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Egeland, Tom

Titel: Egeland, Tom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frevel
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ich ein paranoider Idiot bin. Jetzt liegt der Zahnstocher auf dem Teppich.
    U nter der Dusche wasche ich Dianes Duft und all die angetrockneten Säfte ab.
    Nachdem ich mich umgezogen habe und noch vor dem Packen rufe ich Jocelyn DeWitt an. Nicht weil ich unbedingt mit ihr reden will, sondern weil ich ein höflicher junger Mann bin. Und weil ich, das kann ich ruhig zugeben, neugierig bin.
    Die Haushälterin nimmt das Gespräch entgegen. Obwohl sie die Hand auf die Sprechmuschel legt, höre ich, wie sie sagt, das sei der Mann, der sich nach Herrn Charles erkundigt habe.
    Jocelyn DeWitt nimmt das Gespräch an einem anderen Apparat entgegen.
    Ich stelle mich vor. Bjørn Beltø. Archäologe aus Norwegen.
    » Archäologe «, sagt sie überrascht. » Ich verstehe. Das erklärt einiges. «
    Ihre Stimme klingt weich und mild und erreicht mich wie aus einem vergangenen Jahrhundert.
    » Erklärt? «
    » Für Charles war die Archäologie sein ganzes Leben. Obgleich das –na ja, lange her ist. So lange her. Zwanzig Jahre. «
    Etwas hält mich zurück. » Es gibt nicht viele DeWitts in London «, sage ich.
    » Die Familie meines Mannes stammt aus Frankreich. Sie sind während der Revolution nach England gekommen. Was wollten Sie wegen Charles wissen? «
    Ich räume ein, dass ich auf gut Glück bei den einzigen DeWitts angerufen habe, die ich im Telefonbuch gefunden habe.
    » Ich wurde natürlich neugierig «, sagt sie. » Habe mich gefragt, was Sie wollen und wer Sie sein können. Sie müssen entschuldigen, aber Charles ist jetzt schon so viele Jahre tot. Womit kann ich Ihnen helfen? «
    ∗ ∗ ∗
    E s ist halb neun. In eineinhalb Stunden kommen sie, um mich zu holen.
    18
    JOCELYN DEWITT IST EIN SCHWAN von einer Frau mit langem Hals und grazilen Bewegungen. Ihre Stimme klingt schläfrig nach Kristall, Fuchsjagd und late afternoons im kühlen Schatten von Lustschlösschen. Ihr Blick verrät eine lustige, entspannte Selbstsicherheit. Alles an ihr offenbart, dass sie sich nie am frühen Morgen krümmen musste, um Kohle in den Ofen zu schaufeln. Deshalb verblüfft es mich immer wieder, wenn sich ein Schimpfwort in ihre gediegene Sprache verirrt und wie eine Granate auf ihren Lippen detoniert.
    Mit knappen Handbewegungen dirigiert sie ihre dicke, farbige Haushälterin hin und her. Sie müssen eine Codesprache entwickelt haben, wie es Herrschaft und Diener tun, wenn sie so lange zusammengehalten haben, dass sie zu einem Organismus geworden sind. Die Haushälterin versteht es, wenn die Gestik und das Schnippen bedeutet Verschwinde und mach die Tür tu! oder Hol den Bananenlikör! oder Warum bietest du dem Norweger keine Zigarre an ?
    Ich war hier noch nie. Nicht einmal die Gegend ist die, in der ich bei Charles DeWitt zu Hause war. Oder bei seinem Geist.
    Wir sind in ein Wohnzimmer mit Kronleuchtern und Bogenfenstern gegangen, Gobelins und dicken Teppichen, barocken Möbeln, einem überdimensionierten Kamin und einem zusätzlichen Kachelofen in der Ecke.
    Sie nimmt meine Hand und führt mich zu dem elefantösen Kamin.
    » Hier ist er! «, sagt sie. » Mein lieber Charles und die anderen. Das wurde 1973 aufgenommen. «
    Die körnige Vergrößerung einer Fotografie hängt in Glas und Rahmen an einem Ehrenplatz über dem Kamin. Die Farben sind verblichen. Die Männer haben lange Haare und tragen T-Shirts mit psychodelischen Mustern. Man ist erfüllt von der Gewissheit, dass sie einen aus einem Augenblick anstarren, der seinen festen Platz in der Zeit hat.
    Sie stehen im Kreis um einen Ausgrabungsschacht herum. Einige stützen sich auf Spaten. Andere haben sich Taschentücher um den Kopf gebunden, um sich vor der Sonne zu schützen.
    Ganz rechts am Rand, hinter Grethe, steht Papa.
    Grethe sieht fremd aus. Jung und schön. Verspielt. Ihre Augen funkeln. Sie hat die Hände auf den Bauch gelegt.
    Oben auf einem Haufen Erde thront Charles DeWitt mit verschränkten Armen. Er überragt die anderen. Er sieht aus wie ein Sklaventreiber, dem der ganze verfluchte Haufen gehört. Er war es also wirklich. Der alte Mann hat mich nicht hintergangen. Nur seine Frau.
    Ich weiß nicht, welches Geheimnis er verbirgt. Oder warum er seinen Tod vorgegeben hat. Oder wie er es geschafft hat, all diese Jahre im Verborgenen zu leben. Ohne entdeckt zu werden. Mitten in London.
    Ich bin zu feige, um ihr die Wahrheit zu sagen.
    Kann er sie leid geworden sein? Lebt er mit einer anderen Frau zusammen? Oder hat er einen unwiderstehlichen kleinen Adonis getroffen?

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