Egeland, Tom
über habe ich wie ein Stück totes Fleisch auf der Bahre gelegen. Acht Mann wechselten sich mit dem Tragen ab. Eingeborene. Sie reden und lachen, und ich verstehe nichts von dem, was sie sagen. Zum Glück hat mir MacMullin auch zwei Engländer mitgegeben. Jacobs und Kennedy. Sie leisten mir Gesellschaft, aber bei der Hitze hat niemand wirklich Lust zu reden!
Die Hitze und die Feuchtigkeit sind in der Tat unerträglich. Der Dschungel dampft richtiggehend. Ich bin meilenweit vom nächsten Meer entfernt, fühle mich aber trotzdem seekrank.
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M ittwochaben d
J ocy, ich muss dir etwas sagen: Die Wunde hat zu stinken begonnen. Erst dachte ich, das wäre der Schweiß, doch dann haben das auch die anderen bemerkt, und als sie den Verband gelöst haben, quoll uns der Gestank wie eine Giftwolke entgegen. Ich weiß nicht, ob eine bakterielle Infektion so riechen kann oder ob das eine Gangrän ist. Ich befürchte das Schlimmste. Um ehrlich zu sein, ich fühle mich nicht gut. Heute Nachmittag habe ich begonnen, mich zu übergeben. Aber jetzt sind wir glücklicherweise bei den Autos. Wir hatten vor, hier heute Abend unser Lager aufzuschlagen, aber die anderen meinen, es wäre das Beste, gleich weiterzufahren, obwohl es die reinste Hölle ist, mitten in der Nacht auf diesen Pisten unterwegs zu sein. Ich kann den anderen für ihre Aufopferung nur danken. Muss Schluss machen, wir fahren jetzt!
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D onnerstagmorge n
W as für eine Nacht! Ich muss dir mehr davon erzählen, wenn ich wieder zu Hause bin. Als wir heute Morgen endlich am Krankenhaus ankamen, gab es einen ziemlichen Auflauf. Ich glaube, die haben noch nie einen weißen Patienten gehabt. Das ist sicher ein Vorteil. Die werden mich wie einen Gott behandeln, der vom Himmel gefallen ist.
Wir warten jetzt auf den Arzt. Sie müssen ihn aus einer anderen Provinzstadt holen, die ein paar Meilen entfernt ist. O Gott, Jocy, ich bin so gespannt! Der Gestank ist widerlich. Es muss eine Gangrän sein. Aber wir sind zum Glück rechtzeitig.
Ich fühle mich nicht gerade in Bestform!
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F reitagabend
O Jocy, Jocy, meine Liebe! Ich muss dir etwas Schreckliches mitteilen! Du musst jetzt ein tapferes Mädchen sein, versprich mir das!
Sie haben mir den Arm abgenommen, Jocy!
Hörst Du! Sie haben mir den Arm amputiert! O mein Gott! Wenn ich links an mir herabblicke, sehe ich nur noch einen Stumpf und eine blutige Bandage. Es war eine Gangrän, wie ich befürchtet hatte! O Jocy!
Zum Glück sind die Schmerzen nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte, aber ich muss mich die ganze Zeit übergeben! Sie stopfen mich mit Morphium voll!
Es tut mir so Leid, dass ich dir das auf diese Weise mitteilen muss!
Und dass es ein Krüppel sein wird, der zu dir nach Hause kommt. Ich hätte auf dich hören und in England bleiben sollen!
Ich kann jetzt nicht mehr schreiben!
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N ach t
V ermisse dich! Kann nicht schlafe n D as tut so verflucht we h E iskalt
S amsta g L iebe, liebste Jocy, heute … (unleserlich) … und ich … (unleserlich) … den Prieste r A ber … (unleserlich) … Meine Jocelyn, ich liebe dich! … kannst du verzeihen … (unleserlich)
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N ach t E s ist (unleserlich)
Jocy Geliebte, das Fieber macht mich (unleserlich)
Bin so müde!!!
Schreibe sp ä ter me
E in faszinierendes Stück Dichtung. Charles DeWitt muss teuflisch gegrinst haben, als er sein Krankenlager geschildert hat. Die erste Seite ist mit kraftvoller, nach rechts geneigter Schrift verfasst, die sich ins Papier drückt. Mühsam hat er die Schrift immer schwächer und unleserlich werden lassen. Zum Schluss fließen die Buchstaben ineinander.
Ich lege das Blatt zur Seite.
» Er ist irgendwann in der Nacht auf Sonntag gestorben «, sagt Mrs. DeWitt offen. » Sie haben ihn mit den Blättern im Bett gefunden. «
Ich weiß nicht, was ich sagen soll.
» Ein ganz besonderer Abschied, nicht wahr? «, fragt sie.
» Es muss schrecklich für Sie gewesen sein, diesen Brief zu lesen! «
» In gewisser Weise. Gleichzeitig hatte ich aber auch das Gefühl, da zu sein. Ich wusste, wie alles passiert ist. Was er dachte und fühlte. Wenn Sie verstehen, was ich meine. MacMullin hat mir die Briefe persönlich aus Afrika m itgebracht. Und sie mir überreicht. «
Sie nippt an ihrem Likör. Ich erhebe mich und trete noch einmal vor die Fotografie am Kamin. Mrs. DeWitt folgt mir mit kurzen, trippelnden Schritten.
» Wissen Sie, wer das ist? «, frage ich und deute
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