte, daß seine Frau jemals im Gefängnis gesessen hatte.
Er nahm sie mit in die Bibliothek, damit sie Bellamy begrüßen konnte. Der Alte schien nicht einmal überrascht zu sein, daß sie so schnell gekommen war. Er war sehr höflich, sogar liebenswürdig zu ihr und übergab ihr die Schlüssel der Burg. Aber dann warnte er sie auch.
»Ich habe einen Wachtmann, der nur in der Nacht Dienst tut. Sie müssen sich keine Gedanken machen, wenn Sie nachts Geräusche hören. Er schläft am Tage, und Sie werden ihn nicht zu sehen bekommen.«
Als Fay in ihrem Zimmer war, versuchte sie, noch mehr über diesen nächtlichen Wanderer zu erfahren.
»Ich weiß auch nicht, wer es ist« antwortete Julius. »Der Alte hat mir dasselbe gesagt. Vermutlich ist es irgendein Meuchelmörder, ein Kerl, den er angestellt hat, um den Grünen Bogenschützen unschädlich zu machen.«
Am Abend las Julius den Bericht über die Totenschau.
»Jetzt weiß ich, wer der geheimnisvolle mitternächtliche Wanderer ist« sagte er plötzlich. »Es kann kein anderer als Lacy sein.«
Fay gab ihm recht.
Daß weder sie noch Julius eine Vorladung zur Leichenschau erhalten hatten, war ihr unverständlich. Aber sie fand schließlich eine Erklärung, als sie auf der Kante ihres Bettes saß, eine Zigarette rauchte und sich die Sache durch den Kopf gehen ließ.
»Featherstone hat alles unterdrückt, um Bellamys Namen nicht mit dem Fall zu verknüpfen.«
»Warum denn?« fragte Julius erstaunt. »Das ist doch das Letzte, was Featherstone tun würde. Er will doch gerade Bellamy fassen!«
»Du bist sehr schlau, Julius, aber du könntest als Diplomat niemals dein Vaterland im Ausland vertreten. Das ist nicht deine starke Seite. Nahmen wir an, Featherstone hätte den alten Teufel vor Gericht gestellt – woher hätte er denn die Beweise gegen ihn nehmen sollen? Und wie hätte er ihn zur Rechenschaft ziehen können, ohne die ganze Sache mit Valerie Howett aufzurollen? Und ich weiß ganz sicher, daß sie und Bellamy in eine große, geheime Geschichte verwickelt sind. Warum hätte sie dir denn sonst soviel Geld gegeben, bloß um ein paar Informationen über ihn zu bekommen?«
Sie schlüpfte ins Bett, zog die Knie hoch und grübelte angestrengt nach.
»Ich habe mir alles überlegt, Julius. Warum wollte er eigentlich, daß ich hierherkommen sollte?«
»Das mag der Himmel wissen. Vielleicht kann er einen gewissen Einfluß auf mich ausüben, wenn du hier bist.«
Sie antwortete nicht, und er war schon halb eingeschlafen, als sie wieder zu sprechen begann.
»Vielleicht war Holloway doch sicherer« meinte sie. Julius brummte unzufrieden etwas vor sich hin.
Fay verbrachte die erste Nacht in Garre Castle nicht besonders gut. Um drei Uhr wachte sie auf und konnte nicht wieder einschlafen. Einmal ging auch jemand an der Tür vorbei. Es war ein geheimnisvolles Schlürfen,
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