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Ehrenhüter

Ehrenhüter

Titel: Ehrenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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Licht gewöhnt, doch er konnte kaum noch Einzelheiten in der Umgebung erkennen. Irgendwo in der Ferne hörte er ein wütendes Bellen. Der Spaziergänger mit dem Hund kam ihm in den Sinn.
    Nach jedem Schritt hielt Steenhoff inne, um ja kein Geräusch zu überhören.
    «Navideh? Bist du hier irgendwo?» Seine Stimme glich einem Flüstern.
    Diesmal gab es keinen Zweifel: Jemand stöhnte. Seine Sorge um Navideh ließ ihn alle Vorsicht vergessen. Er zog seine Waffe und drückte mit seinem Körper die Büsche auseinander. Im selben Moment brach eine monströse Kraft durch das Unterholz. Steenhoff war zu perplex, um zu schießen. Er wich ein paar Schritte zurück, um Platz zwischen sich und dem unbekannten Angreifer zu gewinnen.
    Der Sturz in die Tiefe kam völlig unvorbereitet.
     
    Der Schrei des Mannes lenkte den Hund von seiner Jagd nach dem Hasen ab. Mitten im Lauf stoppte er und schnüffelte neugierig an der finsteren Grube, in die immer noch Laub von den Rändern nachrutschte. Aufgeregt fing er an zu jaulen. Als er die Hundepfeife hörte, stimmte er lautes Gebell an. Wieder ertönte die für menschliche Ohren kaum hörbare Pfeife, dann ein knapper Befehl. Hin- und hergerissen zwischen den merkwürdigen Gerüchen aus der Grube und den Rufen seines Herrn, tänzelte der Hund vorsichtig um das Loch herum. Schließlich drehte er auf den Hinterpfoten um und lief bellend zurück.
     
    Benommen öffnete Steenhoff die Augen. Um ihn herum war es stockdunkel. Eine eisige Sekunde lang fürchtete er, erblindet zu sein. Aber als ein kleiner Ast auf seinen Oberkörper fiel und er nach oben schaute, erkannte er dort die dunkelbraunen Umrisse eines Baumes.
    Vorsichtig setzte er sich auf. Seine Arme und Hände waren in Ordnung. Er beugte die Knie und streckte die Beine – erleichtert stellte er fest, dass er sich bei dem Sturz nichts gebrochen hatte.
    Wo war er?
    Steenhoff stand auf und versuchte abzuschätzen, wie viele Meter ihm bis zur Einbruchstelle fehlten. Zwei, höchstens drei Meter müsste er überwinden, um wieder herauszukommen. Vielleicht gab es irgendwo ein paar Wurzeln, an denen er sich hochziehen konnte? Er musste ein paar Schritte gehen, bis er kühle Erde fühlte. Da er hier unten noch immer nichts sehen konnte, tastete er die Wand nach Vorsprüngen und kräftigen Wurzeln ab. Doch vergeblich. Er drehte sich um. Die Wand im Rücken, ging er mit weit vor sich ausgestreckten Armen durch die Finsternis. Er hatte auf diese Art gerade drei Meter zurückgelegt, als sein rechter Schuh auf etwas Weiches trat. Erschrocken fuhr er zurück. Jemand stieß einen Schmerzenslaut aus.
    Steenhoff ging in die Knie und ertastete zwei Beine. Seine Hände flogen über den Oberkörper. Als er lange, seidige Haare fühlte, wusste er, dass er Petersen gefunden hatte.
    «Navideh? Bist du verletzt? Sag was, bitte!»
    Während er auf sie einredete, versuchte er sich ein Bild von ihren Verletzungen zu machen. An Armen und Beinen konnte er keine Brüche ertasten. Doch als er ihren Kopf behutsam auf seinen Schoß legte, fühlte er, dass seine linke Hand feucht wurde. Vorsichtig tastete er ihren Hinterkopfab. Navideh hatte bei dem Sturz offenbar eine blutende Kopfverletzung erlitten. Sie mussten hier raus, sofort.
    Steenhoff tastete nach seinem Handy. Erleichtert stellte er fest, dass er es nicht verloren hatte, und zog es aus der Innentasche seiner Jacke. Das Display gab etwas Licht ab. Mit zitternden Händen tippte er die Notrufnummer ein – und starrte ungläubig auf sein Display: kein Netzempfang. Steenhoff stieß einen wütenden Fluch aus.
    «Frank?»
    Die leise Stimme schien von weit her zu kommen. «Frank, bist du das? Mein Gott, warum ist es so dunkel hier?»
    Unendlich erleichtert strich er Navideh die Haare aus dem Gesicht. «Wir sind nacheinander in eine Grube gestürzt. Keine Ahnung, was das hier ist. Aber wir werden bald wieder draußen sein.» Vorsichtig legte er eine Hand auf ihren Hinterkopf. «Du hast dich beim Sturz am Kopf verletzt. Tut es sehr weh?»
    «Hm.»
    «Wie sehr?»
    «Mir ist übel, und ich habe Kopfschmerzen.» Sie zwang sich weiterzusprechen. «Außerdem ist mir schwindelig   … Aber sonst ist alles okay.»
    Steenhoff befürchtete, dass sie sich eine Gehirnerschütterung zugezogen hatte, aber er sprach seine Sorge nicht aus. Es war niemandem geholfen, wenn er seinen Ängsten jetzt zu viel Raum ließ. «Hast du dein Handy noch irgendwo?»
    «Ja, in der Hosentasche.»
    Er zog es für sie heraus und wählte die Nummer

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