Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Familie Bode ein Mord lieber als ein Selbstmord. Dann sollten sie aber gefälligst auch bei der Suche mithelfen und nicht auf stur stellen. Alleine durch das Wollen erreichte man nichts, man musste es auch durch sein Tun unterstützen.
Jetzt brauchte Ludolf dringend etwas zu trinken. Am besten einen Becher guten Wein. Der vertrieb einem die trübsinnigen Gedanken und wärmte außerdem von innen. Schräg gegenüber lag die Schänke
Widukind
. Außerdem hatte er sich bei seinem ersten Besuch dort vorgenommen, später noch einmal nachzufragen, ob die Freunde des Händlers schon da waren.
Also schlenderte Ludolf zur anderen Straßenseite hinüber und betrat abermals den Schankraum. Inzwischen war es später Nachmittag, und einige Gäste mehr waren anwesend. Balthasar Melmann saß mit zwei Männern am Tisch. Jemand schien einen Witz gemacht zu haben, denn die drei lachten schallend. Der riesige Bauch des Wirts wackelte gefährlich unter der weiten Schürze.
»Ah! Der junge Herr ist wieder da!«, begrüßte er Ludolf. »Wieder Fragen?«
»Nö. Jetzt brauch ich einen Schluck richtig guten Wein. Aber nicht so einen sauren.«
»Könnt’r hab’n.« Damit wuchtete der Wirt seine Pfunde hoch und watschelte hinter den Tresen.
Ludolf setzte sich an einen freien Tisch. Nebenan saßen zwei heruntergekommene Burschen, die Krüge mit Bier vor der Nase stehen hatten. Tagelöhner, die über ihre heutige Arbeit lamentierten. Sie schworen, nie wieder für den zu arbeiten, der sie diesmal geholt hatte. Nach wenigen Augenblicken kam der Wirt angeschlurft. Er stellte zwei Becher und einen kleinen Krug vor Ludolf auf den Tisch. Nachdem er sich ihm gegenüber gesetzt hatte, schenkte er den Wein ein. Die beiden Männer nahmen einen kräftigen Schluck und genossen das schmackhafte Getränk.
»Ist der in Ordnung?«, fragte der Wirt.
Der junge Mann nickte zufrieden.
»Na? Keinen Erfolg heute gehabt?«
Ludolf atmete tief durch. »Kann man so sagen. Anstatt Antworten zu bekommen, sind nur noch mehr Fragen aufgetaucht.«
»Und was macht Ihr nu?«
»Ihr sagtet, der Händler Bode habe vor seinem Tod hier mit befreundeten Handwerksmeistern gesessen. Wer war das?«
»Das ist erst mal der Meister Matthias, dann der Wellmer und der von Poggenberg. Alle drei sind Amtsmeister. Von’ne Bäckern, den Schuhmachern und den Fleischern. Also einflussreiche Leute. Und die kommen alle hier zu mir, um ihr Bierchen zu trinken. Das is’n Ding, was?« Der Wirt haute zur Bestätigung mit der flachen Hand auf den Tisch, sodass die Becher wackelten, und grinste zufrieden.
»Sind die drei heute auch da?«
Melmann drehte sich herum und rief durch den Raum: »Meister Matthias! Meister Wellmer! Könntet Ihr mal kurz rüberkommen? Der junge Herr hier hat da Fragen wegen Johannes Bode.«
Die beiden Männer mochten knapp sechzig Jahre alt sein und waren trotz ihrer einflussreichen Stellung bescheiden gekleidet. Sie nahmen ihre Krüge und setzten sich zu Melmann und Ludolf an den Tisch. Neugierig blickten sie den unbekannten Besucher an.
Der Möllenbecker erklärte kurz seinen Auftrag und fragte dann: »Erinnert Ihr Euch noch an den Abend vor dem Tod des Händler Bode?«
Einer der Meister begann: »Leider nur zu gut. Unser Freund, der Meister von Poggenberg, war auch dabei. Wir haben ein wenig zusammen getrunken.«
»War er niedergedrückt? Oder hat er von Problemen gesprochen?«
»Überhaupt nicht!«, antwortete der zweite Amtsmeister. »Johannes war guter Dinge, weil er gute Geschäfte gemacht hatte. Eine lang erwartete Fuhre war angekommen. Ihm ging es prächtig. Er bezahlte unsere Zeche.«
»Und wie lange blieb er?«
»Das weiß ich nicht.« Er zuckte kurz mit den Schultern. »Als wir anderen drei gingen, blieb er noch. Er wollte sich den schönen Abend bestimmt nicht wieder von seiner griesgrämigen Alten verderben lassen. Die piesackte ihn doch nach Strich und Faden.«
»Aber Ihr könntet das doch wissen?«, wandte sich der erste Handwerker wieder an den Wirt. »Ihr müsst doch gesehen haben, dass er noch geblieben ist.«
Mehlmann hob abwehrend die Hände. »Ich? Ich bin doch nicht das Kindermädchen meiner Gäste. Ich habe doch keine Liste, wer wann wie lang’ da war. Bei aller Liebe für meine netten Gäste … is’ nich.«
Ludolf trank enttäuscht seinen Becher leer und füllte ihn schnell wieder auf. Er wusste nicht mehr, wie er bei seinen Nachforschungen weiter vorgehen sollte. Keiner konnte ihm sagen, wie der letzte Abend des Johannes
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