Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze
benützen. Ich habe einen Freund in Lissabon, der für mich Passage belegen kann, einen portugiesischen Paß besitze ich auch.«
»Was soll denn aus der Wohnung werden?« fragte sie. »Ich könnte doch die Möbel verkaufen?«
»Du wirst dich schwer hüten, etwas zu verkaufen« rief er wild. »Die halbe Polizei wäre uns auf dem Hals, bevor du auch nur das kleinste Stück los wärest!«
»Aber die Einrichtung kostet doch mindestens vier- bis fünfhundert Pfund« protestierte sie.
Die Höhe der Summe machte doch Eindruck auf Julius.
»Dann werde ich allein reisen, das ist vielleicht auch besser. Du kannst ja in einigen Monaten nachkommen. Dir wird es ja leicht sein, diesen Spürhunden zu entgehen. Fahre zuerst nach New York, dann nach Rio hinunter. Ich werde dir stets Nachricht an den alten Platz geben.«
Unter dem alten Platz verstand er El Moro’s, wo jeden Tag viele Briefe mit merkwürdigen Adressen ankamen und unter allerhand Vorsichtsmaßregeln heimlich abgeholt wurden.
Nach seiner Rückkehr nach Garre ging Julius in sein Zimmer. Im Hause war schon alles zur Ruhe gegangen. Er zog den Scheck aus seiner Brieftasche und füllte ihn für hunderttausend Dollars aus – das Depot Abel Bellamys war in Dollar eingezahlt, denn zu der Zeit stand das Pfund dem Dollar gegenüber niedrig im Kurs.
»Ich muß Sie morgen zur Stadt schicken, damit Sie Geld holen« sagte Bellamy am nächsten Morgen zu Julius.
Julius hatte auch schon fest mit diesem Auftrag gerechnet.
»Kann ich nicht heute schon gehen« fragte er, denn er erinnerte sich daran, daß er den Scheck schon mit dem heutigen Datum versehen hatte. »Ich habe heute nicht besonders viel zu tun.«
»Sie können morgen ganz früh gehen« sagte Abel scharf.
»Schreiben Sie einen Scheck für fünftausend Dollars aus.«
Nach einiger Zeit kam Julius mit dem gewünschten Scheck zurück und hatte außerdem noch einen Brief an den Direktor der Bank geschrieben.
»Was soll denn das bedeuten?« fragte Abel, der Verdacht schöpfte.
»Als ich das letztemal fünftausend Dollars abhob« sagte Julius gewandt, »sagte Mr. Sturges, daß er nicht gerne so große Summen auszahlte, wenn er nicht einen Begleitbrief zu dem Scheck hätte.«
»Der müßte Sie doch jetzt allmählich kennen« brummte Abel, als er den Brief unterschrieb, der den Bankdirektor anwies, dem Überbringer den präsentierten Scheck zu honorieren.
Das war eigentlich sehr einfach, dachte Julius. Er lachte sich heimlich ins Fäustchen, als er daran dachte, wie wütend der Alte werden würde, wenn die Sache herauskäme. Aber dann würde Julius Savini außerhalb seines Machtbereichs, vor allem außerhalb der Reichweite seiner großen Hände sein.
Der Plan war so gut geglückt, daß Savini nervös wurde. Wenn nun der Bankdirektor nach Garre telephonierte, um Gewißheit zu haben, bevor er den Scheck auszahlte? Es war ja auch möglich, daß die Sache entdeckt wurde, bevor er Paris erreicht hatte. Er zitterte bei dem Gedanken.
Am Nachmittag bestellte Bellamy seinen Wagen und fuhr mit unbekanntem Ziel ab. Julius vermutete, daß er Coldharbour Smith aufsuchen wollte, denn er hatte am Morgen eine Verbindung nach Limehouse herstellen müssen, und Abel Bellamy hatte eine Viertelstunde hinter verschlossenen Türen in der Bibliothek zugebracht. Die Abwesenheit seines Herrn war Julius willkommen, denn es waren noch viele Dinge zu ordnen – er mußte seine Briefe verbrennen, seine Kleider durchsuchen, die er zurücklassen wollte, damit nichts Verdächtiges zurückblieb, das die Verfolger auf seine Spur bringen könnte.
Er hatte den letzten Brief verbrannt und die letzte Westentasche untersucht. Er trat aus seinem Zimmer heraus in den langen Gang und überlegte, ob seine Nervenkraft auch ausreichen würde, die nächsten Stunden noch mit Bellamy zu verbringen.
Auf der anderen Seite des Ganges, nahe der Treppe, befand sich eine kleine Tür, durch die er die Dienstboten immer hereinließ. Auch der Grüne Bogenschütze war durch diese verschwunden, als er damals das blutbefleckte Taschentuch auf seiner Flucht zurückließ. Seitdem der Hausmeister gegangen war, öffnete und schloß Julius diese Tür. Als er zu seinem Zimmer ging, hatte er gesehen, daß die Tür nur angelehnt war und hatte sich vorgenommen, sie bei seiner Rückkehr abzuschließen.
Julius stand noch und dachte über seine Flucht nach, als er plötzlich sah, wie sich die Tür langsam öffnete. Eine Sekunde lang stand er starr und sein Herz schlug wild, obgleich
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