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Egeland, Tom

Titel: Egeland, Tom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frevel
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gestern beim Metzger unglaublich zartes Rindfleisch bekommen. «
    Ich stecke mir den Finger in den Mund und gebe ein würgendes Geräusch von mir.
    » Du Frechdachs! Aber kannst du nicht trotzdem kommen? Ich kann Kartoffelgratin mit Brokkoli machen. «
    » Ich hab heute viel zu tun. «
    » Es ist so lange her, dass du mal abends da warst. Bitte? Freunde? «
    » Ich bin nur gekommen, um mich zu entschuldigen. «
    » Ach, Unsinn. «
    » Ich war wirklich nicht ganz bei mir. «
    » Was quält dich denn? «
    » Nichts. Nichts Besonderes. «
    Ich trinke eine Tasse Tee mit ihr. Wir reden über dies und das. Das kann sie gut. Meine Anspielungen werden immer konkreter, aber sie kapiert sie nicht, erkennt nicht, auf was ich hinauswill. Nicht einmal dann, als ich ihr sage, dass ich noch auf den Friedhof will.
    Heute ist es zwanzig Jahre her, dass Papa gestorben ist. Es wird ihr wohl im Laufe des Tages noch einfallen.
    Nicht nur Papa ging in diesem Sommer von uns. Ein ganzes Leben ging in Mama zu Grunde. Ihre Existenz ist darauf reduziert worden, das Leben für den Professor und meinen Halbbruder angenehm zu machen. Sie ist eine herumwieselnde, geschäftige Haushaltshilfe geworden. Sie achtet darauf, dass die Putzfrauen auch zwischen den schwarzen Tasten des Flügels im Musikzimmer Staub wischen. Sie wird vom Fischhändler und vom Metzger angerufen, wenn sie etwas besonders Gutes und Teures hereinbekommen haben. Sie ist die Grundfeste des Professors. Seine ihn liebende Hausfrau. Seine strahlende Wirtin. Seine ewig junge, willige Geliebte. Sie ist die glückliche Mutter des Jungen. Die immer alles richtet. Die ihm noch ein Scheinchen zusteckt, wenn er abends in die Stadt geht. Und die alles putzt und wienert, wenn er beim Morgengrauen besoffen zurückkommt und in den Flur kotzt.
    Dazwischen schwappt manchmal ein bisschen Fürsorge auf mich über. Ich bin ihr schlechtes Gewissen. Ich erfülle diese Rolle gut.
    10
    » BIST DU NOCH IMMER VEGETARIER? «, fragt Caspar Scott.
    Er ist ein außergewöhnlich schöner Mann. Es stimmt schon, mein Spiegelbild vermittelt mir immer wieder ein, objektiv betrachtet, verdientes Minderwertigkeitsgefühl, doch Caspars Aussehen ist derart blendend, dass es ihn beinahe feminin wirken lässt. Die Blicke der Mitarbeiterinnen in der Kantine des Reichsantiquariats streifen ihn suchend. Er scheint das gar nicht zu bemerken, aber ich weiß, dass er die Aufmerksamkeit wie in einem großen Tank sammelt, den er für dunklere Zeiten aufspart.
    Wir waren Freunde im Studium. Viele Monate teilten wir uns während der verschiedensten Ausgrabungen ein Zelt. Als ich ihn anrief, brauchten wir eine Weile, um wieder den richtigen Ton zu finden.
    Jetzt sitzen wir in der Kantine und versuchen so zu tun, als sei alles wie früher. Es riecht nach Kaffee, Hefegebäck und Frikadellen mit Zwiebeln.
    Caspar ist der geborene Archäologe. Das mag seltsam klingen. Aber er ist in der Lage, den kleinsten und noch so unscheinbaren Gegenstand im großen Zusammenhang zu betrachten. Unter der Ausgrabung im Larøyfeld waren es die jämmerlichen Reste von Schlüsseln und eine Nadelkapsel an einem Gürtel, die ihm verrieten, dass wir endlich auf Hallsteins verschwundenen Häuptlingssitz gestoßen waren. In einem Wikingergrab fanden wir einen winzigen Silberdolch, den wir nicht einordnen konnten (ein Spielzeug? ein Schmuckstück? eine rituelle Waffe?), bis Caspar trocken konstatierte, dass man sich damit die Ohren putzen sollte.
    Caspar kann eine Landschaft lesen wie wir anderen ein Buch. Er hat die verblüffende Fähigkeit, die natürlichen Formen des Geländes von den überwucherten, von Menschen geschaffenen zu unterscheiden. Er leitete die beiden wissenschaftlichen Gruppen, die bis zu elftausend Jahre alte Reste späteiszeitlicher Siedlungen im Rogaland und in der Finnmark fanden. Die Funde zeigten, dass Rentierjäger aus dem Nordseebereich oder Nomaden aus der Gegend der Halbinsel Kola die Ersten gewesen sein mussten, die die eisfreie Küste Norwegens entdeckt hatten.
    Aber Caspar war das Exkursionsleben und die vielen Wochen und Monate fern von seiner Kristin leid. Er war die brennende Sonne und die plötzlichen Regenschauer leid, die unseren Arbeitsplatz in ein Schlammloch verwandelten. Er wurde ein Schreibtischtäter. In den letzten Jahren hat er in der archäologischen Sektion des Reichsantiquariats gearbeitet.
    Voller Scham erkenne ich, dass ich deshalb, und nur deshalb, Kontakt mit ihm aufgenommen habe.
    Ich bitte ihn, mir über

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