Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort
sogar egal, ob Drabsfarben mich erschießt und meine Leiche ins Meer wirft. Aber Stent darf es nicht erfahren. Ich liebe den Mann mehr als alles auf der Welt. Ich liebe den Mann so sehr, dass ich nachts mit den Zähnen knirsche … Deshalb muss ich weitermachen. Wenn ich nicht mehr tue, was Drabsfarben sagt, sorgt er dafür, dass Stent alles erfährt, was ich schon getan habe. Wissen Sie, einmal habe ich die Frau von Sinclair Lewis getroffen. Sie steckte im selben Schlamassel wie ich. Aber am Ende ist sie zum FBI gegangen. So mutig bin ich offenbar nicht.«
»Was will Jascha von Bailey?«
»Als die vom NKWD erfuhren, dass Bailey über Teleportation forschte, sagten sie Drabsfarben, sie wollten, dass Bailey überläuft. Das sollte von da an seine Hauptpriorität sein. Aber Drabsfarben kannte nur Künstler und Schriftsteller und Musiker und Architekten. Er hatte damals keine Verbindung zum Caltech. Nicht einmal über Umwege. Dann haben wir gesehen, wie Sie zum Abendessen in die Villa Gorge gingen. Gorge hat sich mit der Million für das Theater am Caltech viel Einfluss gekauft. Drabsfarben glaubte, Sie könnten uns eines Tages nützlich sein.«
Seit der Barkeeper am anderen Ende des Raumes Dolores Mutton bemerkt hatte, polierte er dieselbe Seite desselben Glases in immer kleineren und schnelleren Kreisen. »Deshalb haben Sie mich hinterher angerufen, all Ihre Drohungen zurückgenommen und mir diese Stelle angeboten«, sagte Loeser.
»Ja. Und auf lange Sicht ist es aufgegangen. Das tun Drabsfarbens Pläne fast immer. Wir haben ein wenig Druck gemacht, und Sie haben uns Bailey auf dem Silbertablett serviert. Das NKWD war begeistert. Aber nach ungefähr einem Jahr war Drabsfarben überzeugt, dass Bailey nicht freiwillig überlaufen würde. Also hat er es mit Erpressung versucht.«
»Das hat Adele mir erzählt. Was ist das für ein Geheimnis in Baileys Vergangenheit?«
»Vielleicht ist er ein Schwarzbrenner aus North Dakota. Ich habe keine Ahnung. Drabsfarben hat es mir nicht erzählt. Aber Drabsfarben weiß noch mehr. Er hat noch etwas gegen Bailey in der Hand. Etwas viel Größeres. So groß, sagt er, dass es sogar zu gefährlich sei, es schon ins Spiel zu bringen. Wie dem auch sei, Erpressung hat auch nicht funktioniert. Und Drabsfarben macht sich langsam Sorgen. Das NKWD hat die Komintern zerpflückt, und für sie ist Drabsfarben durch und durch ein Komintern-Mann. Das heißt, er muss aufpassen. Er lässt sich immer seltener in der Öffentlichkeit sehen. Haben Sie gehört, was Willi Münzenberg zugestoßen ist?«
»Wer ist das?«
»Sie kennen ihn nicht aus Berlin? Er ist in der Komintern zur selben Zeit aufgestiegen wie Drabsfarben. Sie haben jahrelang zusammengearbeitet. Sie haben immer in irgendeinem Antiquariat Päckchen für einander deponiert.«
»Im Lunis!«
»Keine Ahnung. Aber vor ein paar Monaten hat man Münzenberg in der Nähe eines Internierungslagers bei Lyon gefunden, an einen Baum geknüpft. Drabsfarben glaubt, ihm könnte es genauso ergehen. Er glaubt, Bailey nach Moskau zu schaffen, sei jetzt seine einzige Rettung. Ich hoffe wirklich, dass es ihm nicht gelingt.«
»Ich auch! Bailey ist heute Abend für meinen Teleportationsunfall verantwortlich.« Loeser trank sein Bier aus. »Zahlen Sie mir die 30 Dollar im Monat weiter?«, fragte er.
»Nein. Falls das Komitee für kulturelle Solidarität weitermacht, möchte ich, dass es wirklichen Exilanten wirklich etwas Gutes tut.«
»Oh. Na gut, eine letzte Frage noch: Haben Sie tatsächlich mit angesehen, wie Jascha jemanden umgebracht hat?« Zum ersten Mal fragte sich Loeser, ob Drabsfarben etwas mit den Morden am Caltech zu tun haben könnte.
»Das habe ich vielleicht nur gesagt, um Ihnen Angst einzujagen. Aber wenn Sie auch nur einen Hauch dieser Angelegenheit verraten, werden Sie wesentlich mehr Ärger am Hals haben als diese gefälschten Schecks.«
»Keine Sorge, Mrs Mutton. Ich sage es nicht weiter. Wem denn auch?«
Die Antwort lautete natürlich: Blimk. Blimk sagte er es weiter. Als Dolores Mutton gegangen war, zahlte er in der Bar des Chateau Marmont die Rechnung, ging in den Laden, in dem er noch immer den größten Teil seiner Nachmittage zubrachte, und plauderte alles brühwarm aus.
»Ich glaube, man hat mir nie überzeugender demonstriert, warum man sich nicht auf die Politik einlassen sollte«, schloss Loeser.
»Die Lady tut mir leid«, sagte Blimk, der Loesers Duft nicht kommentiert hatte, vielleicht weil er im Vergleich zur
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