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Egeland, Tom

Titel: Egeland, Tom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frevel
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stehen. Ihre Seidenstrümpfe glänzen im Schein der kleinen Flammen.
    Leder knirscht, als sie sich neben mir auf dem Sofa niederlässt. Ein Knirschen wie in der Musik. Sie muss die Platte oft gespielt haben, sehr oft. Ein paar Minuten sitzen wir still da, unsicher, ängstlich, einander zu nahe zu kommen. Oder es nicht zu tun.
    Sie fragt mich, ob ich einen Drink möchte. Ich sage: » Ja, gerne. « Aus der Küche holt sie Beefeaters Gin, Schweppes Tonic, zwei Gläser und Eiswürfel. Wir prosten uns zu und kichern, als wir miteinander anstoßen. Danach sitzen wir wieder still da und trinken schweigend. Keiner weiß, wer den ersten Schritt tun soll. Ich versuche, auf etwas Romantisches zu kommen, das ich sagen könnte. Etwas, das die Verlegenheit beseitigt.
    Sie kommt mir zuvor: » Hast du das Gefühl, irgendwie weitergekommen zu sein? Mit deinen Nachforschungen? «
    Das ist nicht gerade romantisch. Aber immer noch besser als die quälende Stille.
    Also sage ich: » Ich weiß immer noch nicht mehr als bei meinem Kommen. Aber dafür bin ich noch stärker verwirrt. «
    Sie lacht leise. » Der Gedanke ist so seltsam, dass du da drüben in Norwegen … lebst. «
    » Was heißt schon leben. Mir kommt das auch komisch vor. Aber es finden sicher nicht alle komisch. «
    » Ich weiß nichts über dich. «
    » Da sind wir schon zwei. «
    » Erzähl mir von dir! «
    Ich spreche über mich. Das ist schnell erledigt.
    Draußen fällt die Dämmerung über London, eine Milliarde Nadelspitzen aus Licht.
    » Diese Drecksäcke! «, flüstert sie vor sich hin.
    » Wer? «
    » Die glauben wohl, mich zu besitzen! «
    » Wer? «
    » Papa. Und all seine Diener. Tu dies, tu das. Diane, jetzt hör mal zu. Diane, du musst jetzt tun, was wir sagen! Es ist zum Kotzen! «
    Diane hat ihren Drink gele e rt. Mein Glas ist noch immer halb voll. An ihrem Blick erkenne ich, dass sie beginnt, ein wenig beschwipst zu werden. Sie gießt sich noch einen Drink ein und legt eine andere Platte auf. Hotel California. Sie hat einen CD-Spieler, aber heute Abend spielt sie nur Platten aus den Siebzigern. On a dark desert highway … Cool wind in my hair … ein milder Hauch Nostalgie durchwirbelt mich. Warm smell of colitas … rising up through the air … Ich schließe die Augen und treibe in Gedanken dahin.
    » Wenn ich dich sehe, muss ich immer an einen Jungen denken, den ich mal kannte «, sagt sie.
    Ich öffne die Augen und sehe sie still an.
    Sie nippt ein paarmal an ihrem Drink und lässt dann zwei Eiswürfel hineingleiten. » Er hieß Robbie. Robert. Wir nannten ihn Robbie. «
    Ich sage noch immer nichts.
    » Eigentlich habe ich das erst heute Abend entdeckt. An wen du mich so erinnerst. Aber jetzt sehe ich das. Du erinners t m ich an Robbie. « Sie sieht mich an, blickt gleichzeitig aber auch irgendwie durch mich hindurch. » Robbie Boyd. Wir waren einen Sommer zusammen. «
    » Ist das viele Jahre her? «
    » Wir waren fünfzehn. Wir waren auf unterschiedlichen Internaten. «
    » War er Albino? «
    Ihr Blick ist überrascht.
    » Du hast gesagt, ich erinnere dich an ihn «, erkläre ich.
    » Nicht so. Ihr seid irgendwie wesensverwandt. «
    » Was ist aus ihm geworden? «
    » Er ist gestorben. «
    » Oh. «
    » Ein Autounfall. «
    » Oh. «
    » Ich habe das zufällig erfahren. Niemand wusste, dass wir miteinander gingen. Ich konnte das keinem erzählen. In gewisser Weise bin ich nie über ihn hinweggekommen. Jedes Mal, wenn ich mit einem Mann zusammen bin, habe ich das Gefühl, Robbie zu betrügen. Vielleicht habe ich es deshalb nie geschafft, mich an jemanden zu binden. « Diane kichert nachdenklich, holt tief Luft und atmet dann langsam wieder aus.
    » Bist du manchmal einsam? «, fragt sie und wuschelt mir durch die Haare.
    » Das kommt vor. «
    » Ich meine nicht – so ohne Partner. Ich meine –einsam! «
    » Manchmal. «
    » Als ich jung war, hielt ich mich manchmal für den einsamsten Menschen auf dieser Welt. Ich hatte nie eine Mutter. Sie starb bei meiner Geburt. Und Papa, er … « Sie trinkt einen Schluck.
    » Was ist mit ihm? «
    » Er … « Sie zieht die Schultern hoch. » Er war immer wei t w eg. Der hätte ebenso gut irgendso ein netter Onkel sein können. Wahrscheinlich hatte ich Robbie deshalb so wahnsinnig gern. Endlich hatte ich jemanden gefunden, wenn du weißt, was ich meine. «
    » Ich habe meinen Vater verloren, als ich noch ein Kind war. «
    » Das muss schlimmer gewesen sein «, sagt sie. » Du kanntest ihn. Du hast jemanden

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