EduAction: Wir machen Schule (German Edition)
oft den Tränen nahe. Ohne dass dadurch größerer organisatorischer Aufwand entsteht, kann bei Bedarf auch ein ganzer Tag für eine Exkursion verwendet werden.
In diesem Jahr haben sich mehrere Klassen zusammengetan, um das Projekt Schul(hof)gestaltung in Angriff zu nehmen. Die Ideen haben die Schüler entwickelt und selbständig Teams gebildet: Eine Gruppe richtet ein Schülercafé ein, eine andere baut Sitzgelegenheiten aus Schubkarren, und eine dritte legt einen Steingarten und Komposthaufen an. Als zusätzlichen Anreiz gibt es noch einen Wettbewerb, bei dem die Schüler Pflanzkübel mit Kräutern bepflanzen und später die beste Ernte gewinnt. »Unser Essen wird teilweise frisch in der Schulküche zubereitet«, erklärt Mandy Voggenauer, die den Wettbewerb mit Pflanzkübeln der Prinzessinnengärten, einem Gemeinschaftsgarten-Projekt in Berlin-Kreuzberg, organisiert hat. »Die Kräuter, die die Schüler anbauen, können die Köche dann für das Schulessen verwenden.«
Eine andere Klasse will ihr Klassenzimmer streichen, Regale und einen Computertisch bauen und hat dafür drei Teams gebildet: die Spendensammler (die Geld für die Materialien auftreiben müssen), die Möbelgruppe (die sich Hilfe in der Holzwerkstatt holt) und die Maler. Eine Wand soll zum Dschungel werden, dafür erhält das Team kompetente Unterstützung von Thorsten Brill, einem Schülervater: »Ich erzähle ihnen etwas über die psychologische Wirkung von Farben und zeige praktische Dinge, etwa wie der Farbbedarf berechnet wird und wie man so ein Vorhaben strukturiert«, sagt der gelernte Illusionsmaler. »Aber das meiste machen sie alleine.«
Weitere Projekte der esbz sind die Lehrerfortbildungen durch Schüler, die sich großer Nachfrage erfreuen, und natürlich die Sprachbotschafter, ein Peer-Education-Projekt für sozial benachteiligte Grundschüler, das die Jugendlichen der esbz als Projekt Verantwortung und als Werkstatt wählen können. Auch Projekte mit außerschulischen Partnern wie beispielsweise das Design Thinking Coaching für Manager können aufgrund der offenen Struktur der esbz kurzfristig und unkompliziert realisiert werden.
Anja Niesler ist Mutter eines hochbegabten Sohnes und glücklich über die besonderen Lerngelegenheiten, die ihm die Projekte an der esbz bieten: »Mein Sohn blüht immer dann auf, wenn es schwierig wird und komplex.« Als Neuntklässler konnte er am ersten Design Thinking Workshop teilnehmen, den die Schule in Zusammenarbeit mit dem Hasso Plattner Institut in Potsdam durchführte, an dem diese Methode zur Lösung komplexer Probleme und Entwicklung neuer Ideen studiert werden kann. »Er hat mir nachher vorgeschwärmt: Ich kann davon gar nicht mehr lassen, mein Gehirn wird benutzt, ich fühl mich lebendig!« Aber auch Shana, die von sich selbst sagt, sie sei nicht die schlechteste Schülerin, aber auch nicht die beste, liebt den Projektunterricht, insbesondere die Lehrerfortbildungen: »Das ist eine Stärke, die ich an mir gesehen habe, die ich hier super ausleben kann. Vielleicht kann ich es sogar mal in meinem Beruf anwenden«, sagt sie. »Dafür bin ich der Schule sehr dankbar.«
Wir müssen uns von diesem 45-Minuten-Takt-Fachunterricht lösen und den Kindern (Frei-)Räume bieten, ihre Fähigkeiten einzubringen, zu entwickeln und vor allem zu erkennen. Wir schicken sie in eine Welt, in der sie sich durchsetzen müssen – dafür brauchen sie kooperative Fähigkeiten, um in einer Gemeinschaft zu leben – Flexibilität, keine Starre, um sich Neuem zu stellen –, und Selbständigkeit, vor allem im Umgang mit Problemen, Schwierigkeiten und Hürden, die ihnen das Leben bietet.
Jenni Leonhard, Mittelstufenleiterin
Ermutigt durch die esbz, hat die Grundschullehrerin Sabine Weiche auch in ihrer Klasse Projektarbeit ein geführt. »Ich habe gelernt, dass ich den Kindern Vertrauen entgegenbringen muss«, sagt sie. »Je mehr sie gemerkt haben, dass sie sich engagieren können, dass sie etwas bewirken können, umso mehr wollten sie es auch tun.« Eigenstän dig haben sich ihre Sechstklässler eine Kampagne gegen klimaschädliche Heizstrahler in Straßencafés ausgedacht und damit eine Diskussion in ihrem Bezirk angestoßen, in die sich sogar der Bezirksrat einklinkte. Einige Cafés schalteten daraufhin die Strahler aus, und die Kinder erhielten für ihr Engagement gleich zwei Auszeichnungen. »Das sind ganz starke Kinder geworden«, sagt Sabine Weiche. »Sie haben gemerkt, dass sie ganz viel können und
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