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Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Titel: Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beauman Ned
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vermisste, ansonsten aber ganz gut saß. In einer Ecke hockte Mrs Jones, die in Männerkleidern Montand spielte, und sagte sich immer wieder ihre drei Sätze vor, mit einem Nachdruck, als wollte sie jede Möglichkeit ausschließen, dass jemals wieder ein anderer grammatisch korrekter englischer Satz formuliert wurde, egal von wem. Loeser lugte durch den Spalt am rechten Vorhangrand und konnte sehen, dass das Publikum schon seine Plätze einnahm. Die Muttons hatten sich vor der Vorstellung mit den Millikans auf einen Cocktail im Athenaeum Club getroffen und saßen jetzt alle vier in der ersten Reihe – gemeinsam mit Jascha Drabsfarben. Als würde er vor seinem Lieblingsgemälde stehen, nachdem er zum ersten Mal einen Aufsatz über dessen Symbolgehalt zurate gezogen hatte, versuchte Loeser in den vertrauten Zügen von Drabsfarbens Gesicht all das wiederzufinden, was er inzwischen über ihn wusste. Aber in Loesers Augen sah der Spion noch immer wie ein Komponist aus.
    Weiter hinten ließen Gould, Hecht und Wurtzel eine Tüte Erdnüsse herumgehen. Sogar Plumridge und seine Frau waren gekommen. Rackenham und Gorge konnte Loeser nirgends entdecken, dafür aber Woodkin, der etwas zu einem Mädchen neben sich sagte, das sofort Loesers Aufmerksamkeit erregte. Es musste zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig sein, hatte glänzende Haare im rötlichen Farbton der Nackenfedern eines Hahns und dunkle, schmale Augen, und seine Miene strahlte eine so kalte, bodenlose, gebieterische Langeweile aus, dass man sich, wenn man es bei einer öffentlichen Veranstaltung wie dieser hier sah, nicht nur dumm vorkam, weil einem gefiel, was ihm nicht gefiel, sondern auch irgendwie hässlich und schuldig. Loeser konnte den Blick nicht von dem Mädchen abwenden, bis ihm wieder einfiel, dass er in Kürze vor ihm auf die Bühne treten musste.
    Aber Loeser hatte keine Angst. Er war Lavicini. Er war es immer gewesen. Er konnte schon die Lichter des Arsenals sehen, wie sie sich in der Lagune spiegelten. Vielleicht würde er Dick nicht einmal erlauben, die restlichen vier Vorstellungen zu spielen. Es blieb noch ein wenig Zeit, bis der Vorhang aufging, also ging er Bailey suchen und fand ihn bald am Requisitentisch im Gespräch mit Adele.
    »Ist alles für den Teleportationsunfall bereit, Herr Professor?«
    »Absolut«, sagte Bailey.
    »Ganz bestimmt? Wir hatten keine Zeit für einen Probelauf.«
    »Du musst dem Professor vertrauen, Egon«, sagte Adele.
    »Können Sie ihn mir wenigstens beschreiben?«
    »Nun, da zu diesem Zeitpunkt nur vier Menschen auf der Bühne sind, Lavicini aber fünfundzwanzig Menschen und eine Katze umbringt, fand ich, es wäre am besten …«
    »›Umbringt‹?«
    »Wie bitte?«
    »Sie haben gesagt, Lavicini bringt fünfundzwanzig Menschen um. Lavicini bringt überhaupt niemanden um. Mit der Teleportationsvorrichtung geht etwas schief, und dabei kommen fünfundzwanzig Menschen um. Deshalb nennt man es auch den Teleportations unfall .«
    »Oh, ja, natürlich«, sagte Bailey. »Ich habe mich versprochen.«
    »Ich will ja nicht pedantisch sein, aber wenn Lavicini das Théâtre des Encornets mit Vorsatz zerstörte« – Loeser hüstelte – »dann wäre es … dann wäre es ein ganz anderes Stück.«
    Einem Todesröcheln vergleichbar, war dieses Hüsteln der kehlige Ausdruck einer gewaltigen und zwingenden inneren Krise, denn genau in diesem Augenblick kam Loeser zu einem Schluss, was Bailey anging – in einer Art Sturzgeburt, kopfüber, sodass er die Schlussfolgerungen schon mit der Zange gepackt hielt, bevor er die Prämissen hatte abzählen können. Loeser wurde klar, dass Bailey wirklich glaubte, Lavicini habe das Théâtre des Encornets vorsätzlich zerstört; dass Bailey mit dem Gorge-Auditorium so ungefähr dasselbe vorhatte; dass Bailey auch Marsh, Clarendon, Pelton und all die anderen umgebracht haben musste – und erst nachträglich fiel ihm so viel ein, was er gewusst hatte, ohne alles miteinander in Verbindung zu bringen: dass das Außenministerium mit Bailey an der Entwicklung neuer Waffen arbeitete; dass der Außenminister Cordell Hull jedes Wort von Lovecraft für bare Münze nahm; dass Schatten über Innsmouth von Menschenopfern handelte; dass Bailey schon immer viel mehr Einzelheiten aus dem Leben Lavicinis gekannt zu haben schien, als Rackenham in Der Zauberer von Venedig hatte einfließen lassen; dass niemand genau wusste, welche geheimnisvolle Energiequelle die Teleportationsvorrichtung antreiben sollte; dass

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