Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman
nicht schaffen.
Pünktlich zum Beginn des Wintersemesters in drei Wochen werde ich zurück nach Berlin ziehen und mein Studium beenden. Es ist auch für Clara gut, wenn sie ein Verhältnis zu ihrem viel beschäftigten Vater aufbauen kann. Und zu ihren Großeltern natürlich, die zur Taufe einen ganzen Lastwagen an Geschenken geschickt haben.
Professor Mandelbaum hat mir nach dem Examen eine Stelle als wissenschaftliche Assistentin in Aussicht gestellt mit der Möglichkeit, zu promovieren. Ich habenoch nicht zugesagt, denn die Arbeit an der Uni bringt zwar Prestige, aber in der freien Wirtschaft bekommt man mehr Geld, und mein Lebensunterhalt wird nicht gerade billig sein. Ein Freund von Gilbert (aus seiner Zeit im Kongo) hat mir eine Wohnung besorgt, mit fünf Zimmern und einer Dachterrasse so groß wie ein Tennisplatz. Die Miete ist zwar für eine solche Luxuswohnung lächerlich gering – der Freund aus dem Kongo sagte etwas von Schwarzgeld, Scheinfirma und Steuervorteil, und ich beschloss besser wegzuhören –, aber als Miete für eine Studentenbude immer noch hoch genug. Ich werde also vorerst kein Geld zum Verplempern haben.
Gilbert sagt, er sorgt dafür, dass sich die Leute von Mein schöner Garten und Elle decoration auch darum reißen werden, unsere Dachterrasse zu fotografieren. Er wird mit nach Berlin kommen, als unser Gärtner und Claras Kindermädchen. Im Augenblick lässt er prüfen, ob die Statik der Terrasse es zulässt, dort auch einen Teich anzulegen. Er möchte unter anderem Schmuckschildkröten und Bergmolche züchten. Nun ja. Nebenbei, sagt er, möchte er noch einige andere Geschäfte aufziehen und Berlin sei dafür besser geeignet als Jahnsberg. Welche Geschäfte er genau aufziehen will, sagt er nicht, und ich hüte mich zu fragen. Mir reicht, wenn er meine Tochter aufzieht, und das macht er bislang sehr gut.
Wenn ich mein Examen in der Tasche habe und mein Kängurubauch wieder in Form ist, werde ich mich vielleicht auch noch mal verlieben. Betty sagt, sie hat neulich erst in der Cosmopolitan gelesen, dass Mütter mit Kindern durchaus erotische Signale aussenden können.Das Klischee vom nach sauren Bäuerchen riechenden, geschlechtsneutralen Muttertier sei längst von unzähligen prominenten Müttern widerlegt worden. Barbara Becker, Madonna, Demi Moore, jede Menge von den Spice girls – alles Beispiele für Frauen, die trotz Kindern super aussähen. In der Cosmopolitan habe übrigens auch gestanden, wie man in wenigen Tagen seine Bikinifigur wiedererlange, sagte Betty. Ein bisschen Gymnastik, und schon sähe ich aus wie neu.
»Alles eine Frage der Disziplin«, sagte Betty.
Als sie gestern allerdings einen Blick auf den Kängurubauch geworfen hat, murmelte sie kleinlaut etwas von teuren Miederhosen und Schönheitsoperationen. Ich zeigte ihr einen Vogel. Solange ich nicht auf meine Bauchdecke trete, gebe ich mein Geld lieber für andere Dinge aus.
Es steht also eigentlich alles zum Besten.
Manchmal habe ich allerdings schon das Gefühl, dass nicht alles so ist, wie ich es mir erträumt habe, von der Bauchdecke mal abgesehen. Es gibt durchaus unvollkommene Momente in meinem Leben. Zum Beispiel, wenn Clara endlich schläft und ich trotzdem wach im Bett liege, weil der Empfänger der Babyüberwachungsanlage neben meinem Kopfkissen plötzlich russisch spricht!
»Krrrrrrk prutschikisteckidossohackepacke … krrrrrk« – es könnte auch finnisch sein, da bin ich mir nicht so sicher. Das letzte Mal habe ich mir den Sender geschnappt, mich damit im Badezimmer eingeschlossen und die verdammten Funker auf Deutsch angeschrien, sie sollen auf der Stelle die Frequenz wechseln oder meine Freunde von der Mafia würden sie auftreibenund auf die Schienen der Transsibirischen Eisenbahn binden. Ich weiß nicht, ob sie mich verstanden haben, aber seither herrscht Ruhe in der Babyüberwachungsanlage.
Ich kann ehrlich von mir sagen, glücklich zu sein, jedenfalls meistens, und im Großen und Ganzen halte ich mich an Theodor Fontane, der sagte: »Wenn man glücklich ist, sollte man nicht versuchen, noch glücklicher zu werden.«
Nachwort in eigener Sache
Handlung und Personen sind völlig frei erfunden, denn
… wollt ihr ein Bild der Wirklichkeit erstellen, müsst ihr euch ganz bewusst den Lügnern zugesellen …«
(Robert Graves)
Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Und um wirklich jedem Missverständnis vorzubeugen: Ich
Weitere Kostenlose Bücher