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Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze

Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze

Titel: Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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tatsächlich unberührt. Der Schlafanzug lag noch sorgsam gefaltet auf den Kissen.
    Zuerst war sie starr vor Schrecken, aber dann beruhigte sie sich. Es mußte also Mr. Howett sein, den sie unten hatte sprechen hören. Wahrscheinlich war eins der Dienstmädchen zu ihm gekommen.
    Sie ging mit dem Leuchter zur Treppe, aber bei dem ersten Geräusch, das ihr Fuß auf den Stufen machte, hörte das Flüstern und Weinen unten auf. Sie ging direkt zur Tür des Wohnzimmers und wollte sie öffnen, aber sie war verschlossen.
    »Wer ist dort?« fragte sie schnell und atemlos.
    »Ich bin es, Valerie.«
    »Was gibt es denn, Vater?« fragte sie mit einem dankbaren Seufzer.
    »Ich spreche mit einem Freund. Später komme ich zu dir« war die zögernde Antwort.
    »Aber mit wem sprichst du denn?« fragte sie überrascht.
    »Bitte geh zu Bett, mein liebes Kind.« Mr. Howetts Stimme war dringend. »Ich möchte nicht, daß die Dienerschaft geweckt wird.«
    Widerstrebend wandte sie sich um und ging zu ihrem Zimmer zurück. Wer mochte der Freund sein, der zu dieser frühen Morgenstunde ihren Vater aufsuchte? Und dann war die andere Frage: Warum hatte sich ihr Vater überhaupt nicht zur Ruhe gelegt? Das sah ihm doch gar nicht ähnlich. Er war ein Mann, der nach einer genauen Zeiteinteilung lebte und nichts Ungewöhnliches tat, so lange sie sich besinnen konnte. Sie wußte, daß er Heimlichkeiten haßte, und deshalb wurde ihr die ganze Sache noch unerklärlicher. Trotzdem war sie froh, daß er es war. Aber wer mochte der andere sein?
    Sie saß auf der Kante ihres Bettes. Ihre Schlafzimmertür stand offen und sie lauschte. Plötzlich hörte sie, daß die Wohnzimmertür aufgeschlossen wurde und jemand auf den Flur trat. Dann öffnete sich die Haustür. Die Neugier übermannte Valerie, und sie schlich sich leise zu der Treppe. Glücklicherweise hielt sie sich am Geländer fest, sonst wäre sie umgesunken. Denn mitten in der Halle, nur schwach beleuchtet von dem Schein, der durch die offene Tür hereinfiel, stand der Grüne Bogenschütze!

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    S ie schaute nur einen Augenblick auf die unheildrohende Gestalt, dann wandte sie sich um, floh in ihr Zimmer und schloß die Tür hinter sich zu. Es war unglaublich, unmöglich, sie konnte es nicht fassen. Ihr Vater! Und wer mochte sein Besucher gewesen sein?
    Sie hörte draußen das leise Surren eines Motors, aber sie ging nicht zum Fenster, um hinauszusehen. Rein gefühlsmäßig wußte sie, daß der Fremde gegangen war und daß er es war, dessen Weinen sie gehört hatte. Mr. Howett – der Grüne Bogenschütze! Ihre Gedanken wirbelten durcheinander.
    Sie hatte den Kopf in die Hände vergraben und bewegte sich nicht, als sie hörte, daß er in sein Zimmer ging und die Tür abschloß.
    Am nächsten Morgen kam Valerie frühzeitig zum Frühstück herunter. Sie hatte böse Kopfschmerzen und fühlte sich todmüde. Aber sie war so gespannt auf die Erklärung ihres Vaters – sie konnte ihn sich nicht anders vorstellen als ihren wirklichen Vater. Er durfte unter keinen Umständen merken, daß sie sein Geheimnis wußte und sie begrüßte ihn, als ob nichts geschehen wäre.
    »Dein Freund hat dich aber sehr lange aufgehalten, lieber Vater« sagte sie, als sie ihm gegenüber Platz nahm. Er sah blaß und angegriffen aus und schien überhaupt nicht geschlafen zu haben.
    »Du hast recht, Val« erwiderte er leise, ohne ihr in die Augen zu sehen. »Ich versprach dir, gestern abend noch zu dir zu kommen. Ich… aber ich war so erschüttert. Sei nicht böse, wenn ich nicht weiter über die Sache spreche.«
    »Nein, ich bin dir deshalb nicht böse« sagte sie zärtlich, aber es kam nicht von Herzen.
    »Ich glaube, du warst ein wenig erschrocken« sagte er und kam selbst wieder auf das Thema zurück. »Und gerade das wollte ich unter allen Umständen vermeiden. Warst du in meinem Zimmer?«
    Sie nickte.
    »Du hast mein Bett leer gefunden – nun ja, das muß dich sehr bestürzt haben, ich hätte viel darum gegeben, wenn ich dich nicht aufgeweckt hätte.«
    »War es ein wichtiger Besuch?«
    »Ja, sehr wichtig« antwortete er ernst. »Aber Valerie, ich liebe nicht, daß die Eier so serviert werden.«
    Diese alte Klage brachte er unweigerlich vor, wenn er das Gespräch beim Frühstück ändern wollte. »Ich werde heute zur Stadt fahren.« sagte er dann und erhob sich vom Tisch. »Ich erwarte einen Herrn aus Philadelphia, den ich dringend sprechen muß, und es wird vielleicht spät werden, bis ich zurückkomme.«
    Er sprach so

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