Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

heute.« Nach kurzer Analyse ging Loeser davon aus, dass Gorge sich jeweils auf seine Frau, seine Tochter und die Einladung bezog. Gorge wandte sich an Woodkin. »Sagen Sie Watatsumi, nichts mit Thunfisch. Brauchen heut kein Mädchenessen.« Woodkin nickte und ging. »Nazi, Loeser?«, fragte Gorge.
    »Wie bitte?«
    »Nazi?«, wiederholte Gorge, als wollte er Loeser eine Art von Horsd’œuvre anbieten.
    »Nein. Loeser ist unpolitisch«, mischte sich Rackenham ein. »Er freut sich bestimmt sehr, den ganzen Unannehmlichkeiten Berlins entkommen zu sein.«
    Loeser dachte an Brecht und nickte.
    »Professor Einstein hat mir bei seinem letzten Besuch im Institut gesagt, er werde vielleicht sehr lange nicht mehr zurück nach Hause können«, sagte Marsh.
    »Wie ist er so?«, fragte Rackenham.
    »Faszinierend. Wissen Sie, letztes Jahr hat eine Frau dem Robinson Laboratory 10 000 Dollar gespendet, um ihn kennenlernen zu dürfen. Gut investiertes Geld, muss man sagen.«
    »Viel geredet, er und Bailey?«, sagte Gorge.
    »Ja, tatsächlich. Was ungewöhnlich ist. Professor Bailey ist sonst sehr verschwiegen, was seine Arbeit angeht.«
    »Warum sollte ein Caltech-Physiker verschwiegen sein?«, sagte Plumridge. »Er will ja keinen Toaster patentieren, er jongliert nur mit Atomen.«
    »Ich denke, er möchte nicht einmal leise Andeutungen über seine Forschungen in die Welt bringen, bevor er sich völlig sicher ist, dass etwas Lohnendes daraus wird.«
    »Fachbereich?«, sagte Gorge.
    Marsh zögerte. »Physik.«
    »Weiß ich doch! Gebiet?« Marsh antwortete nicht. »Theoretisch oder angewandt?«, sagte Gorge. Marsh antwortete noch immer nicht. »Wissen Sie’s nicht oder wollen Sie’s nicht sagen?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Marsh schließlich.
    »Wollen Sie uns erzählen, dass Sie nicht die leiseste Ahnung haben, woran Ihr Top-Wissenschaftler arbeitet?«, höhnte Plumridge. »Außer dass es ›Physik‹ ist? Redet er mit niemandem darüber?«
    »Doch, er hat eine wissenschaftliche Mitarbeiterin«, sagte Marsh. »Aber er hat eine genommen, die nicht aus der Fakultät kommt – sie ist sogar fachfremd –, damit es im Fachbereich weniger Klatsch gibt. Ich weiß nur, dass er Kontakte nach ganz oben im State Department hat. Wie eine Menge anderer Physiker auch, um die Wahrheit zu sagen. Aber mehr sollte ich wirklich nicht verraten.«
    »Waffen«, sagte Gorge.
    »Vielleicht«, sagte Marsh. »Wie Sie wissen, ist Dr. Milligan sonst strikt dagegen, dass die Regierung sich in die Wissenschaft einmischt, aber er findet, bei Forschung zu Verteidigungszwecken dürfe man eine Ausnahme machen.«
    »Habe da investiert, drum die Frage. Interessier mich dafür.«
    »Natürlich.«
    »Der Colonel hat Caltech gerade eine große Schenkung gemacht«, erklärte Rackenham Loeser.
    »Million für das Gorge-Auditorium«, sagte Gorge. »Sollen mal bisschen Theater machen. Können nicht immer im Labor hocken, die Studenten. Hatte eine Oper in Paris, mein Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Urgroßvater. Hatte ein versautes Puppentheater in New Orleans, mein Ur-Ur-Ur-Urgroßvater. Familientradition. Nichts für mich, bin aber verdammt stolz drauf.«
    »Wenn es fertig ist, wird das Gorge-Auditorium eines der schönsten Gebäude auf dem Campus sein«, sagte Marsh.
    »Was für eine große Errungenschaft«, sagte Plumridge.
    Woodkin kam zurück in den Salon. »Watatsumi sagt, das Essen sei fertig, Sir.«
    »In die Kantine!«, rief Gorge und die anderen folgten ihm ins Speisezimmer, wo über einem langen Tisch ein Kristallleuchter von galaktischen Ausmaßen hing. Sie nahmen alle Platz, außer Woodkin, der sich wie ein Kammerdiener hinter Gorge aufstellte. Zwei Hausmädchen trugen fünf silberne Servierteller auf, unter jeder Haube lag ein Cheeseburger, daneben ein Porzellanschälchen mit frittierten Kartoffeln.
    Loeser sah, dass Rackenham, der neben ihm platziert worden war, einen Füllfederhalter herausgeholt hatte und unbeholfen ein gurkenartiges Etwas auf seine Serviette kritzelte. Dann gab er Loeser die Serviette und flüsterte: »Sag Gorge, dass du keine Essiggurken magst, und biete sie ihm an.«
    »Warum?«
    »Sag es einfach. Dass du keine Essiggurken magst, und ob er sie will. Das wird ihm gefallen. Versprochen. Du kennst dich noch nicht mit den amerikanischen Tischsitten aus.«
    Loeser räusperte sich. Er wollte das nicht tun, aber er hatte Rackenham diese Einladung zu verdanken, also war er sich nicht sicher, ob er Nein sagen konnte. »Colonel Gorge, ich fürchte, ich