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Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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ihm noch nicht untergekommen. Dachten die Leute denn nicht über die Konsequenzen nach, die ihr egoistisches Handeln für andere hatte? Anscheinend nicht. Er war wütend.
    Agnes war bei diesem Gespräch eine Idee gekommen. »Würdet Ihr der Frau Bode den Mord an ihrem Mann zutrauen?«
    Lyse grübelte einen Moment nach und verzog dabei das Gesicht, als hätte sie gerade einen Schluck Essig getrunken. »Also wisst Ihr … ganz ehrlich …« Sie kratzte sich im Nacken. »Die Bode is’ ja so übertrieben gläubig. Tut immer nur auf anständig. Die is’ so anständig, dass se nach ihrem Kind nix mehr von ihrem Mann wissen wollte. Ich hab’ die beiden gehört, als se sich deswegen stritten. Er wollte sich bei ihr so’n bisschen ankuscheln.« Sie zwinkerte. »Ihr wisst, was ich meine. Ne? Se meinte, sie hätt ihren biblischen Auftrag mit dem Balg erfüllt, und alles andere sei bloß Sünde. Die spinnt doch! Wer so bescheuert denkt, bringt auch Menschen um. Vielleicht hatte’r wieder bei ihr landen wollen – jung genug is’ die Bode ja noch – und da hat se ihn umme Ecke gebracht.«
    Oder um die Ecke bringen lassen, ergänzte Agnes in Gedanken. Plötzlich wurde ihr einiges klar. Eine ganz ungeheuerliche Idee drängte sich ihr auf. Wenn die Witwe hinter dem Mord steckte, dann erklärte das, warum sie ihre Nachforschungen so behinderte. Warum sie auch Ludolf jede Unterstützung verweigert hatte. Also sollte man auch die Witwe dringend im Auge behalten. Selbst wenn es nicht so ein an den Haaren herbeigezogener Grund war, wie ihn die ehemalige Magd beschrieben hatte, so passte aber ihr Verhalten zu jemandem, der etwas zu verbergen hatte. Vielleicht ergab sich bei den weiteren Nachforschungen noch das wahre Motiv.
    Inzwischen hatte sich Ludolf wieder ein wenig beruhigt. Er sagte zu der Magd: »Kennt Ihr jemanden, der uns noch ein bisschen mehr über die Witwe Bode erzählen könnte?«
    »Na ja …« Sie kratzte sich wieder. Plötzlich hielt sie in der Bewegung inne, pulte am Arm herum und hielt sich etwas vors Gesicht. »So, du Biest!« Damit zerquetschte sie einen der Quälgeister zwischen Zeigefinger und Daumen. Dann wandte sie sich wieder Ludolf zu: »Da fällt mir bloß deren Tochter Brigitta ein.«
    »Hm. Wie alt ist sie denn? Kann man mit ihr denn schon über solch heikle Themen sprechen?«
    »Die is’ so um die …« Lyse nahm zum Rechnen ihre Finger zu Hilfe. »Sie muss so siebzehn sein.«
    »Wie kommen wir denn an sie heran? Ich habe die Tochter bisher noch nicht gesehen und die Witwe will bestimmt nicht, dass wir mit ihr sprechen.«
    »Och, das is’ ganz leicht. Die is’ um diese Zeit meistens in St. Johannis Baptist am Markt. Die könnt Ihr gar nicht übersehen. Die is’ groß und schlaksig und hat ’ne große Nase. Die erkennt Ihr sofort.«
    Die Besucher bedankten sich bei Lyse für die Hilfe. Agnes entschuldigte sich nochmals für den Auftritt des Hauptmanns. Die Magd winkte ab. Sie schien nicht besonders nachtragend zu sein. Dann beeilten sich die beiden Möllenbecker, dem Dreck und dem Gestank zu entfliehen. Sie wollten mit der Tochter des Händlers sprechen.

Die Tochter des Händlers
    Agnes und Ludolf betraten die Marktkirche St. Johannis Baptist. Sie stand fast genau gegenüber dem Rathaus am anderen Ende des Marktplatzes und schmiegte sich bescheiden zwischen die anderen Häuser. St. Johannis Baptist war ein recht kleiner Bau, fast eine Kapelle – St. Marien, St. Martini und natürlich der Dom waren erheblich größer, denn zu ihnen gehörten eigenständige Gemeinden. Dieses Gotteshaus dagegen diente besonders den Händlern als eigene kleine Anbetungsstätte – wieder eine der Demonstrationen des Rats, um sich von der Macht des Bischofs zu distanzieren. So war zum Beispiel das Rathaus bis in den Hauptzugang zum Dom hineingebaut worden; schaute der Bischof aus dem Westportal und durch das Tor der Domburg, versperrte das Rathaus seinen Blick fast vollständig.
    Die jungen Leute guckten sich um, aber ein großes, schlankes Mädchen war nicht zu finden.
    »Warten wir doch«, schlug Agnes vor.
    Sie stellten sich in eine Seitennische, sodass sie so wenig wie möglich auffielen, aber den Eingang noch beobachten konnten. Sie schwiegen sich an, als wären sie einander völlig fremd. Keiner wagte es, den anderen auch nur anzublicken. Sie hatten sich nichts zu sagen. Der einzige Grund, warum sie noch miteinander verkehrten, war die gemeinsame Mission, bei der keiner dem anderen den Schauplatz so einfach

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