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Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Titel: Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beauman Ned
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aus Bevilacquas Büro geflohen war: die Furcht, dass er Adele morgen nicht, übermorgen nicht und überübermorgen auch nicht finden würde – dass Dispersion einen nicht nur gegen unglückliche Zufälle wappnete, sondern auch gegen glückliche – dass zwei Blinde, die über den Dorfplatz irrten, sterben konnten, bevor sie einander begegneten – dass vielleicht kein noch so starkes Begehren, keine noch so starke Entschlossenheit gegen die schiere hirnlos gigantische Fläche dieses Ortes ankam – dass er zwar vom Vermögen seiner Eltern genug Geld für einen Urlaub in Paris abgezapft hatte, ihm aber das Geld, wenn er im Chateau Marmont blieb, bald ausgehen würde und er dann heimkehren müsste, ohne ein Ergebnis vorweisen zu können.
    All das stimmte vermutlich. Aber es war ihm egal. Er würde keinen Tag länger in diesem unsinnigen Land bleiben als unbedingt nötig. »Es tut mir leid, Colonel Gorge«, sagte er, »aber wie ich Rackenham schon sagte, werde ich nicht so lange in Kalifornien bleiben, dass ich meine eigene Wohnung bräuchte. Ich reise bald zurück nach Berlin.«
    »Sagen Sie, Herr Loeser, wie sind denn die Straßenbahnen in Berlin?«, fragte Plumridge.
    »Großartig«, sagte Loeser mit Inbrunst. Abgesehen von Nerlinger, der S -Bahn-Züge malte, schien zu Hause niemand an ausführlichen Gesprächen über den öffentlichen Nahverkehr interessiert zu sein.
    »Ihr hattet da drüben natürlich die ersten elektrischen Straßenbahnen der Welt.«
    »Das wusste ich nicht.«
    »Klar. Siemens. Technisch wunderschön gemacht. Ich hatte mal ein Radio von denen. Musste ich aber rausschmeißen. Sie finanzieren die Nazis, und die Familie meiner Frau ist jüdisch.«
    »Ich bin heute morgen mit einer Ihrer amerikanischen Straßenbahnen gefahren«, sagte Loeser. »Durchaus akzeptabel.«
    »Wo ging es hin?«
    »Von Hollywood nach Pacific Palisades.«
    »Mit der Santa Monica Air Line wahrscheinlich? Die zweitälteste Linie in Kalifornien. Wurde früher den ganzen Tag über bedient, mit den Red Cars, von der University of Southern California bis ganz an die Küste. Jetzt fährt sie nur während der Rushhour, und selbst da kaum noch. Eine Schande ist das. Wissen Sie, früher hatte Los Angeles den besten öffentlichen Nahverkehr im ganzen Land. Jetzt haben wir so gut wie gar nichts mehr.«
    »Ich habe gehört, General Motors stecke hinter dem Untergang der Straßenbahnen«, sagte Rackenham. »Eine Art Verschwörung.«
    »Rote Propaganda!«, sagte Gorge und schlug so fest mit der Faust auf den Tisch, dass Loeser zu sehen meinte, wie sich ein halb gegessener Hamburger kurzzeitig in seine vertikalen und horizontalen Bestandteile auflöste.
    »Unser Gastgeber hat in der Sache recht«, sagte Plumridge. »Die Straßenbahngesellschaften gehen aus vielen Gründen unter, aber Verschwörungen haben nichts damit zu tun. Der Hauptgrund ist, dass die Leute sie hassen. Und zwar zu Recht. Diese Gesellschaften lassen das absolute Minimum an Wagen fahren, das noch durchgeht. Sie kümmern sich nicht um Sicherheit und Sauberkeit. Sie betrügen und bestechen. Viele von ihnen werden überhaupt nur gegründet, um die Immobilienpreise nach oben zu treiben. Und selbst wenn sie ein Konsortium aus lauter Heiligen wären, wären sie nicht überlebensfähig. Das Problem ist der Verkehr. Wer nimmt die Straßenbahn, wenn man damit genauso im Stau steht wie mit jeder anderen Klapperkiste auch? So kann man keinen Profit machen. War vorher schon schwer genug, und dann kam die Wirtschaftskrise. Nein, wir dürfen die Sache nicht den Straßenbahngesellschaften überlassen. Die Stadt muss das übernehmen. Pittsburgh hat gerade all seine privaten Bahngesellschaften aufgekauft und will sie so lange mit Verlust weiterbetreiben, bis die Krise überwunden ist.«
    »Wie kann die Stadt es sich denn leisten, die Straßenbahnlinien aufzukaufen?«, sagte Rackenham.
    »Kann sie gar nicht. Die Straßenbahngesellschaften blähen ihren Wert auf, damit die Banken und die Aktionäre glücklich sind. Aber selbst wenn sie uns einen fairen Preis machen würden, wäre er noch zu hoch. Wir lassen sie einfach pleitegehen. Dann fangen wir ganz neu an. Los Angeles ist nicht Pittsburgh. Wir müssen wirklich sehr viel ehrgeiziger sein. Vor allen Dingen müssen wir die Bahn auf Stelzen setzen, damit wir gegen den Verkehr ankommen. Wir hätten schon anno ’26 Hochbahnen bekommen, wenn Harry Chandler nicht gewesen wäre.«
    »Wer ist das?«, sagte Loeser.
    »Der Tyrann von der LA Times .

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