Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze
Valerie Howett als mit der Aufklärung des Mordes beschäftigt, der an diesem Tag das Hauptgesprächthema Londons war. Trotzdem er alle Zusammenhänge zu verstehen glaubte, war ihm doch die Anwesenheit Valeries in Creagers Pflanzung äußerst unangenehm.
In Wirklichkeit hatte er sie überhaupt nicht dort gesehen, er hatte sie nur bemerkt, als sie hineinging, und als sie wieder herauskam. Alles, was sie in der Zeit zwischen drei Uhr nachmittags und acht Uhr abends getan hatte, als sie aus ihrem Versteck wieder herauskam, wußte er nicht. Er hoffte, daß sie ihm alles erzählen würde, wenn er sie mit der Mitteilung überraschte, daß er sie beobachtet hatte. Auch glaubte er, daß seine amtliche Stellung, die er ihr verriet, Eindruck auf sie machen würde. Aber statt dessen war sie nur noch verschlossener geworden.
Er wußte von Howett, daß sie jemand suchte. Wer diese Persönlichkeit war und unter welchen Umständen sie verschwand, war ihm noch ebenso unklar wie früher. Er hatte zwei Monate fieberhafter Tätigkeit hinter sich, während der er diese schöne junge Dame beobachtet hatte. Ihr rastloser Forschungstrieb hatte sie manchen Weg geführt, dessen Gefahren sie nicht ahnte. Wer war diese Mrs. Held und weshalb suchte Valerie sie?
Er kannte Mr. Howett genau und war ihm sowohl diesseits wie jenseits des Atlantischen Ozeans begegnet. Er war Witwer und aus seiner Ehe war nur ein Kind hervorgegangen. Hätte Valerie eine Schwester gehabt, dann wären diese Nachforschungen etwas Selbstverständliches gewesen. Aber wer konnte denn Valerie Howett so wichtig sein, daß sie das Geld mit offenen Händen ausgab und diese gefährlichen Streifzüge wagte, die selbst ihm einen Schauder einjagten, wenn er daran dachte. Es konnte keine gewöhnliche Freundin sein, und es wäre alles verständlicher gewesen, wenn es sich um einen Mann gehandelt hätte.
Er überlegte sich dieses Problem immer wieder, aber er kam keinen Schritt weiter. Unerwartet sah er plötzlich eine alte Freundin, und sofort waren alle Gedanken an Valerie verschwunden. Er ging mit schnellen Schritten quer über den Rasen und trat auf eine elegant gekleidete Dame zu, die langsam spazieren ging und einen kleinen Hund an der Leine führte. In ihrer äußeren Erscheinung glich sie vollkommen den vornehmen Damen, die in einer Straße in der Nähe des Parks wohnten.
»Ich dachte schon, ich hätte mich geirrt« sagte Jim liebenswürdig. »Wie geht es Ihnen, Fay?«
Sie schaute ihn verständnislos an und hob ihre sorgfältig nachgezogenen Augenbrauen.
»Ich fürchte, daß ich nicht den Vorzug Ihrer Bekanntschaft habe« sagte sie kühl und sah sich um, als ob sie einen Polizisten suchte.
Jim Featherstone amüsierte sich so sehr über sie, daß er zuerst nicht sprechen konnte, weil er sonst laut hätte lachen müssen.
»Fay, Fay« sagte er vorwurfsvoll. »Steigen Sie doch von Ihrem hohen Postament herunter und seien Sie menschlich. Wie geht es denn all den guten Leuten Ihrer vornehmen Bekanntschaft? Jerry ist, soviel ich weiß, noch im Gefängnis, und die übrigen verbergen sich in Paris, nicht wahr?«
Sie schüttelte ungeduldig den Kopf.
»Mein Gott, Featherstone! Es ist wirklich schlimm, daß eine Dame nicht einmal mit ihrem Hündchen ein wenig spazieren gehen kann, ohne von einem Oberspitzel angepöbelt zu werden!«
»Ihre vulgäre Ausdrucksweise ist wirklich schlimm« erwiderte Featherstone in guter Laune. »Ich hörte jüngst eine Neuigkeit von Ihnen, die mich sehr in Erstaunen setzte.«
Sie schaute ihn an. Argwohn und Missfallen sprachen aus ihrem Blick.
»Was haben Sie denn gehört?«
»Man erzählte mir, Sie hatten sich verheiratet und sich kirchlich und zivil trauen lassen. Wer ist denn der glückliche Mann?«
»Sie träumen« sagte sie verächtlich. »Die Beamten von Scotland Yard glauben nur zu gern alles Böse von anderen Leuten. Nein, ich bin nicht verheiratet, Featherstone, obgleich ich nicht weiß, was passieren würde, wenn Sie mich so sehr in die Enge treiben. Ich habe immer eine Schwäche für Ihren Typ gehabt. Ich liebe diese Leute besonders, sie sind nicht so schlau wie die häßlichen.«
Sie schaute ihn unter dunklen Augenlidern verheißungsvoll an.
»Was sagen Sie dazu, Featherstone?« meinte sie halb spöttisch.
»Ich möchte Sie nicht gern enttäuschen, Fay, aber ich müßte doch erst meine Familie um Rat fragen. Aber im Ernst, wer ist denn der glückliche Mann?«
»Es gibt wirklich niemand auf der Welt, der gut genug für mich ist.
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