Ehemänner
Hintergrundmusik aus irgendeiner Ecke einer Kneipe akzeptierten sie nur Lieder von José Alfredo, wer immer sie auch singen mochte.
Constanza, die seit Jahren keinen Wohnsitz mehr in Mexiko hatte, mietete sich eine Wohnung mit Garten und einem Jakarandabaum. Anschließend holte sie Paula aus dem Haus, das diese mit ihrem Ehemann bewohnt hatte und das zum Glück jetzt ihr gehörte, denn seit Staatsbeamte ihre Vermögensverhältnisse offenlegen mussten, hatte er alles auf ihren Namen überschrieben.
»Es gehört sowieso mehr ihm als mir«, sagte Paula.
»Deshalb musst du auch raus, denn das Geld, das du dafür bekommst, wird mehr dir als ihm gehören. Das heißt ganz und gar.«
»Du nimmst also mein Leben in die Hand«, sagte Paula, und Constanza glaubte allmählich, dass es aufwärts ging.
»Was willst du studieren?«, erwiderte sie nur.
»Ich weiß nicht«, sagte Paula.
»Die Zulassungsprüfung für die Universität findet am 20. Februar statt. Du hast also noch einen Monat, um es dir zu überlegen. Aber du wirst nicht umhinkommen, dich einzuschreiben, denn du lebst schon zu lange in einem geradezu erschreckenden Zustand intellektueller Leere. Du warst einmal eine der Klassenbesten, aber so lange mit jemandem wie deinem Mann zusammenzuleben bleibt nicht ohne Folgen. ›Posten ohne Plan, Vollmachten ohne Ziel, Klimmzüge ohne Sinn und Verstand‹«, zitierte sie aus dem Gedächtnis.
Paula brach in fröhliches Gelächter aus und drückte ihrer Freundin einen innigen Kuss auf, als wollte sie sie mit ihrem ganzen Schwung und Überschwang verschlingen.
»Politische Wissenschaften?«, schlug Constanza vor.
»Etwas anderes«, sagte Paula.
Ein Jahr darauf unterschrieb sie eines fröhlichen, wenngleich stark verregneten Nachmittags die Scheidungsurkunde. Ihr Mann war so feinfühlig, ohne seine neue Liebe zu kommen. Paula erschien mit ihren Kindern und trug ganz professionell ein blassgrünes Kleid. Dezent geschminkt, gertenschlank und mit sich im Reinen.
Während die Scheidung lief, hatte ihr ältester Sohn geheiratet, sie hatte die Vorzüge von Botox schätzen gelernt, und die Zukünftige ihres Ex hatte eine Tochter zur Welt gebracht.
Er, der ihr nie angeboten hatte, das Fläschchen auch nur vom Bett auf den Nachttisch zu stellen, wechselte jetzt die Windeln und stillte die Kleine nur deshalb nicht selbst, weil er keine Milch hatte.
»Wie gut, dass jetzt jemand dafür sorgt, einen nützlichen Menschen aus ihm zu machen. Du hast ihn verdorben, jetzt bringt eine andere ihn wieder auf Vordermann«, sagte Constanza.
»Umso besser. Ich will nur noch Sonnenuntergänge, Algebra und Tage auf dem Land verbringen«, sagte Paula.
Keine Reportage konnte Constanza glücklicher machen, als zu sehen, wie Paula wieder zur Vernunft kam. Sechs Monate in der Fakultät für Ingenieurswesen brachten ihr die unbekümmerte Art zurück, die man aus jungen Jahren von ihr kannte, und das half ihr wiederum, sich an ihren Exmann so zu erinnern, wie er war: ein älterer Herr, der mit seinem Samen hausieren ging und sich mit einer zwanzig Jahre jüngeren Frau zum Popanz machte. Sie freute sich wieder am Anblick des Horizonts und stellte fest, dass sie weder Bier mochte noch Fleisch vertrug oder sich gar für Football interessierte. Sie entdeckte, dass sie sich einen ganzen Abend in den Anblick der schlafenden Berge vor ihrem Fenster versenken und bis tief in die Nacht ausharren konnte, wenn der Mond erst spät am Himmel aufstieg, und sie erlaubte sich den Luxus, sich nach dem Kino noch treiben zu lassen und den Tagesanbruch zu begrüßen.
Mit dreiundvierzig Jahren machte sie den landesbesten Abschluss im Fachbereich Elektrotechnik. Und mit siebenundvierzig hatte sie es zu einer der vier wichtigsten Managerinnen eines auf Telekommunikation spezialisierten Unternehmens gebracht. Um das Jahr 2006 hatte sie dem Exgatten die Kosten für das Haus, das sie gemeinsam bewohnt hatten, bis auf den letzten Centavo zurückerstattet.
»Ich glaube, damit hast du es zu weit getrieben«, sagte Constanza.
»Das glaube ich nicht«, sagte Paula, die es sich auf der Terrasse des Hotels Danielli bequem gemacht hatte, von wo aus sie auf den leuchtenden Canal Grande blickte, als hätte man ihn allein ihr zum Gefallen angestrahlt.
Von Arbeit zu Arbeit
Um neun Uhr abends quälte sich Amalia bereits seit elf Stunden mit der Geburt. Sie war bleich wie ein leeres Blatt Papier, und die Erschöpfung hatte ihr eine Stummheit auferlegt, die nur von einem ziellosen
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