Ehemänner
einmal die Anrufe jenes Verrückten, der ihr einmal den Verstand geraubt hatte, wollte sie mehr entgegennehmen.
Seit der Sache mit ihm sperrte sie ihr vereinsamtes Herz einfach in eine Kiste und erlangte so eine Art Frie den, der eher inspirierend als trübselig war. In ihrem Kopf, aus dem Adressbuch ihres Handys und in ihrem Terminkalender löschte sie alle Daten, die sie auch nur entfernt an eines der Worte erinnerten, die sie mit dem Mann ausgetauscht hatte, der einst Teil ihres Lebens gewesen war und einen Teil ihres Körpers aus dem Gleichgewicht geworfen hatte. Jeden Hauch eines Flirts bauschte sie je nach Lust und Laune auf und versagte sich die Erinnerung an die Stimme, die das fragile Gerüst ihrer inneren Balance gefährdet hätte, auf dem sie wie ein Seiltänzer jonglierte. Bis sie auf einem dieser Geschäftsessen, die mal in einem Musikabend, mal in einer gemeinsam verbrachten Nacht enden, unverhofft einem Herrn begegnete, der sie zumindest die Stirn runzeln und sie über das Unmögliche nachgrübeln ließ. Sie erschauderte bei der Vorstellung, erneut dieses Wagnis einzugehen, das sie mit Problemen konfrontieren würde, mit denen sie sich doch auf keinen Fall mehr belasten wollte. Bisher hatte sie sich die bloße Erwägung, aus einer Romanze etwas Ernstes werden zu lassen, strikt untersagt, denn sollte es wider Erwarten doch so kommen, würde sie unweigerlich die unvermeidliche Stimme anrufen und erkennen, wie hoffnungslos es ist und dass ihre ganze Enttäuschung sie immer noch mehr berührte als jedes Glück. Außerdem hatte sie Panik vor der lähmenden Wirkung, die ein Vergleich zwischen beiden Männern auf ihr Leben haben konnte. Sie wollte den Neuen lieben, ohne den Alten zu hören, um durch die Gegenüberstellung nicht alles wieder zu zerstören. Also machte sie sich daran, so glücklich zu sein, wie es eben ging. Sie schwang sich auf jede Wolke, die sich ihr bot, glaubte wieder an die Sterne und erklomm das Glücksrad, bis sie sich eines schönen Tages dabei überraschte, dass sie sich so leicht fühlte wie noch nie. Das gefiel ihr dermaßen, dass sie am liebsten auf der Stelle auf die Straße hinausgelaufen wäre, um es aller Welt zu verkünden.
»Phantastisch!«, sagte ihre Kusine Luisa, die über alles im Bilde war. »Genau das brauchtest du, um das Ungeheuer zu erlegen.«
Adriana hasste ihre Kusine, weil sie aussprach, was sie selbst nur allzu gut wusste: Es gab immer noch einen winzigen Spalt, durch den das trügerische Licht der Vergangenheit sickerte. Sie fürchtete sich davor, einen Blick hindurch zu werfen.
Unter diesen Umständen nahm sie eines Morgens allen Mut zusammen und rief ihren Ex an. Die Telefonstimme reagierte mit einer Menge Liebenswürdigkeiten.
Mit Bieneneifer und hochkonzentriert lauschte sie ihm, wie er seine besten Geschichten entfaltete, vage Details rekapitulierte, suchte, vermutete, beschwor. Um nicht gleich klein beizugeben, brachte sie ihn so weit, einen Streit beizulegen. Nichts entfachte so sehr ihre Lust, ihn vom Scheitel bis zum Pimmel zu küssen. Doch selbst so bebte nichts in der Region ihres Bauchnabels, und schon gar nicht der Boden, auf dem sie sich so glücklich bewegte, als beherrschte sie den Tanz auf dem Drahtseil. Sie verabschiedete sich.
Vor ihr stand ihre Kusine, die als Zeugin unverzichtbar gewesen war. Es lag bereits in der Luft, aber die Kusine wollte es um jeden Preis hören:
»Was war das für ein Gefühl?«, fragte sie.
»Als hätte ich bei der Zeitansage angerufen«, sagte Adriana.
»Und wie spät war es?«
»Zu spät«, sagte Adriana.
Der Stoff, aus dem das Glück
gewirkt ist
Mit zwölf Jahren noch im Heimatdorf zu leben war, als wäre man ein Truthahn vor dem Fest der unbefleckten Empfängnis. Es bedeutete, am Fuß der Berge den Fluss entlangzulaufen und die Stunden zu zählen, die man noch die Tochter von Mutter und Vater sein durfte, ein Schmuckstück, das keinen Preis hatte, eine Schwester unter zahlreichen Geschwistern, ein Mädchen, das Wasser holen ging und den Stoff für Blusen webte, um diese dann für fünfhundert Pesos in einer Gegend zu verkaufen, wo die Frauen sich selbst für zwanzigtausend feilboten.
Camila hatte das große Glück, in einer Familie geboren zu sein, in der der Vater weder ein Säufer war noch seine Kinder schlug. Selbst seine Frau schlug er nicht, die wie er auf dem Feld arbeitete und anschließend noch an den Webstöcken. Er hatte sie als junges Mädchen billig erstanden, denn ihre Eltern waren
Weitere Kostenlose Bücher