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Ehrenhüter

Ehrenhüter

Titel: Ehrenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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sofort dran. Aber sie musste die Anruferin enttäuschen. Ihr Mann war noch nicht zu Hause. Ira gab sich wenig Mühe, ihren Ärger über seine Verspätung zu verbergen. Seit Andrea Voss’ dramatischer Verstrickung in den Fall auf der Jugendfarm hatte Ira die Journalistin ins Herz geschlossen.
    Als Andrea bat, Steenhoff bei seiner Rückkehr auszurichten, er möge unbedingt in der Redaktion zurückrufen, antwortete Ira ehrlich: «Ich denke nicht, dass ich noch lange auf ihn warten werde. Ich gebe ihm noch 15   Minuten, dann gehe ich in die Sauna und versuche, mich nicht noch mehr zu ärgern. Aber ich werde ihm deine Nachricht gern notieren.»
    Andrea bedankte sich und verabschiedete sich. Eigentlich könnte sie den Artikel auf Blau setzen und für das Lektorat freigeben. Steenhoff war nicht zu erreichen, basta und Pech gehabt. Aber kaum hatte sie ihre Hand an der Maus und sich wieder vor ihren Bildschirm gesetzt, gewann das schlechteGewissen die Oberhand. ‹Ich könnte zumindest versuchen, Navideh Petersen zu erreichen.› Aber auch Petersens Handy war abgeschaltet.
    Als Andrea die Polizistin weder zu Hause noch im Büro erreichte, war ihre Neugier endgültig geweckt. Irgendetwas Wichtiges war passiert. Eine Besprechung, die nicht erlaubte, kurz bei Ira anzurufen, oder ein Ereignis, das so bedeutend war, dass das Ermittlerduo einfach die Handys abschaltete.
    Kurz entschlossen rief Andrea bei Michael Wessel an. Doch der tat, als wisse er von nichts und spielte den Ahnungslosen. Doch die Journalistin war zu lange im Geschäft, um sich für blöd verkaufen zu lassen. Jetzt hieß es Informationen sammeln. Irgendjemand würde schon etwas ausplaudern.
    Sie holte tief Luft und wählte die Privatnummer von Bernd Tewes. Der Kommissariatsleiter hatte vermutlich längst vergessen, dass er ihr seine Nummer vor Jahren einmal gegeben hatte, als er auf einen dringenden Rückruf von ihr wartete. Seither hatte sie die Nummer wie einen kleinen Schatz gehütet. Für alle Fälle. Keiner der Polizisten, die Andrea kannte, stand im Telefonbuch. Jede Nummer, die sie in ihrer Kartei besaß, hatte sie sich mühsam erwerben müssen.
    Zu ihrer Überraschung war Tewes tatsächlich zu Hause. Er spielte dieselbe Rolle wie Michael Wessel, allerdings überzeugender, wie Andrea Voss ihm zugestand.
    «Wer hat Ihnen meine Nummer gegeben?», blaffte Tewes sie sofort an.
    «Sie selbst, vor drei Jahren.»
    Tewes suchte vergeblich in seinem Gedächtnis nach einer Bestätigung. Schließlich schob er den Gedanken beiseite.
    «Im aktuellen Tötungsdelikt gibt es ja eine spannende Wende», startete Andrea ihren ersten Luftballon.
    «Wovon reden Sie?», fragte Tewes verwirrt.
    «Na ja, die Hauptsachermittler Petersen und Steenhoff sind seit Stunden nirgendwo zu erreichen.» Das war reichlich übertrieben. Tatsächlich versuchte sie seit höchstens einer Stunde vergeblich, Steenhoff ans Telefon zu bekommen. Aber vielleicht würde Tewes anbeißen.
    «Seit wann genau versuchen Sie, Steenhoff zu erreichen?» Tewes’ Stimme klang besorgt. Zu besorgt für einen Bluff.
    Andrea kämpfte einen Augenblick lang mit sich, dann antwortete sie ehrlich: «Seit 20.30   Uhr. Merkwürdig ist, dass er seine Frau nicht angerufen hat. Die beiden wollten zusammen essen, und er müsste eigentlich längst zu Hause sein.»
    Ein unangenehmes Schweigen breitete sich am anderen Ende der Leitung aus. Plötzlich spürte Andrea, wie lächerlich sie auf den Kommissariatsleiter wirken musste. Vermutlich waren die beiden in dem Fall viel weiter, als sie dachte, und hatten einfach nur über einem Bier die Zeit vergessen. ‹Und ich mache hier die große Welle›, dachte sie peinlich berührt.
    «Wie ich Sie kenne, Frau Voss, haben Sie vermutlich schon bei Michael Wessel angerufen?»
    «Ja», erwiderte die Journalistin kleinlaut. «Aber Michael Wessel weiß auch nicht, wo die beiden stecken. Er sagte mir, sie hätten heute Abend eigentlich alle noch miteinander telefonieren wollen.»
    «Ich werde mich darum kümmern. Danke für Ihren Anruf», sagte Tewes kurz angebunden und legte auf, bevor Andrea noch etwas hinzufügen konnte. Vergeblich versuchte sie, Tewes’ Reaktion einzuordnen. War er wütend oder tatsächlich beunruhigt? Wenn ja, musste sie dranbleiben. Blitzschnellblätterte sie erneut ihre Datei durch. Dann wählte sie ein zweites Mal an diesem Abend Wessels Nummer.
    Erleichtert hörte sie das Freizeichen. Sie war schneller gewesen als Tewes. «Wollte Frank nicht noch gemeinsam mit

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