Ehemänner
blonder Herren, die sich wie Leguane im Sand aalten und sonnten.
Den Frauen blieb jene Welt verschlossen, doch Camila wusste zumindest, dass sie existierte, denn sie fragte nach allem, und die Männer erzählten ihr alles in ihrem Gemisch aus zwei Sprachen, schnell und ohne zu stocken.
Kaum waren Camilas Brüder zurück, gab es auch schon tausend Neuigkeiten, die sie Juana erzählen musste, während sie mit dem Wäschekorb und der Kokosseife zum Fluss gingen. Jede hatte ihren Felsen, auf dem sie, nebeneinander kniend, die Berge vor Augen und das Plätschern des Wassers im Ohr, ihre Wäsche schrubbten.
Armseliges Fleckchen Erde, dachte Camila, so hübsch und ruhig und doch so langweilig in seiner Gleichförmigkeit. Vor allem für die Frauen, die nur bis zum Wegesrand mitgehen und von dort hinterher schauen durften, wenn die Männer sich in die Stadt aufmachten. Dabei hatten die Frauen wie die Männer Füße zum Laufen, konnten sie aber nicht wie diese nutzen, um dem immergleichen Horizont in der Zeit, die von den Feierlichkeiten zum Tag der unbefleckten Empfängnis am 8. Dezember bis zu dem vier Tage dauernden Tanzfest vor der Fastenzeit stillstand, zu entfliehen.
In Tlacoachistlahuaca gibt es ein Tanzfest, das man »die Konquista« nennt. Zwölf Stunden lang tanzen die Menschen auf dem Kirchhof um das Abbild einer Jungfrau herum, die angeblich dort an einem 7. Dezember erschienen ist, um ihre Fürbitten an sie zu richten oder ihr für ihren Beistand zu danken. Von klein auf tanzten die beiden Freundinnen bis zum Umfallen und gaben ein reizendes Paar ab.
Ein alter Widerling, der immer mit einer Machete am Gürtel herumlief, hatte Juana dort entdeckt, als sie gerade neun Jahre alt war und gleich für seinen Sohn gekauft. Da Juanas Familie dringend Geld benötigte, hatte er das Mädchen im Voraus erworben und der Familie de facto ein Darlehen gewährt. Der Vater erweckte nicht gerade einen vertrauenswürdigen Eindruck, weshalb der Alte vorsichtshalber Juanas Gebiss prüfte und ihr befahl, im Hof, wo zwei Schweine, ein Hahn, drei Hühner und ein Hund, dem man die Rippen zählen konnte, ihr Futter suchten, auf dem Lehmboden einmal auf- und abzulaufen. Dann erst rückte er das Geld heraus, während Juana seinen Blick wie den einer Hyäne auf sich spürte. Obwohl sein Sohn erst zwölf war, würden sie nur noch ihre erste Blutung abwarten, um beide zu verheiraten. Der Junge war hässlich und ängstigte Juana mit seinen wilden Hundeaugen, aber ihr wäre nie etwas anderes eingefallen, als geduldig dessen zu harren, was unabänderlich war.
Als Camila ihr vorschlug, sie sollten den Männern einmal heimlich folgen, um das Meer und die müßiggehenden Frauen zu sehen, von denen ihr Vater so geheimnisvoll erzählte, lachte sie nur. Sie könnten von Tlacoachisdahuaca zur Bezirkshauptstadt marschieren, die Berge von Santa Cruz, La Guerra und El Lucero umgehen, bis sie auf den Weg stießen, der zur Straße führte.
In dieser Zeit gingen die ersten Amuzgos und Mixteken, kaum einer auch nur des Spanischen mächtig, über die Grenze nach Norden und landeten in New York.
Juanas Verlobter ging leider nicht fort. Seine Familie verkaufte in der ganzen Region Schnaps, weshalb sie genug zum Leben hatten und nicht anderswo ihr Glück suchen mussten. Camila litt schon Todesängste wegen ihrer Freundin, die sich vor der Ehe mit diesem Scheusal fürchtete, als der andere Sohn des Mannes mit der Machete in ihrem eigenen Haus vorstellig wurde, um die Tochter der Familie zu erwerben.
Camila bekniete ihren Vater, sie nicht wegzugeben, den Mann, der die Mutter für zwölftausend Pesos erstanden und nun die Möglichkeit hatte, seine Tochter für fünfzigtausend an den Mann zu bringen. So arm war er nun doch nicht, dass er sie möglichst rasch und an den Erstbesten hätte verkaufen müssen, weshalb er schon zweimal zwanzigtausend ausgeschlagen hatte. Aber fünfzigtausend!
Die Mutter bat ihren Mann, die Tochter noch nicht fortzugeben. Immerhin sei sie eine große Stütze, spreche drei Sprachen, könne die Abrechnungen machen und erzähle beim Weben wie keine andere Geschichten, die allen die Tage versüßten.
Der Vater betrachtete sie mit der ganzen Nachsicht dessen, der nicht versteht, was er hört. Wer würde denn je einen besseren Preis für seine Tochter bieten? Camila flehte ihn erneut an, sie nicht zu verkaufen, und blickte erst zu dem alten Mann und dann zu dem jungen, der den Sack voller Geld bei sich trug, beide gleichermaßen dürr
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