Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Wahl hatten sie nicht. Sie mussten herausfinden, warum er das Geschäft des Händlers so schlecht bewertete und welche Rolle seine Schwester spielte. Sie mussten den Burschen in die Enge treiben, damit er endlich mit der Wahrheit herausrückte.
Vorsichtig umherschauend betraten die beiden das Kontor. Anna Bode war zum Glück nirgends zu sehen. Hoffentlich blieb das auch so.
Der Kontorsgehilfe stand mit dem Rücken zur Tür vor einem Tresen und hielt Listen in der Hand. Er hatte die Besucher noch nicht bemerkt. Erst als eine Fußbodendiele knarrte, drehte er sich erschrocken um. »Was wollt Ihr schon wieder hier? Die Herrin hat Euch doch gesagt, dass sie nicht mehr mit Euch reden möchte.« Sein Ton war barsch.
»Wir wollten eigentlich zu Euch, mein Lieber«, meinte Ludolf lapidar. »Wir wollten uns nur kurz erkundigen, wie es Eurer Schwester geht.«
»Äh, was? Meiner Schwester?« Ulrich Rehkopf war völlig verdattert. »Der geht’s gut. Warum?«
Agnes und Ludolf stellten sich links und rechts neben den Kontorsgehilfen an den Tresen, sodass dieser immer nur einen anblicken konnte. Dementsprechend drehte er seinen Kopf nervös hin und her und wartete auf eine Antwort.
Schließlich begann die junge Frau: »Ihr habt gelogen, was die Liebschaften des Händlers Bode betrifft.«
»Das … ich meine … äh …« Rehkopf fuchtelte aufgeregt mit den Händen herum, als wüsste er nicht, wohin mit ihnen. »Wo soll ich gelogen haben?«
Ludolf war an der Reihe: »Ihr sagtet mir, dass er keine hätte.«
»Das war …« Ihm versagte fast die Stimme. »Das müsst Ihr falsch verstanden haben. Ich habe gemeint, dass ich’s nicht weiß.«
»Ihr wisst also nicht, dass Eure Schwester hinter dem Händler her war?«
Er wurde immer flatteriger. »Das … das ist was Persönliches. Da misch ich mich nicht ein.«
»Ob der Rat der Stadt das auch so sieht?«
Ulrich Rehkopf ging einige Schritte vor und drehte sich um. So sah er seine beiden Gegner endlich gleichzeitig. Sein Blick war gehetzt, seine Stimme zitterte, als stünde er vor einer hochpeinlichen Befragung. Nervös strich er sich immer wieder mit beiden Händen durch die Haare. »Woher wisst Ihr das?«, wollte er wissen.
Agnes antwortete: »Das geht Euch nichts an. Wir wissen gar nicht, wo Ihr uns sonst noch angelogen habt.«
Rehkopf räusperte sich. »Ich hab nicht gelogen!«
»Welche Vergünstigung bekommt Ihr wegen Eurer Schwester?«
»Keine! Das ist ihre eigene Entscheidung.«
»Ihr habt ihr doch geholfen.«
Der Kontorsgehilfe schaute verzweifelt um sich, aber es war niemand da, der ihm beistehen konnte, weder die Witwe noch ein Kunde, der unbedingt bedient werden musste.
»Ich hab Hiltrud lediglich nicht abgeraten«, erklang es flehentlich.
»Warum?«
»Ich mochte den Herrn. Ich … ich wollte ihm was Gutes tun. Wegen seiner zickigen Frau.«
Agnes war nun in voller Fahrt. Sie hatte am Vormittag so viel Wut angesammelt, dass sie sich jetzt dringend Luft machen musste. »Und? War der Händler Euch dankbar?«
»Äh … nein.« Der Mann wurde immer verzweifelter.
»Aber Ihr hattet ja nun die Möglichkeit, den Händler unter Druck zu setzen.«
»Ich habe ihn nicht erpresst!« Es klang fast, als würde Rehkopf jeden Augenblick zu weinen anfangen.
»Und wenn sich plötzlich ein Kind ankündigen würde?«
»Ein Kind? Hiltrud kennt sich in so was aus. Sie weiß, wie man das verhindert.«
»Ihr seid also nichts anderes als ein Zuhälter.« Agnes musste an die Bademägde denken, die durch die Männer ins Elend getrieben worden waren.
»Nein, nein! Ich verlange doch kein Geld.« Verzweifelt wandte sich der Kontorsgehilfe um und ging nervös auf und ab.
»Rehkopf!« Ludolf folgte ihm.
»Bitte. Ich hab noch so viel zu tun. Ich bekomme wieder Ärger mit der Herrin, wenn sie Euch hier sieht.«
»Ihr seid jetzt hier der Einzige, der sich mit dem Geschäft auskennt. Nicht wahr?«
Der Kontorsgehilfe war durch den abrupten Themenwechsel völlig überrascht und nickte nur.
»Wer kontrolliert jetzt Warenein- und -ausgänge?«
»Na, ich.«
»Ihr seid also der Einzige, der weiß, wie viel alles hier wert ist?«
Sein ängstlicher Blick wanderte wieder zwischen Ludolf und Agnes hin und her. Er suchte verzweifelt nach der Falle. »Wie ich schon sagte, nur so ungefähr. Das muss erst noch alles genau kontrolliert werden. Es können sich noch immer Gläubiger melden. Woher soll ich die Forderungen kennen?«
»Wem fällt es auf, wenn etwas fehlt?«
»Mir
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