Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze
aufstand, aber ich habe niemals den Schlüssel entdecken können. Daraus schließe ich, daß er ihn mit ins Bett nimmt.«
»Teilen Sie mir sofort mit, wenn sich etwas Neues ereignen sollte. Hat er neue Hunde bekommen?« fragte sie mit einem Lächeln, als sie sich erhob. »Es ist ja nun auch für Sie leichter, mir Nachrichten zukommen zu lassen, da ich in Lady’s Manor wohne. Sie brauchen nur ein kleines Briefchen über die Mauer zu werfen.«
Plötzlich hörten sie von draußen aufgeregte und böse Stimmen. Die Tür wurde heftig aufgerissen, und eine Frau erschien in der Öffnung. Ihr Gesicht war rot vor Zorn, ihre Augen schossen Blitze, und es dauerte einige Zeit, bis sie sich soweit beherrschte, daß sie sprechen konnte. Valerie war erstaunt und entsetzt.
»Ich möchte nur wissen, was Sie hier mit meinem Manne zu tun haben, Miss Howett?« fragte sie mit einer schrillen Stimme, die sich überschlug.
»Mit Ihrem Mann?« fragte Valerie und schaute von der Frau zu Julius, der ein bedrücktes Gesicht machte.
»Aber meine Liebe, es ist doch alles in Ordnung. Ich habe diese Dame hier getroffen, um geschäftlich mit ihr zu verhandeln« wandte Julius ein.
»Was, geschäftlich zu verhandeln?« Fay hatte die Hände in die Hüften gestemmt und sah ihren Mann wütend an. »Das ist eine schöne Geschichte – du bist hierhergekommen, um über Geschäfte zu reden? Konntest du sie denn nicht in ihrem Hotel treffen? Weswegen schleichst du dich denn hier herum?«
Valerie hatte ihre Selbstbeherrschung wiedergewonnen.
»Ach, das ist Ihre Frau, Mr. Savini?« fragte sie.
»Was, sie fragt noch, ob ich seine Frau bin?« fuhr Fay los. »Ja, ich kann mit allem Recht sagen, daß ich es bin! Julius, du bist mir ein schöner Bursche! Er kann immer nicht kommen, um mich zu sehen, weil er so viel in Garre zu tun hat!« schrie sie aufgebracht. »Du gemeiner Lügner!«
»Nun höre doch zu, ich kann dir ja alles erklären! Ich war gerade auf dem Weg zu dir – ich schwöre es! Ich mußte doch mit Miss Howett erst eine geschäftliche Angelegenheit regeln.«
»Und dann kommt Miss Howett allein hierher, um dich in geschäftlichen Angelegenheiten zu sprechen?« fragte sie ironisch und kam aufs neue in Wut. »Geht sie denn ohne Begleitung in ein Lokal wie El Moro’s? Natürlich ist sie allein gekommen!«
»Selbstverständlich ist sie nicht allein gekommen!« ertönte eine kräftige Männerstimme von der Tür her. »Miss Howett kam mit mir.«
Fay Clayton fuhr herum und wurde plötzlich ganz klein.
»Ach so« sagte sie verlegen.
»Wir müssen doch immer zusammenstoßen, Fay« sagte Captain Featherstone ironisch. Dann wandte er sich zu der erstaunten Valerie. »Ich wollte Sie eben fragen, wie lange Sie noch hier bleiben wollen, Miss Howett? Sie haben doch nicht vergessen, daß Sie um vier Uhr eine Verabredung haben?«
Valerie nahm ihren Pelz auf und folgte Jim die Treppe hinunter. Sie war bestürzt und ärgerlich, und es war echt weiblich von ihr, daß sich ihre Wut nicht gegen Julius oder seine Frau richtete, sondern gegen den Mann, der ihr wieder einmal zur rechten Zeit zu Hilfe kam.
20
J im Featherstone geleitete Valerie zu dem Automobil und setzte sich in ihren Wagen, ohne daß sie ihn dazu aufforderte.
»Es gibt Plätze, wohin Sie gehen dürfen, und andere, wohin Sie nicht gehen dürfen. Als Ihr nachsichtiger Beschützer kann ich es nicht dulden, daß Sie sich in einem Lokal wie El Moro’s sehen lassen. Dieses Haus hat einen sehr bösen Ruf und wird von allerhand verbrecherischen Elementen besucht. Ich werde mir den guten Julius noch kaufen, wenn ich mit ihm unter vier Augen bin, daß er es überhaupt gewagt hat, Sie dorthin zu führen.«
»Es war mein Fehler, denn ich bat ihn, eine Stelle ausfindig zu machen, wo mich niemand kennt und wo wir sicher und allein sprechen können.«
»Dann würde ich Ihnen raten, in Zukunft auf den Turm der St. Pauls Cathedral zu steigen oder in die Grabkirche der Westminster-Abbey zu gehen – das sind beides Plätze von tadellosem Ruf.« Aber dann fuhr er in anderm Ton fort: »Julius hat Ihnen natürlich Nachrichten über Bellamy und seinen Haushalt gebracht. Das habe ich schon lange vermutet. Ich warne Sie aber, Miss Howett, denn ich bin davon überzeugt, daß dieser Mann, obwohl er Ihnen bis zu einem gewissen Grade mehr oder weniger ehrlich dient, doch auch nicht zögern wird, Sie an Bellamy zu verraten. Er arbeitet auch für eigene Rechnung.«
»Ich weiß das« sagte sie ruhig. »Vermutlich
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