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Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze

Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze

Titel: Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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nicht.
    Jeder Frau kommt irgendwann einmal die Erkenntnis, daß ihr Leben, das bis dahin frei und fessellos war, von der Sehnsucht und Liebe zu einem andern Menschen erfüllt wird. Dieses Wissen ist süß, aber verwirrend, und die Verwirrung wächst, wenn die beiden sich noch nicht ausgesprochen haben und die Beziehungen zu dem andern noch ungewiß sind.
    Valerie Howett hatte mit Jim Featherstone nie über Liebe und Ehe gesprochen, aber sie fühlte sich schon so an ihn gebunden, daß sie die Werbung eines andern Mannes abgelehnt hätte, weil sie sich schon als verlobt betrachtete.
    Sie wußte nicht einmal, ob er frei war und ob er sie heiraten könnte. Sie dachte darüber nach und vergegenwärtigte sich noch einmal alle näheren Umstände, unter denen sie Featherstone kennengelernt hatte. Aber dann kam ihr der Gedanke, daß aller Wahrscheinlichkeit nach Jim Featherstone sich für sie nur als für einen besonderen Fall interessierte. Ihr Vater hatte ihn ja gebeten, ihr sein berufliches Interesse zuzuwenden und es ging wohl auch nicht darüber hinaus trotz des merkwürdigen Zitterns in seiner Stimme, als er sich gestern abend von ihr am Tor verabschiedet hatte.
    Es schien ihr endlos lange, seit sie ihn gesehen hatte, trotzdem es in Wirklichkeit nur einige Stunden waren. Und weil sie sich so sehr nach einem Wiedersehen mit ihm sehnte, machte sie sich selbst Vorwürfe und zerriß den Brief, den sie an ihn geschrieben hatte. Sie war auch noch aus einem anderen Grund mit dem Schreiben unzufrieden – ihre Briefe an Jim Featherstone wurden immer zu lang. Sie schrieb bereits auf der zehnten Seite und hatte noch nicht die Hälfte von dem gesagt, was sie ihm mitteilen wollte. Er konnte doch überhaupt nicht an all ihren Gedanken interessiert sein, sagte sie zu sich selbst und betrachtete nachdenklich den zerrissenen Brief, der jetzt im Papierkorb lag. Und doch fing sie wieder an zu schreiben. Aber dann stand sie mit einem festen Entschluß auf, drehte das Licht aus und ging in ihr Schlafzimmer. Mr. Howett war früher zur Ruhe gegangen als gewöhnlich. Sie gab einem Diener den Auftrag, alle Türen zu schließen und legte sich zur Ruhe. Sie fühlte sich unglücklich über ihre eigene Inkonsequenz. Ihre eifrigen Nachforschungen nach Elaine Held hatten plötzlich ihre Eile verloren, und sie wußte selbst nicht warum.
    Ihr Schlafzimmer lag nach der Straße zu, und sie konnte von hier aus den vorderen Garten übersehen. Jenseits der Hecke lief die Landstraße. Der Detektiv, der bis jetzt das Haus bewacht hatte, war zurückgezogen worden. Aber als sie nun aus dem Fenster schaute, beobachtete sie einen Mann, der mitten in der Straße auf und ab ging. Sie sah das glühende Ende seiner Zigarre und mußte innerlich lachen. Sie wußte, daß es Spike Holland war, der es ja übernommen hatte, sie zu behüten. Dieser Gedanke an Jims Fürsorge tat ihr wohl.
    Gewöhnlich schlief sie fest und tief, aber heute dauerte es etwas über eine Stunde, bis sie in einen ruhigen Schlaf fiel. Zweimal erwachte sie und stand dann schließlich wieder auf. Sie fühlte sich hungrig und wollte sich etwas Milch anwärmen. Vom Fenster aus schaute sie wieder auf die verlassene Straße hinaus. Spike war nicht mehr zu sehen. Sie hoffte, daß er nach Hause gegangen sei und sich zu Bett gelegt habe. Schnell schlüpfte sie in ihren Morgenrock, zog die Pantoffeln an und entzündete eine Kerze. Als sie die Tür ihres Zimmers öffnete, hörte sie etwas und löschte sofort das Licht wieder. Es waren Stimmen, die leise miteinander tuschelten.
    Ihr Herz schlug unruhig, als sie zu dem Geländer schlich und nach unten in die Halle spähte. Sie konnte nichts sehen, nur die Stimmen und ein leises, verhaltenes Weinen waren deutlich zu hören. Sie faßte sich an die Stirn – nein, sie träumte nicht. Sollte sie ihren Vater wecken? Sie hob schon die Hand, um an seine Tür zu klopfen, aber dann zögerte sie wieder.
    Wieder vernahm sie die flüsternden Stimmen – und das unterdrückte Weinen aus dem unteren Geschoß. Es konnte doch nicht eins der Dienstmädchen sein? Wenn jemand krank geworden wäre, hätte man sie doch sicher geweckt.
    Sie öffnete leise die Tür zu dem Schlafzimmer ihres Vaters und ging hinein. Mit der Hand tastete sie nach dem Bett, um ihn zu wecken – aber sein Bett war leer! – Sie konnte nicht daran glauben, es mußte eine Sinnestäuschung sein. Sie entzündete mit zitternden Fingern ein Streichholz und steckte die Kerze wieder an, aber das Bett war

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