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Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Titel: Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beauman Ned
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Liebe?«
    Sie verzog das Gesicht. »Fragen Sie besser nicht.«
    »Ich habe mir ein paar Szenen angesehen und war sehr beeindruckt.«
    »Damals in Berlin haben die Leute immer gesagt, Egon sei recht talentiert und könne es irgendwann zu etwas Großem bringen, aber das durfte man ihm nicht sagen, weil es ihm sofort zu Kopf gestiegen wäre. Was sie von der Schneeflocke halten würden, weiß ich nicht.«
    »Apropos Berlin, ich habe eben einen Knaben getroffen, der behauptet, ein alter Freund von Ihnen zu sein.«
    »Ach, Sie meinen Rupert?«
    »Rupert Rackenham, genau. Wie haben Sie das erraten?«
    »Ich bin ihm eben über den Weg gelaufen.«
    »Er lungert noch immer draußen herum?«
    »Ich fürchte, ja. Trotzdem, gut, dass Sie einander endlich kennengelernt haben.«
    »Warum sagen Sie ›endlich‹? Wer ist er?«
    »Sie wissen doch. Er hat das Buch geschrieben, das Ihnen so gefallen hat.«
    »Das Buch worüber?«
    »Über Lavicini«, sagte Adele.
    »Wer ist Lavicini?«, sagte Bailey.
    Irgendjemand hatte ihn auf dem Weg zur Theke angerempelt, und er hatte ein wenig Grapefruitsaft über den Teppich geschüttet, aber er war so bestürzt, dass er es kaum bemerkte. War es möglich, dass die Teleportation in Deutschland bereits gelungen war und man in den Vereinigten Staaten bloß noch nichts davon wusste? War es möglich, dass ihm irgendein italienischer Siemens-Ingenieur zuvorgekommen war? Er hatte das Wort Teleportation eigentlich vor diesem Mädchen nicht einmal in den Mund nehmen wollen. Er wusste überhaupt nicht, was sie auf einer Cocktailparty des Athenaeum Clubs zu suchen hatte – man konnte ihr ansehen, dass sie nicht die Freundin eines der jüngeren Studenten war, und sie hatte einen deutschen Akzent. Aber dann klärte Adele ihn über den Teleportationsunfall von 1679 auf.
    »Woher wissen Sie das alles?«, sagte er, als sie fertig war.
    »Ein Freund von mir hat einen Roman über Lavicini geschrieben. Und ich komme darin vor. Ich bin die Ballerina, die sterben muss, nur dass ich in Wahrheit eine Prinzessin bin.«
    Mit einem Mal war Bailey sich zweier Dinge gewiss, und zwar mit der unanfechtbaren Überzeugung einer religiösen Offenbarung. Erstens, dass die Geschichte von Lavicini der Schlüssel war, der ihm bei seiner Teleportationsforschung die letzte Tür aufschließen würde, jene Tür, vor der er nun schon so viele Jahre stand. Und zweitens, dass dieses Mädchen – die Ballerina, die Prinzessin, die Verkünderin – seine Assistentin werden musste. Von Physik verstand sie wahrscheinlich nichts, aber das war egal. Sie wirkte intelligent. Sie war lernfähig.
    Auf die Sache mit der Teleportation war Bailey gekommen, als er noch mit seinem Vater auf Reisen war. Sie durften keine Züge oder Straßenbahnen oder Dampfschiffe benutzen, weil man ihre Gesichter hätte erkennen können; sie durften kein Auto mieten, weil man das Kennzeichen hätte zurückverfolgen können; und sie durften nicht einmal auf ihren Rädern auf direktem Weg von Ost nach West fahren, weil man dann ihren nächsten Halt hätte vorhersehen können. Die Jahre gingen ins Land, und langsam fragte Bailey sich, ob sie je in Kalifornien ankommen würden. Aber in seinen Träumen blickte er aus dem Fenster und war schon dort. Bei Lukrez klang es immer so, als wäre alles möglich, wenn man nur die Natur der Dinge verstand. Könnte es nicht eine Maschine geben, die einen Körper quer durch einen Kontinent schleuderte, so wie das Telefon eine Stimme?
    Doch seine erste Offenbarung darüber, wie die Teleportation vielleicht funktionieren könnte, wurde Bailey erst zuteil, als er im Jahr 1915 allein Los Angeles erreichte. Boston, Chicago und New York, die Städte, die er gemeinsam mit seinem Vater erlebt hatte, waren Körper mit Organen, aber dieses Gebiet war, wie der Raum selbst, noch immer nicht mehr als ein riesiger Beutel voller Zytoplasma. Sein Fassungsvermögen war fast unbegrenzt, und seine Einwohner waren bereit, beliebig lange Wege zurückzulegen. Wenn man entscheiden wollte, wo man ein Haus oder ein Restaurant oder eine Straußenfarm errichten wollte, gab es dafür keine Kriterien: Standortfaktoren waren hier ohne Bedeutung. Alle räumlichen Koordinaten waren gleichwertig. Und genauso würde die Teleportation funktionieren. Eine Teleportationsvorrichtung würde den Gegenstand in der Kammer davon überzeugen müssen, dass er sich ebenso gut irgendwo anders befinden könnte. (Nur ein paar Monate vor der Party im Athenaeum Club war er auf der

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