Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze
hatten sie durchstöbert, die Kerker waren durchsucht, aber man hatte kein Geheimnis entdeckt.
Jim ließ Savini holen, dessen olivenfarbenes Gesicht aschfahl war. Seine herabgezogenen Mundwinkel zeigten eine verzweifelte Stimmung.
»Das bringt mich in eine furchtbare Lage« jammerte er. »Der Alte wird denken, ich hätte alles schon vorher gewußt und Sie gekannt –«
»Stimmt das nicht?« fragte Jim lächelnd. »Aber machen Sie sich keine Sorge. Wenn er etwas sagen und Ihnen Vorwürfe machen sollte, können Sie ja sagen, daß ich Sie gezwungen habe, den Mund zu halten. Aber vor allen Dingen müssen Sie Ihren schlechten Ruf bessern, den Sie jetzt bei Spike Holland genießen. Soviel ich weiß, haben Sie dem geschworen, daß ich nicht der neue Hausmeister sei. Da haben Sie sich ausnahmsweise einmal vornehm benommen« sagte er ironisch und klopfte Julius auf die Schulter. »Nun können Sie aber unserem lieben Freund Bellamy einen großen Gefallen tun und ihn in gute Stimmung bringen, wenn Sie zu ihm gehen und ihm berichten, daß wir nichts gefunden haben und daß alles in Ordnung ist.«
Abel Bellamy kam triumphierend zur Bibliothek zurück. Sein Blick sprach von Genugtuung, und ein stolzes Lächeln spielte um seinen Mund.
»Haben Sie die Frau gefunden – Mrs. – wie war doch gleich ihr Name?«
»Nein, sie ist nicht hier. Es ist aber auch möglich, daß die Pläne der Burg alle falsch sind und daß es noch Geheimräume gibt, die wir nicht gesehen haben.«
»Sie bilden sich natürlich ein, daß sie hier ist« höhnte Bellamy. »Sie haben zuviel Detektivgeschichten gelesen, Mr. Featherstone – das tut nicht gut, davon bekommt man phantastische Ideen in den Kopf! Außerdem werden Sie in einiger Zeit von meinen Rechtsanwälten hören!«
»Ich freue mich, daß Sie so ehrenwerte Leute in Ihre Dienste nehmen« erwiderte Jim. »Hier sind Ihre Schlüssel –« Er streckte die Hand aus, aber er hätte sie beinahe fallen lassen, denn er hörte einen Schrei, der ihn erstarren ließ.
Alle hörten ihn – Bellamy, Julius Savini und Jackson, der Detektiv. Es war ein dünner, angstvoller Klang, der in einem erschütternden Schluchzen endete.
Der Ton, in dem sich die entsetzliche Angst einer Frau ausdrückte, kam von irgendwoher und durchzitterte den großen, schweigenden Raum.
Jim Featherstone lauschte und sein Herz drohte stillzustehen.
»Was war das?« fragte er heiser.
33
B ellamys Blick schweifte ins Leere, dann wandte er sich langsam zu Jim um.
»Das sind vermutlich die Wasserrohre – sie machen gewöhnlich ein solches Konzert, wenn wir die Zentralheizung anstellen.«
Jim wartete, ob sich der Schrei wiederholen würde, aber es blieb ruhig.
Er sah Bellamy scharf an, aber der hielt seinen Blick ruhig aus, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Was für ein Raum liegt hier drunter?« fragte er und zeigte auf den Fußboden.
»Hier drunter liegt kein Raum, die Kerker fangen erst unter der Halle an. Es führte von hier aus eine Treppe hinunter, die ist aber zugemauert worden.«
Jim ging aus der Bibliothek und untersuchte die Kerker persönlich. Er ging auch zu den tieferliegenden Zellen, aber er konnte nichts entdecken. Er fand nur den Abstieg der zugemauerten Treppe, von der Bellamy eben gesprochen hatte.
Er breitete den alten Grundriß der Burg auf dem Fußboden aus und überlegte.
Dem Plan nach stand die Bibliothek auf festem Boden – aber das wollte nicht viel bedeuten, denn er hatte schon viele Abweichungen festgestellt. Der Plan war sicher nur nach allgemeinen Angaben gezeichnet worden, ohne daß die Räume genau nachgemessen wurden. Die unteren Kerkerzellen waren überhaupt nicht eingetragen.
Er war noch mit diesen Untersuchungen beschäftigt, als er wieder einen schwachen Laut hörte. Als er aufschaute, sah er ein schwarzes, eisernes Rohr in einer Ecke des gewölbten Raumes. Er wartete und hörte wieder ein Geräusch, das wie ein klagender Seufzer klang. Es waren nicht dieselben Laute, die er vorhin in der Bibliothek vernommen hatte, aber Bellamys Erklärung konnte immerhin stimmen.
Enttäuscht ging er nach oben.
»Nun, haben Sie die Wasserleitung verhaftet?« fragte Bellamy ironisch. »Ich würde mich freuen, wenn Sie den Rohrleger festnehmen wollten, der die Röhren hier installiert hat, Mr. Featherstone.«
Jim lächelte, obgleich er nicht sehr fröhlich gestimmt war.
Die Polizeibeamten gingen quer durch den Park zurück zu dem Pförtnerhaus, Jim war der letzte.
»Hallo!«
Bellamy winkte ihn
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