Ehemänner
aufgerissenen Augen geträumt, der um seinen arglos weggeworfenen Leib weinte, während ein Mann, als er sie Rache geloben hörte, auf das einschlug, was von ihr noch übrig war.
»Weiß der Himmel, warum ich dir von Dingen erzähle, die dich dermaßen mitnehmen, als widerfuhren sie dir selbst«, hatte ihr Mann gesagt, und sie hatte gedacht, wohl wahr, wozu erzählte er ihr all das. Aber nicht dass sie ihm etwa erklärt hätte, sie wolle nichts davon hören, denn ihre Rolle bestand darin, ihm als Ohr, Fuß, Mund oder was auch immer zu dienen, wie es ihm gerade zupass kam.
Bis zu dem schrecklichen Tag, an dem er ihr verkündete, er werde sie verlassen. Daraufhin probierte Paula alles aus. Zweimal nahm sie ein ganzes Fläschchen Tabletten, und zweimal ließen ihr die Wahrer des guten Namens ihres Mannes den Magen auspumpen und retteten ihr das Leben. Es gab nichts, was sie sich nicht hätte einfallen lassen, doch manche Dinge jagten ihr Angst ein: sich die Kugel zu geben, sich vom neunten Stock in die Tiefe zu stürzen, von einer Klippe oder in einen Vulkankrater zu springen, irgendwo an einer Straßenecke von Tijuana den Kältetod zu sterben, aufs weite Meer hinauszurudern und sich von einer Welle verschlingen zu lassen. Denkbar war alles, was Erfolg versprach, nur einige Dinge kosteten sie so viel Überwindung, dass ihre Verzweiflung dann doch nicht so weit reichte.
Eines Abends, als sie soeben mit dem Gedanken spielte, den Föhn in die Badewanne zu werfen, in der sie sich aufweichen ließ wie von ihren Tränen, klingelte das Telefon, und Constanza, ihre alte Schulfreundin, trat wieder in ihr Leben, um sie zu rügen, weil sie ihr nicht eher mitgeteilt habe, in welcher Misere sie sich befand.
Zum Glück gibt es Klatschmäuler rund um den Globus, und so war bis nach Indien, wo Constanza gerade eine Reportage schrieb, die Kunde von dem Ungemach ihrer Freundin gelangt, mit der sie sich ab und zu und nur hinter dem Rücken des Ehemanns getroffen hatte, da der ihr einen schlechten Einfluss nachsagte.
»Frau mit Verstand, außer Rand und Band«, pflegte der Mann jedes Mal zu sagen, wenn seine Frau die Freundin auch nur erwähnte.
Genau so, wie eine Frau mit Verstand, außer Rand und Band, stürmte Constanza in Paulas Badezimmer und traf sie dort in einem Frotteebademantel an.
»So was kann mir nur passieren, weil ich nicht zur Universität gegangen bin«, sagte Paula als Erstes.
Anstatt ihr zu widersprechen oder sie zu bedauern, machte ihre Freundin ihr Vorhaltungen, weil sie ihretwegen notgedrungen einen Flug mit fünf Zwischenlandungen hatte nehmen müssen, um so rasch wie möglich in die Heimat zurückzukehren.
»Was fällt dir bloß ein, zu versuchen, dir das Leben zu nehmen? Und wenn man nur aus reiner Neugier am Leben bleibt«, sagte sie. Anschließend hielt sie ihr eine furiose Predigt, unnachsichtig und bar jeglichen Mitgefühls. Dann zog sie bei Paula ein. Zum Glück war Constanza auch Mexikanerin, so dass sie, ohne jemandem zu nahe zu treten, das Land und seine Politiker kritisieren konnte, was sie tat, sobald sie sich in Paulas Schlafzimmer eingenistet hatte.
Mehrmals am Tag ging sie mit Paula ins Gericht. Scheinbar vergeblich redete sie auf sie ein, wie hübsch sie sei, wie groß die Welt sei, wie sinnvoll sie ihre Talente und ihre Geduld für nützlichere Dinge einsetzen könne als nur dafür, einem solchen Kretin zu gefallen.
»Er ist der Vater meiner Kinder.«
»Keine Sorge. Schlechtes Benehmen liegt nicht zwingend in den Genen«, sagte Constanza. »Deine Kinder hast du erzogen, er hat doch immer nur an sich selbst gedacht.«
»Glaubst du?«, fragte Paula, während sie an dem Matetee nippte, den ihre Freundin ihr in dem Wunsch mitgebracht hatte, ihr Interesse für einen Besuch in einer argentinischen Tangobar zu wecken.
Sie gingen hin. Sie weinten. Sie sangen Malena tiene penas de bandoneón.
»Diese Frau hat eine göttliche Stimme«, sagte Constanza, froh, dass sie gekommen waren.
»Ihr zu lauschen war, als stürbe man gleich mehrere Tode«, sagte Paula.
»Wirklich? Es geht doch nichts übers Sterben, und sei es nur so zum Schein«, befand Constanza, die augenblicklich beschloss, ihre Freundin zu jeder Vorstellung mitzunehmen, egal ob gut oder schlecht, Hauptsache, man konnte ordentlich mitleiden.
Sie sahen alle zu Tränen rührenden Filme, die auf dem Programm standen, und anschließend alle, die sie im Videoclub ausleihen konnten. Sie besuchten die tragischsten Theaterstücke, und als
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