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Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Titel: Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beauman Ned
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kennt auch niemanden. Alles Unsinn.« Loeser unterbrach sich und blickte tief in den Flaschenhals wie in das Rohr eines Mikroskops. »Allmählich schmeckt der gar nicht mehr so schlecht. Und außerdem rieche ich dich kaum noch.«
    »Wer ist denn nun dieses Mädchen?«, sagte Scramsfield. »Ist es jung? Ach, wozu überhaupt fragen. Natürlich ist es jung. Was sonst?«
    »Ich trachte danach, sie zu ficken, seit – Gott im Himmel, drei Jahre sind es nun schon. Aber ich habe dabei noch immer das gleiche Gefühl wie ganz zu Anfang – wenn ich sie ficken würde, nur ein einziges Mal, dann wäre irgendwie alles wieder gut. Sogar alles Vergangene. Eine jede und ein jedes, die und das ich mir je habe entgehen lassen. Kannst du das verstehen?«
    Scramsfield verstand. »Hast du Französinnen gefickt, seit du hier bist?«
    »Nein. Ich habe mit keiner mehr geschlafen, seit ich hinter Adele her bin. Nicht weil ich ihr treu sein will, das wäre idiotisch, es ist einfach nur so, dass – ich weiß auch nicht. Es ist nie passiert.«
    »Du hast dich drei Jahre lang nicht mehr flachlegen lassen?«
    »Nein.«
    »Buuhuu«, sagte Scramsfield. »Das ist noch gar nichts. Ich hatte schon fünf Jahre keine mehr.«
    »Warum nicht?«
    »Ich kriege keinen hoch. Manchmal gehe ich probeweise zu Nutten, aber am Ende lutsche ich immer nur an ihren Titten rum.«
    »Hast du nicht gesagt, du hättest eine Verlobte? Was machst du, wenn sie herkommt und ihr heiratet?«
    Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da war es Scramsfield, wenn er sich betrank, als würde er sich von seiner eigenen Party stehlen und nach nebenan gehen, und seine Gäste wären höflich genug, ihm nicht zu folgen, und er säße allein da und hätte seine Ruhe. Jetzt drängelten sie sich alle immer mit hinein, wenn er nach nebenan ging. »Sie kommt nicht«, sagte er. »Phoebe kommt nicht nach Paris.« Es entstand eine lange Pause, in der sie nichts hörten als das ferne Schleifen und Klappern des von Pferden gezogenen Pumpenwagens, der jede Nacht wie ein koprophages Ungeheuer vorbeikam und die Klärbehälter im Viertel leerte. Dann erzählte Scramsfield Loeser von Phoebe.
    Sie hatten einander im Sommer 1927 kennengelernt, kurz nachdem Scramsfield von Yale verwiesen worden war. Man hatte ihm vorgeworfen, bei drei verschiedenen Prüfungen geschummelt zu haben, und der Dekan hatte sehr deutlich gesagt, Scramsfield müsse nur einen Entschuldigungsbrief schreiben, dann werde man ihn für das zweite Studienjahr wieder zulassen, aber allem Drängen seiner Eltern zum Trotz, die offenbar beschlossen hatten, dem Dekan mehr zu glauben als ihrem eigenen Sohn, weigerte Scramsfield sich, einen Schuldspruch anzuerkennen, von dem er unerschütterlich behauptete, er sei falsch. Eines heißen Samstagnachmittags im August, als der Familie der Raureif der Zwietracht noch immer schwer auf den Zungen lag, schlug seine Mutter einen Besuch des Isabella-Stewart-Gardner-Museums vor. Scramsfield hatte keine Lust, wollte es aber auch nicht so aussehen lassen, als würde er schmollen, also begleitete er seine Eltern.
    Im Tizian-Raum mit seinem himbeerroten Wandbehang begegneten ihnen durch Zufall die Kuttles, eine andere reiche Bostoner Familie aus Back Bay. Scramsfield hatte die blonde Tochter der Kuttles noch nie gesehen, und als er so mit ihr vor Raub der Europa stand, jagte ihre Schönheit ihm einen solchen Schrecken ein, dass er, als sie einen begeisterten Kommentar zu dem Tizian abgab, einfach nur dastand und sie stumm anstarrte wie ein debiler schwitzender Lift-Boy. Er erfuhr erst später, sie habe geglaubt, er habe ihre naive Anmerkung zum Tizian so sehr verachtet, dass sie ihm nicht einmal eine Antwort wert gewesen sei.
    Und so glitt ihr Liebeswerben ein paar Monate lang dahin. Phoebe sagte etwas über Kunst oder Dichtung oder Musik oder Philosophie, und Scramsfield hörte entweder nicht zu, weil er sich in den Obsthainen ihres Gesichts verloren hatte, oder er hörte doch zu, verstand aber nicht, was sie meinte, aber immer setzte er dabei dieses strenge, nachdenkliche Gesicht auf, und Phoebe schloss daraus, dass sie noch immer nicht schlau oder gebildet genug sei, um ihn zu beeindrucken. Manchmal deutete er an, er habe seinen Abgang von Yale bewusst eingefädelt, weil er erkannt habe, in einer derlei verschmockten Einrichtung nichts mehr lernen zu können. Phoebe begann Scramsfield anzuhimmeln, gerade so wie Scramsfield Phoebe anhimmelte, aber mit dem Unterschied, dass er seine Anbetung geheim halten

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