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Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Titel: Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beauman Ned
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die Antwort schon zu kennen.
    »Ein französischer Chirurg hat sie sich ausgedacht. Er kam anno ’26 durch Kalifornien, und der Colonel hat seine Dienste in Anspruch genommen. Sie haben vielleicht schon von ihm gehört? Dr. Sergej Woronoff.«
    »Nein, der Name sagt mir nichts.«
    »Normalerweise sieht die Operation die Transplantation gewisser Primatendrüsen in den menschlichen Körper vor. Aber der Colonel fand, solches ›Affenzeug‹ nütze ihm nichts.«
    »Wo hat er die Drüsen dann herbekommen?«
    »Von einem Kojoten. Der Colonel hat ihn persönlich erlegt.«
    Loeser kam zu dem Schluss, dies sei seine letzte Chance, noch etwas aus dem Abend zu machen, also sei Dreistigkeit vonnöten. »Gehört die Jagd zu den Hobbys des Colonels?«
    »Ja. Er ist sehr geschickt im Umgang mit dem Gewehr. Und Pfeil und Bogen. Und dem Tomahawk. Und mit den Händen.«
    »Hat er noch mehr Hobbys?«
    »Einige.«
    »Gehört dazu auch … Ein gemeinsamer Bekannter hat mir erzählt, Colonel Gorge verfüge über eine imponierende Sammlung von …«
    »Ja?«
    »Von Inkunabeln ganz besonderer Art, könnte man vielleicht sagen.«
    »Ich fürchte, ich weiß nicht genau, worauf Sie anspielen. Der Colonel ist nicht gerade eine Leseratte. Eher ein Naturbursche. Übrigens, Mr Loeser, sollten Sie es sich mit dem Haus in Pasadena anders überlegen, ein Anruf genügt. Mr Rackenham kommt oft bei uns vorbei, ich kann ihm also die Schlüssel geben, und er kann sie auf dem Rückweg nach Venice Beach bei Ihnen abliefern. Ich fürchte, ich werde keine Zeit haben, das Haus mit Ihnen zu besichtigen, aber Sie können es sich ansehen, wann immer Sie wollen. Wenn es Ihnen gefällt, ziehen Sie einfach ein. Wenn nicht, geben Sie die Schlüssel wieder ab, gar kein Problem. Wir können es Ihnen für 30 Dollar im Monat überlassen. Wie Colonel Gorge schon sagte, es wäre Verschwendung, es leer stehen zu lassen.«
    Selbst Loeser, der wenig vom Wert des Dollars verstand, wusste, dass das keine hohe Miete war. Trotzdem sagte er: »Sehr freundlich von Ihnen, aber das wird nicht nötig sein.« Er merkte, dass er bei Woodkin nicht weiterkommen würde, und zum ersten Mal fragte er sich, ob Blimks Klatsch vielleicht jede Grundlage fehlte. Vielleicht hatte er heute Abend seine Zeit verschwendet. Aber da begriff er plötzlich, was er schon vor einer Stunde hätte begreifen sollen. Wenn Gorge und seine Frau nicht mehr miteinander schliefen, dann musste die Vernachlässigung nicht unbedingt von der Frau ausgehen. Ein Mann mit Gorges neurologischer Störung dürfte für gewisse fotografische Stimulanzien außerordentlich empfänglich sein. Loeser wurde geradezu schwindelig bei dem Gedanken, wie viel Genuss man aus einem Buch wie Mitternacht in der Schwesternschule würde ziehen können, wenn man das Glück hatte, an visueller Agnosie zu leiden. Natürlich würde man zum Sammler werden. Natürlich würde man seine Sammlung vergrößern, bis sie die größte der Welt war. Natürlich wäre man von seiner Frau abgelenkt. Loeser wollte fast schon selbst ein paar Liter Politur schnüffeln. Er würde nie wieder Angst haben müssen, zurückgewiesen zu werden.
    Nicht, dass man in dieser Stadt jemals richtig Nein sagte, wie ihm sehr wohl aufgefallen war. Selbst wenn man ein Mädchen ganz offen anbettelte, sich von einem ficken zu lassen, würde sie wahrscheinlich sagen: »Es tut mir schrecklich leid, im Augenblick haben wir einfach nichts Passendes frei. Aber wir werden Sie vormerken, und es könnte sich schon bald etwas ergeben. Wir freuen uns über Ihr Interesse und halten Sie für sehr geeignet.« Als sie kurz an einer Ampel hielten, sah er am Straßenrand, gleich neben einem Kinderspielplatz, ein kleines Wäldchen aus Erdölpumpen, die in ihren Holzverschalungen aussahen wie die Rettungsschwimmertürme am Strand. Man fand sie in der ganzen Stadt, und sie nickten und nickten und nickten, endlos, dämlich affirmativ. Kurz vor dem großen Erdbeben würden sie vielleicht endlich alle anfangen, die Köpfe zu schütteln.
    Chateau Marmont
    Das Telefon weckte Loeser. In jeder Nacht, die er in Kalifornien verbracht hatte, hatten seine Augen ganze Gebirge von Augenbutter produziert, wie ein Abfallprodukt der langsamen Anpassung seines Körpers an das Klima. Er rieb sie sich ab, bis er sehen konnte, und griff dann nach dem Hörer. »Hallo?«
    »Dolores Mutton hier.«
    »Ich bin nicht mal nicht in die Nähe Ihres Hauses gekommen!«, kreischte Loeser in solcher Panik, dass ihm unwillkürlich die

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