Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze
eingehend von seinem Besuch in London, daß sie fühlte, daß er ihr nicht den wirklichen Grund sagte. Aber sie fragte ihn nicht und wunderte sich offensichtlich nicht darüber, obwohl er ihr noch am Tag vorher gesagt hatte, daß nur schwere Krankheit ihn von seiner historischen Arbeit abbringen würde.
Einesteils war sie sehr froh, daß er fortging, denn sie hatte die Dienstboten viel zu fragen, und vielleicht konnte ihr eine genaue Untersuchung des Wohnzimmers einige Anhaltspunkte über die Person des Besuchers geben.
Mr. Howett fuhr gleich darauf fort. Spike sah es und eilte zum Haus.
»Ist irgend etwas passiert, Miss Howett?« fragte er ängstlich.
»Was für eine merkwürdige Frage für einen Schutzengel der Howetts!« sagte sie lächelnd.
»Ihr Schutzengel saß über Nacht in der Hecke und verlor das Bewußtsein.« Als sie ihn entsetzt anschaute, erklärte er ihr in verständlicher Sprache, daß er fest eingeschlafen sei. »Ich hatte mich schlecht für meine Wache präpariert, es passieren tagsüber soviel interessante Dinge, daß ich immer erst daran denke, mich zu Bett zu legen, wenn ich auf Patrouille gehen muß. In der Burg ist allerhand vorgekommen.«
»Was ist denn geschehen?«
»Der Grüne Bogenschütze war in der letzten Nacht wieder unterwegs, und als Bellamy heute morgen aufwachte, fand er seine Hunde schlafend auf dem Gang.«
»Sind sie betäubt worden?« fragte sie überrascht.
Spike nickte.
»Ich habe eben Julius gesprochen. Er sagt, daß der Alte die Hunde in Zukunft in sein Schlafzimmer einsperren wird. Er ist ganz aus dem Häuschen vor Wut, hat alle Diener aufgeweckt, gefragt und verhört und schließlich hat er gedroht, daß er die Polizei rufen wird.«
»Der arme Mr. Savini muß in einer schrecklichen Lage sein!« meinte Valerie mitfühlend.
»Im Gegenteil, ich habe ihn noch nie so keck und lebendig gesehen. Er faßt die ganze Angelegenheit als einen Scherz auf und sagt, der Grüne Bogenschütze hätte die Hunde vergiften sollen, statt ihnen nur ein Betäubungsmittel zu geben. Ihr Vater ist heute morgen sehr früh weggefahren, Miss Howett?«
»Ja, er hat eine Verabredung in London.«
»Julius auch« platzte Spike heraus. »Nebenbei bemerkt habe ich Featherstone heute morgen telephonisch gesprochen.«
»Mr. Holland, ist heute früh ein Auto an Ihnen vorbeigefahren?«
»Ja« sagte er sofort. »Es war ein Delage-Zweisitzer 1 . Ich bin davon aufgewacht. Der Wagen war ganz geschlossen, obwohl es nicht regnete. Ich wunderte mich schon, woher er in aller Frühe schon käme. Aber warum fragen Sie mich danach?«
»Ich sah ihn hier an meinem Fenster vorbeifahren, ich bin auch davon aufgewacht« log sie ihm vor. »Haben Sie gesehen, wer den Wagen steuerte?«
»Ich sah das Auto nur ganz kurz, das Licht des Scheinwerfers weckte mich auf. Sie müssen aber einen sehr leisen Schlaf haben, Miss Howett, der Wagen fuhr fast geräuschlos und machte viel weniger Lärm als irgendein anderer großer Wagen, den ich in der letzten Zeit gesehen habe. Ich war erstaunt, daß eine Dame am Steuer saß. Sie hatte einen langen Mantel an, aber ich habe sie nur für den Bruchteil einer Sekunde gesehen.«
»War sonst niemand im Wagen?«
»Das kann ich nicht beschwören. Aber warum erkundigen Sie sich nach all diesen Dingen, Miss Howett?« fragte er argwöhnisch. »Ist in Lady’s Manor letzte Nacht etwas passiert?«
»Nein« sagte sie hastig. »Ich war nur neugierig, wer in so früher Morgenstunde hier vorbeifahren würde.«
Als Spike gegangen war, begann sie vorsichtig die Dienstboten auszufragen, aber sie konnte nichts Neues herausbringen. Auch im Wohnzimmer fand sie keine weiteren Anhaltspunkte oder Spuren des Besuchs. Sollte sie das Zimmer ihres Vaters durchsuchen? Aber die Anhänglichkeit dem Manne gegenüber, der sie liebevoll großgezogen hatte, bestimmte sie, diese Absicht aufzugeben.
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1 Das französische Unternehmen Delage war ein Hersteller von exklusiven sportlichen Automobilen.
42
F ay Clayton erhielt schon Besuch, bevor Julius zu ihr kam, obwohl er sich früh auf den Weg gemacht hatte. Sie war wenig erfreut, Coldharbour Smith zu sehen, denn sein Ruf war gerade nicht der beste.
»Julius ist nicht hier« sagte sie. »Er ist auf dem Lande.«
»Als ob ich das nicht wüßte! Er ist doch bei meinem Freunde Mr. Bellamy.«
»Da müssen Sie ja eiserne Nerven haben, wenn das Ihr Freund ist, Mr. Smith. Aber trotzdem kann ich Sie nicht hereinlassen, ich möchte meinen guten Ruf nicht
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