Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Titel: Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beauman Ned
Vom Netzwerk:
gelangweilt weg und schlug Scramsfield dann mit der interesselosen Effizienz eines Beamten, der einen Pass abstempelt, in den Magen. Scramsfield ging sofort in die Knie, und sein Abendessen fiel ihm aus dem Mund – halbverdautes Steak mit Pommes frites in einem Potpourri aus Rotwein und Whisky ergoss sich auf sein Hemd, auf die Dielen und Dufrènes blank gewichste Schuhe. Er versuchte, wieder auf die Beine zu kommen, aber seine Knie ignorierten ihn, und dann spürte er, wie Loeser ihn unter den Achseln packte. Ein paar Leute applaudierten sarkastisch, als er aus dem Zellis geschleift wurde, wobei seine Hacken durchscheinende Eisenbahnschienen aus Galle auf den Boden malten, und er hörte sich heulen: »Ich habe gegen Hemingway geboxt! Das Schwein zerreiße ich in der Luft! Ich habe gegen Hemingway geboxt!«
    Draußen lehnte Loeser ihn an einen Laternenpfahl und wandte sich dann zum Gehen. »Wo willst du hin?«, ächzte Scramsfield. »Gehst du ein Taxi rufen?«
    »Ich gehe ins Hotel zurück.«
    »Wie komme ich dann nach Hause? Ich glaube nicht, dass ich laufen kann.« In der kalten Nachtluft dampfte sein vollgekotztes weißes Hemd wie frisch gewaschen.
    »Du musst einfach ein paar Minuten ausnüchtern. Wieder zu Atem kommen. Vielleicht bringt dir jemand ein Glas Wasser.«
    »Aber Loeser, du bist mein bester Freund.«
    »Wir kennen uns seit drei Stunden.«
    »Du bist mein bester Freund, und du kannst mich hier nicht so zurücklassen.« Dann fing Scramsfield an zu weinen. Loeser machte eine wütende Bemerkung auf Deutsch und ging bis zur Straßenecke. Nach einer Weile, die Scramsfield endlos vorkam, hörte man ihn in Verhandlungen mit einem ruppigen Taxifahrer, der zwanzig Francs extra verlangte, um Scramsfield auf die Rückbank zu wuchten, und fünfzig als Versicherung gegen weitere Brechanfälle. Es gelang Scramsfield, zwischen zwei algigen Atemzügen seine Adresse auszuspucken, dann half Loeser ihm fünf Stockwerke die Treppen hinauf zu seiner Wohnung, und dann war er im Bett.
    »Zieh mich aus«, sagte Scramsfield. »Ich glaube, ich habe mir in die Hose geschissen.« Es kam ihm vor, als würde jemand das Zimmer mit einem Holzlöffel umrühren.
    »Ganz bestimmt nicht«, sagte Loeser. Da schien ihm plötzlich etwas einzufallen; er blickte sich kurz um und stampfte mit dem Fuß auf. »Ich habe das verdammte Buch in der Bar liegen lassen!«
    »Ja, es war unter deinem Stuhl.«
    »Warum hast du mich nicht daran erinnert? Ich muss es holen.«
    »Nein. Geh nicht. Du kannst jetzt nicht gehen. Wenn du gehst, muss ich sterben. Du bist mein bester Freund.« Er wollte sich die Schuhe ausziehen, aber sie waren zu weit weg.
    »Ich brauche das Buch. Morgen ist es weg.«
    »Unter meinem Schreibtisch steht eine Flasche Champagner. Richtig gut. Richtig teuer. Ich hatte ihn für die Fertigstellung meines Romans aufgehoben, aber wenn du bleibst, kannst du ihn trinken.«
    Loeser suchte den Champagner und ließ den Korken knallen. Es stieg kein Nebel auf. Er nahm einen Schluck und verzog das Gesicht. »Das ist ja höllisch«, sagte er, als er wieder reden konnte. »Das ist ja, als hätten sie den zu erwartenden Kater gleich als eine Art Omen in den Geschmack eingebaut.« Er betrachtete das Etikett. »Und ›Champagner‹ ist falsch geschrieben.«
    »Jetzt, wo du ihn aufgemacht hast, kannst du nicht gehen«, sagte Scramsfield in unverhohlenem Triumph. »Das war meine Flasche für besondere Anlässe. Du hast sie aufgemacht, und jetzt musst du hierbleiben.«
    Loeser seufzte, setzte sich auf den Schreibtischstuhl und würgte noch einen Schluck »Champaggner« herunter. Auf dem Schreibtisch befand sich nichts außer einem gerahmten Foto von Phoebe, einem Paar Unterhosen, einer leeren Flasche Grenadine und einem klumpigen Berg Zigarettenasche, unter dem sich vermutlich ein gestohlener Hotelaschenbecher verbarg, zwischen Schreibtisch und Wand aber lagen auf einem Stapel drei Päckchen, von denen ein jedes aus zweihundert Exemplaren der ersten Ausgabe von apogee bestand, wovon man die vier abziehen musste, die er heim nach Boston geschickt hatte, und die beiden, aus denen er in der vergangenen Woche aus Langeweile eine Armada von Papierschiffchen gefaltet hatte. Loeser nahm sich eines der restlichen fünfhundertvierundneunzig und fing an, es durchzublättern.
    »Ist das deine Literaturzeitschrift?«
    »Ja.«
    »Warum liegen die alle noch in deiner Wohnung?«
    »Ein dichtender Itaker namens Vaccaro will mich totschießen, wenn ich sie in Paris

Weitere Kostenlose Bücher