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Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Titel: Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beauman Ned
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in Umlauf bringe. Er begreift nicht, dass ich das sowieso nie vorhatte, was vielleicht komisch klingt.« Scramsfield erklärte, er habe einen homosexuellen Schulfreund aus Boston namens Rex Phenscot, dessen ganzer Ehrgeiz es gewesen sei, eine Kurzgeschichte in einer einflussreichen Avantgarde-Zeitschrift in Paris unterzubringen, weil viele seiner Helden aus den zwanziger Jahren so angefangen hatten. Also hatte Scramsfield Phenscot einen Brief geschrieben und ihm vorgeschlagen, seinen Anwaltsvater zu bitten, etwas Geld in die erste Ausgabe von apogee zu investieren. Das Geld traf auch brav ein, und er verwendete die eine Hälfte für die Bezahlung der »Redaktion« und die andere für die Druckkosten. (Er hätte auch die Rechnung des Druckers fälschen und alles für sich behalten können, aber er war schließlich kein Hochstapler.) Phenscots Kurzgeschichte über einen Zwischenfall in einem Lokal auf dem Lande nahm nur wenige Seiten ein, also hatte Scramsfield ausreichend Dada-Poesie produziert, um den Rest der Zeitschrift vollzukriegen, wozu er wahllos Absätze aus der Reparaturanleitung für einen Heizkessel in freien Vers gefasst hatte, was bestimmt ausreichend verwirrend war, um seinen Mäzen zufriedenzustellen; aber dann hatte Vaccaro die Druckfahnen in die Finger bekommen und Scramsfield wütend bezichtigt, ihm seine beste Idee geklaut zu haben. Also musste apogee sich, abgesehen von den beiden Exemplaren für seine Eltern und den beiden für die Familie Phenscot, ängstlich in seiner Wohnung verstecken. Diese ganzen Laffen wie Vaccaro hielten sich für mutig und aufregend wie sonst was. Nun, Scramsfield kannte ein Mädchen namens Penny, das im vergangenen Winter mit einer ganzen Reihe bekannter Dadaisten und Surrealisten ins Bett gegangen war und dann diese Clique verlassen hatte, um die Geliebte eines schuppenflechtigen protestantischen Hypothekenbuchhalters aus Grindelwald zu werden; nicht des Geldes wegen, wie sie sagte, sondern weil sie im Bett mehr Einfallsreichtum wollte.
    »Das war also wirklich die erste Zeitschrift, die T. S. Eliot gedruckt hat?«, fragte Loeser.
    »Ich habe nie eine Zeile von T. S. Eliot gelesen. Du?«
    »Nein.«
    »Hast du Joyce gelesen?«
    »Sobald ich Berlin Alexanderplatz durchhabe, mache ich mich mit Freuden an Ulysses . Hast du wirklich gegen Hemingway geboxt?«
    »Nein. Ich bin ihm nur ein einziges Mal begegnet. Die Zeit hat nicht einmal gereicht, um mich vorzustellen.«
    »Was haben die hier eigentlich alle mit diesem Hemingway? In Berlin liest den keiner.«
    »Wen lesen sie denn dort?«
    »Von den Amerikanern? Keine Ahnung. Ich lese Stent Mutton.«
    »Ich liebe Stent Mutton!«, sagte Scramsfield entzückt. Dann machte er ein langes Gesicht. »O Gott, Stent Mutton könnte so etwas nie passieren. Stent Mutton würde sich nie von einem teuren Hutmacher für reiche Französinnen verprügeln lassen. Stent Mutton würde sich nie von dem Scheiß-Zahnpastatubenmann verprügeln lassen.«
    »Nein. Ich stelle ihn mir immer als eine Art grauhaarigen Ex-Landstreicher vor. Der immer noch ein altes Messer in der Tasche hat, auch wenn er in den Verlag geht, um einen Vertrag für die Hörspielfassung zu unterschrieben. Man weiß ja nie.«
    »Ja, genau. Der darf seinen Verbrecherfreunden wahrscheinlich nicht mal erzählen, dass er Schriftsteller geworden ist, weil sie das nicht verstehen würden. Ich habe genau das gegenteilige Problem.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich sitze jetzt seit sechs Jahren an Der Kummer der Edlen . Bin nie weiter gekommen als bis zum ersten Absatz. Ich weiß nicht mal, wovon das Buch handeln soll, außer von, na ja, ein paar reichen Herumtreibern, die edel sind, aber auch – na ja, du weißt schon.«
    »Kummer haben.«
    »Ja. Ich habe schon mal ein Buch geschrieben, ein richtiges, eins über Fakten, unter Pseudonym, aber da ging es nur um Geld. Ich habe nur drei Tage gebraucht und es nie zu Gesicht bekommen. Und dass ich nicht wirklich einen Roman in der Schublade habe, kann ich niemandem erzählen. Genauso wenig wie ich diesen Damen erzählen kann, dass ich Hemingway und Joyce und Fitzgerald und Eliot nicht kenne und sonst auch niemanden.«
    »Du bist genauso schlimm wie Rackenham.«
    »Wie wer?«
    »Ein Schriftsteller, den ich aus Berlin kenne. Er hat ein Buch über Lavicini geschrieben, das einen glauben machen will, man würde durch Venedig und Paris geführt und all diesen aufregenden Koryphäen vorgestellt. Aber in Wahrheit kann er dich niemandem vorstellen. Er

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