Ehemann für eine Nacht?
Mühe gegeben hatte, ihre Schritte geheim zu halten. Wie auch immer, in den nächsten zwei Jahren würde sie mit Colin verheiratet sein, und das würde sich früher oder später herumsprechen.
Tamara angelte ihr Smartphone aus der Handtasche, und nachdem sie einen Text auf dem Display aufgerufen hatte, reichte sie es Belinda.
Mit Unbehagen las Belinda die Zeilen.
Die Autorin hat aus gut unterrichteten Kreisen erfahren, dass ein gewisser Marquess und eine gewisse Marchioness in der Grafschaft Berkshire ihr Nest bauen. Könnte es sein, dass nächstes Frühjahr ein kleines Vögelchen ausschlüpft?
Belinda stöhnte innerlich auf und gab Tamara das Handy zurück. „Kannst du nicht irgendetwas tun, um Mrs Hollings zu stoppen? Arbeitet sie nicht für einen von Sawyers Verlagen?“
„Mrs Hollings ist freie Mitarbeiterin. Sawyer trennt in seinen Verlagen strikt Redaktionen und die anderen Geschäftsbereiche. Er wird nicht eingreifen, um eine bestimmte Story zu verhindern.“
Belinda ärgerte sich über Mrs Hollings Spekulation, dass ein kleines Vögelchen ausschlüpft. Sie hatte nach ihrer Blitzhochzeit ja noch nicht mal mit ihm geschlafen – noch nicht. Von New York aus war sie gerade rechtzeitig zu Pias Hochzeit nach England zurückgekehrt.
„Was wirst du jetzt tun?“, fragte Tamara.
„Was kann ich schon tun? Nichts. Keine Annullierung, keine Scheidung.“
„Es stimmt also? Ihr habt vor, verheiratet zu bleiben … bis dass der Tod euch scheidet?“
„Nicht ganz“, räumte Belinda zögernd ein. „Ich habe Easterbridge zu einer Art Scheidungsvereinbarung überredet. Je länger wir verheiratet bleiben, desto mehr Wentworth-Besitz kann ich bei einer Scheidung übernehmen.“
Tatsächlich hatte Easterbridge von seinem Anwalt eine kurze Vereinbarung aufsetzen lassen, während sie in New York gewesen war. Ihr eigener Anwalt hatte sie überprüft und ihr tags zuvor sein Okay übermittelt.
Pia schien etwas irritiert. „Trotzdem, vielleicht bedeutest du Colin doch etwas. Denn welches Motiv hätte er sonst, einer solchen Vereinbarung zuzustimmen?“
„Das glaube ich kaum“, gab Belinda zurück.
„Und du hast wirklich vor, in dieser Ehe durchzuhalten, bis du ein Anrecht auf die verkauften Wentworth-Immobilien hast?“, vergewisserte sich Tamara.
„Genau.“
Belinda sah Pia und Tamara einen weiteren Blick wechseln.
„Sei bloß vorsichtig“, meinte Tamara schließlich. „Lass dir von mir gesagt sein, dass eine für beide Seiten zweckmäßige Ehe heikler sein kann, als du glaubst.“
Belinda war klar, dass Tamara dabei an ihr eigenes Dilemma dachte, als Sawyer auch eine Heirat zur Bedingung gemacht hatte, damit sie beide bekamen, was sie wollten.
„Ich habe meine Lektion bereits gelernt, schon vergessen? Schließlich habe ich Easterbridge schon einmal überstürzt das Jawort gegeben. Einen solchen Fehler mache ich bestimmt kein zweites Mal.“
Sie würde vor Colin auf der Hut sein müssen, denn sie konnte seine Motive sehr schwer durchschauen.
Pia war skeptisch. „Na ja, diesmal bist du bereits seine Frau. Dann kann nur noch passieren, dass …“
Tamara bremste Pia mit einem kurzen Kopfschütteln.
„… die Karten neu gemischt werden“, beendete Belinda Pias Satz.
Auf dem Hochzeitsempfang konnte Colin kaum den Blick von Belinda wenden. Er stand auf einer Seite des Ballsaals und trank einen Schluck von seinem Wein. Ihm war bewusst, dass man ihm sein Verlangen deutlich ansah. Er leistete sich den unglaublichen Fauxpas, sich in aller Öffentlichkeit nach seiner eigenen Frau zu verzehren, aber das war ihm völlig egal.
Nach Pias und Hawks Trauung und dem anschließenden traditionellen Sektfrühstück hatte sich die Hochzeitsgesellschaft kurz zurückgezogen, um sich für den eleganten Hochzeitsempfang zurechtzumachen, auf dem nach dem Dinner im Ballsaal von Silderly Park getanzt wurde.
Belindas Anblick am Abend hatte Colin die Sprache verschlagen. Sie trug ein enges Abendkleid aus dunkelrotem Satin. Dazu hatte sie einen mit Diamanten besetzten großen Rubinanhänger angelegt und passende Ohrringe. Und eine zierliche Tiara aus Blütenelementen schmückte ihr aufgestecktes Haar.
Er hatte ihr den Schmuck bei ihrer Ankunft im Hotel gegeben. Vorher hatte er ihr eine SMS geschickt, um die Farbe ihres Kleides zu erfragen. Der heutige Abend sollte allen Anwesenden klarmachen, dass Belinda seine Marchioness war. Es waren nicht nur viele Adelige unter den Gästen, er hatte auch einen Fotografen eines
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