Egeland, Tom
mochten, das war ein Zufall. Ich habe mich in dich verliebt. Es tut mir Leid … Sie haben meine Recherche im Computer bemerkt «, erklärt sie und räuspert sich. » Papa hat um Hilfe gebeten. «
Schließlich begegne ich ihrem Blick. » Und du hast ihm geholfen? «, frage ich.
» Du darfst nicht glauben, dass … « Sie kommt nicht weiter, die Worte bleiben ihr im Hals stecken.
Auch ich habe Probleme zu atmen. Mein Herz schlägt so wild. » Ich verstehe, warum du unbedingt mit mir nach Norwegen wolltest «, sage ich.
Sie geht einen Schritt auf mich zu und bleibt dann stehen.
» Bjørn, es ist nicht so! Nicht wie du glaubst. Es ist so kompliziert. Ich wollte nicht … dass … Es gibt so viel, was du nicht weißt. So viel, das du nicht verstehst. «
» Da hast du Recht. «
» Das hatte keiner geplant. Ich habe nicht nur einen Job für sie erledigt. Du und ich … das wäre so oder so geschehen. Das mit Papa … hat bloß alles kaputtgemacht. «
» Das kann man wohl sagen. «
» Kannst du ihn nicht einfach herausgeben? Den Schrein? Du kannst ihn doch gar nicht gebrauchen! «
Wie sie so dasteht, erinnert Diane ziemlich an Mama. Sowohl ihre Figur als auch die Art, wie sie gestikuliert. Seltsam, dass ich das zuvor nicht bemerkt habe.
» Hasst du mich? « Sie setzt sich auf die Bettkante und blickt mir tief in die Augen.
» Nein. «
» Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe? «, fragt sie hartnäckig. Es hört sich an, als könne sie selbst nicht ausstehen, was sie getan hat. » Ich habe ihnen geholfen, um das Ganze zu einem Ende zu bringen. Für dich! «
Ich verdaue die Worte, eines nach dem anderen. Wie unwiderstehliche Häppchen, die sorgsam in ein langsam wirkendes Gift getaucht worden sind. Ich mustere ihre Augen. Um zu sehen, ob sie wirklich meint, was sie sagt, oder ob sie tatsächlich über ein solches Arsenal von Klischees und Phrasen verfügt, das sie in Situationen wie dieser nutzt.
» Aber es gibt noch etwas anderes … «, beginnt sie.
» Ja? «
» Wir … «
» Was? «
» Du und ich … «, beginnt sie erneut.
» Was versuchst du, mir zu sagen? «
» Bjørn, wir … «
Sie kneift die Augen so hart zusammen, dass es aussieht, als wolle sie Tränen herausdrücken.
Ich versuche: » Diane? «
» Ich! Kann! Nicht! Mehr! « Sie muss jedes Wort aus sich herauspressen.
Ich lege meine bandagierte Hand auf ihre. Gemeinsam lauschen wir ihrem Atem. Dem Summen des Apparates. Draußen höre ich irgendwo einen Trecker. Wind fährt durch di e B aumkronen. Jemand hämmert. Ein Moped mit kaputtem Auspuff beginnt an einem Ort seine Reise und verschwindet langsam in der Stille.
» Kannst du nicht einfach einsehen, dass das zu groß für dich ist? «, fragt sie leise.
» Was tust du hier, Diane? «
» Sie haben mich geholt. «
» Aus London? «
» Sie haben mich mit dem Flugzeug hierher gebracht. «
Der Puls hallt in meinem Atem wider. » Was geht hier eigentlich vor? «
Sie tut etwas Seltsames. Sie beginnt zu lachen. Ein helles, hohes, schluchzendes Lachen. An der Grenze zur Hysterie. Ich verstehe, wovon sie jetzt geritten wird. Aber ihr Lachen steckt an. Ich lächle, und das Lächeln lässt mein Gesicht in einem Schmerz auflodern, der mir wieder die Besinnung raubt.
Als ich wieder aufwache, ist sie verschwunden.
∗ ∗ ∗
S päter kommt die Krankenschwester mit einer gigantischen Spritze. Sie amüsiert sich, als sie mein entsetztes Gesicht und meine abwehrende Handbewegung bemerkt. » Medicine! « , sagt sie in gebrochenem Englisch und deutet auf den Infusions beutel. » Good for you, oui? «
» Where am I? «
» Yes, Yes! «
Mit den Augen folge ich dem gelblichen Strom, der langsam durch den Schlauch in meinen Unterarm strömt und alle Schmerzen und Fragen auslöscht.
3
MACMULLIN BESUCHT mich im Laufe des Nachmittages. Die Salbe und das Morphium betäuben meine Schmerzen, doch die Haut juckt und sticht, und das Morphium macht aus meinem Hirn eine trübe Suppe, in der die Gedanken durcheinander schwappen.
» Ah! Sie sehen schon viel besser aus! «, platzt er heraus.
Lügen.
Er zieht den Stuhl an mein Bett.
Ich versuche, mich aufzurichten. Die Haut ist zwei Nummern zu klein. Trotz der morphiumbedingten Hülle aus benommener Gleichgültigkeit kann ich das Stöhnen nicht zurückhalten.
» Es wird vorbeigehen «, sagt er. » Der Arzt hat uns versichert, dass die Verbrennungen nur oberflächlich sind. «
» Wann kann ich nach Hause? «
» Sobald es Ihnen gut genug geht. «
»
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